Schlacht bei St. Jakob an der Birs

3 1 0
                                    

Die Schlacht bei St. Jakob an der Birs war eine Schlacht des Alten Zürichkrieges. Ein Konflikt, den ich nicht wirklich kenne, während einer Zeitperiode, mit der ich nicht wirklich vertraut bin. Aber es ist eine der grössten, bekanntesten und einflussreichsten Schlachten der Schweizer Geschichte, weshalb ich darüber schreibe und der 1. August scheint ein passendes Datum dazu.

Während 1444 tobte der Alte Zürichkrieg. Zürich gehörte damals noch nicht zur Eidgenossenschaft und nachdem es zum Krieg gekommen war, kam es zu Auseinandersetzungen zwischen den beiden Parteien. Dank einigen Bündnissen, die Zürich hatte und während dem Konflikt einging, wurde dieser weiter ausgeweitet und ausländische Truppen wurden mit der Zeit ebenfalls involviert.

Im August wurde Zürich von den Eidgenossen belagert und die Franzosen bereiteten eine Armee von 20'000 Soldaten vor, um sie nach Zürich zu senden. Sie sollten die eidgenössische Armee stellen und die Belagerung beenden.

Die Armee, bestehend aus Armagnaken (Söldner aus dem Süden Frankreichs oder so), zog unter dem Kommando des Thronfolgers von Frankreich, dem zukünftigen Ludwig XI., los. Die Eidgenossen hörten von den feindlichen Truppen, die anscheinend ausgeschwärmt waren und beschlossen, einen kleinen Streifzug in der Gegend zu unternehmen. 1'300 ausgewählte, junge Krieger, zogen durchs Liestal in der Gegend von Basel. 200 Baselbieter schlossen sich ihnen dort an. In der Rheinebene trafen sie am 26. August auf die armagnakische Vorhut und schlugen sie in die Flucht. Übermütig überquerten die Eidgenossen nun die Birs, obwohl sie Befehle hatten, dies nicht zu tun, und rückten weiter vor.


Für die Eidgenossen komplett unerwartet, stiessen sie auf die kampfbereite französische Armee. 20'000 Franzosen standen 1'500 Schweizern gegenüber. Die Eidgenossen waren mehr als 13 zu 1 unterlegen. In Anbetracht der Umstände würde es nur Sinn ergeben, wenn die Eidgenossen sich zurückgezogen hätten. Und das hätten sie auch problemlos tun können. Nichts hinderte sie daran, sich zurückzuziehen.

Deshalb ist die folgende Entscheidung auch so unerwartet. Obwohl sie massiv unterlegen waren und nichts sie dazu zwang, an Ort und Stelle zu bleiben und zu kämpfen, taten sie genau das und stürmten auf die feindliche Armee zu.

Die Eidgenossen formten drei kleinere Gewalthaufen, womit sie mehrere Kavallerieangriffe erfolgreich abwehrten und drangen daraufhin mit solch unerwarteter Gewalt in die feindliche Armee ein, dass diese davon völlig überrumpelt wurde. Im folgenden Gemetzel, dass zehn Stunden dauerte, fügten die Eidgenossen den Franzosen schwere Verluste zu. Die Eidgenossen rissen Armbrustbolzen aus ihren Körpern raus, nachdem sie getroffen wurden und stürmten selbst noch auf den Feind zu, wenn sie von Speeren durchbort worden waren oder ihre Hand verloren hatten, um ihren eigenen 'Tod' zu rächen. Der zukünftige Papst Pius II., der die Schlacht als Augenzeuge erlebte, beschrieb diese Geschehnisse sehr detailliert.

Mit der Zeit wurden die Eidgenossen aber von der Übermacht eingeschlossen und erlitten selbst enorme Verluste. Trotzdem weigerten sie sich, zu kapitulieren. Bei St. Jakob an der Birs, eine Quarantänesiedlung, zogen die überlebenden Eidgenossen sich ins Siechenhaus zurück, wo sie schwerem Artilleriebeschuss ausgesetzt waren.

