Kapitel 7

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John pov

Ich gehe neben Sherlock durch die Gänge des Supermarkts. Eigentlich kann man es kaum Supermarkt nennen, es ist eher ein kleiner Dorfladen. Schließlich sind wir hier irgendwo in Nirgendwo. "Seit wann gehst du freiwillig in den Supermarkt?" frage ich und nehme mir eine Packung Karamell aus dem Regal. "Ich langweile mich bei deinen Kameraden, ich brauche Abwechslung." "Tut mir leid, dass du keinen Spaß hast. Du kannst auch nach Hause fahren, ich finde sicher eine Mitfahrgelegenheit nach London, wenn das hier zu Ende ist." "Und dich alleine lassen? Vergiss es." Er schnappt sich eine Flasche mit irgendwelchem Saft aus dem Regal. Ich lächle. 

Ich bin froh, dass er isst und vor allem mehr trinkt. Aber gleichzeitig mache ich mir wirklich Gedanken über das, was Sherlock vorhin gesagt hat. Wenn er recht hat - und wann hat er das denn mal nicht - und ich das Gegenteil sage von dem, was ich meine, heißt das, ich will mit ihm zusammen sein. Und irgendwie kommt mir der Gedanke nicht mal so verrückt vor. Es ist komisch ständig für seinen Ehemann gehalten zu werden, aber vielleicht liegt das nur daran, dass wir nicht zusammen sind. 

Noch nicht.

Was? Gott, ich verstehe mich schon selber nicht mehr. 

Aber was wäre schlimm daran mit Sherlock zusammen zu sein? Ich kenne ihn jetzt schon so lange und ich bin ihm so nah wie keinem anderen. Natürlich ist er nicht wirklich umgänglich, nicht für die meisten Menschen, aber ich habe mich an alle seine Macken und Angewohnheiten gewöhnt und komme mehr als gut damit klar. Manche habe ich sogar selber angenommen und verstehe nicht mehr, wie ich es je anders machen konnte. Und er ist der einzige Mensch, der es je geschafft hat, dass ich mich bei einer Panikattacke beruhige. Und er ist der erste Mensch, bei dem es mich nicht gestört hat, dass er da war, während ich eine Panikattacke hatte. Und ich habe ihm gesagt, dass es mir schlecht geht. Quasi sofort. Das habe ich noch nie gemacht. 

Normalerweise unterdrücke ich Panikattacken immer so lange, bis ich alleine bin. Aber ihn habe ich dabei sein lassen. Ich habe zugelassen, dass er mich an meinem niedrigsten Punkt sieht. Und er ist bei mir geblieben, er hat sich um mich gekümmert. Er hat auf mich aufgepasst. Sonst nimmt er doch immer sofort Reißaus, wenn es um Gefühle und sowas geht, aber dieses Mal ist er tatsächlich geblieben und hat alles getan, um mir zu helfen. 

"Danke." Sherlock sieht mich verwirrt an: "Was ist passiert? Wofür bedankst du dich?" "Für vorhin. Danke, dass du nicht weggelaufen bist, als ich eine Panikattacke hatte. Danke, dass du mir geholfen hast." "Dafür bin ich doch mitgekommen. Ich spiele Therapiehund." Ich lächle: "Danke." "Wie oft willst du das noch sagen?" Ich zucke mit den Schultern. 

"John?" fragt Sherlock nach einer Weile. "Mmh?" mache ich und greife nach einer Flasche Whiskey - kann ja nicht schaden. "Gibt es einen Mann bei diesem Treffen, mit dem du geschlafen hast?" "Ja. Ähm... Charles. Mit Charles habe ich geschlafen und Kyle und Hodge habe ich einen geblasen - und/oder sie mir. Warum fragst du?" Er zuckt mit den Schultern, scheint auf einmal aber sehr bedrückt. "Alles okay?" frage ich, "Wieso stört es dich, dass ich mit ihnen was hatte?" "Es stört mich nicht." Ich verschränke die Arme vor der Brust: "Doch tut es. Ich weiß, du glaubst das, aber ich bin nicht dumm. -" "Ich habe nie behauptet oder geglaubt, du seist dumm. Du bist ein Idiot." "Jedenfalls weiß ich, dass es dich stört. Aber warum?"

Sherlock zuckt mit den Schultern: "Es stört mich nicht. Da gibt es Gummibärchen." Er geht zu einem Regal. Verwirrt sehe ich ihm nach. Er macht mich noch irre. Kann er nicht auch mal Klartext reden? Ich weiß, dass es ihn stört. Naja irgendwas stört ihn, das weiß ich. Aber was stört ihn? Und warum? Ist es nicht egal, dass ich mit Männern beim Militär was hatte? Er wusste doch von meinen sexuellen Erfahrungen mit Männern. Was stört ihn auf einmal daran?

"Kommst du heute Abend mit zur Trauerfeier? Ich weiß, das ist nicht so deins. Du musst also nicht." wechsle ich also das Thema. Sherlock schüttelt den Kopf. "Du kommst also nicht mit?" "Nein." "Okay." sage ich und blicke zu Boden. Ich weiß, ich habe gefragt, aber ich habe doch nicht wirklich geglaubt, dass er nicht mitkommen will. Vorhin war er noch für mich da und hat gesagt, dass er bei mir bleibt und jetzt sagt er, dass ich alleine zu der Trauerfeier gehen soll. Ich verstehe es nicht. 

Wieso bin ich je hierher gefahren? Und wieso habe ich Sherlock gefragt, ob er mitkommt? Wäre das doch alles nie passiert! 

Ach scheiße!

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