Der Ritter Burkhard VII. Münch wurde als Unterhändler zu den Eidgenossen entsandt und ritt auf seinem Pferd zum Haus. Die vielen Toten und Verwundeten sehend, konnte er es nicht anders lassen und klappte sein Visier hoch, um die Eidgenossen Angesicht zu Angesicht zu verhöhnen. Er sagte: „Ich siche in ein rossegarten, den min fordren geret hand vor hunderd jar"
Das bedeutet mehr oder weniger: "Ich schaue in einen Rosengarten, den meine Vorfahren vor hundert Jahren gepflanzt haben"

Daraufhin packte einer der verwundeten Eidgenossen einen Stein und warf ihn mit dem Kommentar: "Da, friss eine der Rosen!" dem Ritter durchs offene Visier ins Gesicht. Münch fiel schwer verwundet vom Pferd, blieb aber am Steigbügel hängen und wurde dann zusätzlich noch durchs Schlachtfeld geschleift. Er erlag einige Tage später den Verletzungen.

Mit den Verhandlungen offensichtlich gescheitert, wurde das Siechenhaus gestürmt, wobei die letzten Eidgenossen innerhalb einer halben Stunde komplett aufgerieben wurden. Am Ende waren nur 16 von ihnen entkommen. Die restlichen 1'484 waren gefallen.

Aber die Franzosen hatten viel mehr gelitten. Die Eidgenossen hatten 2'000 bis 4'000 von ihnen getötet. Mit den Verwundeten dazugezählt betrugen die Verluste mindestens vier zu eins. Bei Zürich war eine Armee, bestehend aus 20'000 Eidgenossen, stationiert. Mit diesen Zahlen konfrontiert, beschloss Ludwig, nicht weiter nach Zürich zu marschieren und zog sich zurück. Somit wurde weiteres Blutvergiessen und das Risiko einer plündernden Söldnerarmee in der Schweiz verhindert. Kurz darauf schloss Frankreich einen separaten Frieden mit den Eidgenossen und auch zwischen Zürich und den Eidgenossen begannen Friedensverhandlungen, die sich allerdings einige Jahre in die Länge ziehen würden.

Die eidgenössische Einheit hatte strikte Befehle ignoriert, die sie anwies, die Birs keinesfalls zu überqueren. Sie war deshalb praktisch komplett massakriert worden, hatte dafür aber auch gleich die ganze französische Kampagne im Alleingang gestoppt, damit eine Menge Menschenleben gerettet und ganz Europa mit ihrem Mut beeindruckt.

Es dauerte einige Jahrhunderte, aber mit der Zeit wurde die Schlacht von St. Jakob an der Birs zur schweizer Version von Thermopylen. Ein letztes Gefecht gegen einen weit überlegenen Gegner, mit grossem Mut und heldenhaftem Einsatz auf Seite der Eidgenossen.

Was sich in dieser Schlacht auch zeigt, ist, dass die Schweizer selbst in letzten Gefechten herausstechen müssen. Reden wir über andere letzte Gefechte, wie bei den Thermopylen, Shiroyama, Osowiec, Samar, die Schweizer Garde und so weiter, dann geht es meistens darum, die eigene Pflicht/den eigenen Kodex zu erfüllen, den Feind so lange wie möglich aufzuhalten/Jemandem Zeit zu verschaffen oder einfach nur zu überleben, weil man keine Möglichkeit auf Entkommen hat. Die Eidgenossen hatten nicht den Zwang, eine Pflicht zu erfüllen, sie mussten niemandem Zeit verschaffen und sie versuchten nicht, einfach nur zu überleben, da sie sicherlich hätten entkommen können, hätten sie gewollt. Sie kämpften dieses letzte Gefecht, weil das ihre freie Entscheidung war. Sie sahen den überlegenen Gegner und entschlossen sich dazu, anzugreifen. Sie hätten es nicht tun müssen und niemand hätte ihnen Vorwürfe gemacht, wenn sie sich zurückgezogen hätten, aber sie machten es trotzdem. Das macht dieses letzte Gefecht ein sehr besonderes, da ich von keinem anderen wüsste, dass ähnlich ist.


Die Schlacht nahm wichtigen Einfluss auf die Schweiz. Sie wurde in der alten Nationalhymne 'Rufst du mein Vaterland' erwähnt. Während dem Zweiten Weltkrieg wurde die Schlacht zum Vorhängeschild der schweizer Verteidigungsstrategie. Die Militärdoktrin des hohen Eintrittspreises.


01.08.21

Definitiv eine sehr inspirierende Geschichte und der Wortwechsel zwischem dem Ritter und dem verwundeten Eidgenossen ist genial. Und dass er ihn auch noch mit dem Stein ins offene Visier getroffen hat. Der Typ konnte gut zielen. Nicht meine Lieblingsschlacht in der Geschichte der Schweiz, aber dennoch ziemlich beeindruckend.

Geschichte und sonst irgendwelches Zeug 2021Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt