Das Riff

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Das Rauschen der Klimaanlage, das leichte holpern des ausgeliehenen Jeeps über der Küstenstraße, ein Keuchen von der Rückbank: Ich musste lachen, während das Radio das alles unentwegt mit der fröhlichen, fremdländischen Musik untermalte

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Das Rauschen der Klimaanlage, das leichte holpern des ausgeliehenen Jeeps über der Küstenstraße, ein Keuchen von der Rückbank: Ich musste lachen, während das Radio das alles unentwegt mit der fröhlichen, fremdländischen Musik untermalte.

Wieder einmal hatte ich mich überreden lassen und wieder einmal trug ich daraufhin die Konsequenzen, den ausgefallenen Ideen meiner Kindheitsfreundin und junger Hexe Gabriela zu folgen. Bisher hatten sich diese Eskapaden lediglich auf eher lustige Situationen beschränkt, bei denen Gabi mich für kurze Zeit in ein Tier verwandelte oder ich unter ihrem magischen Einfluss Dinge getan hatte, die mir im Nachhinein peinlich gewesen waren. Diesesmal jedoch war es ein wenig anders. Wir beide hatten zur selben Zeit Urlaub genommen und zusammen mit unseren Freundinnen Paulina und Nina, ans Meer in den Urlaub gefahren. Alles lief zunächst ziemlich gesittet ab, bis wir zur "Sirenenbucht" fuhren, um dort am märchenhaften Sandstrand, den uns Gabi so sehr empfohlen hatte, zu baden.

Die Sonne knallte am Vormittag, an dem ich unseren Leihwagen auf den nahgelegenen Parkplatz lenkte, erbarmungslos auf die paradiesische Küstenlandschaft nieder und das dehydrierte Pusten von den beiden bereits knapp bekleideten Mädchen, die hinter mir auf der Rückbank fläzten und sich mit zusammengefalteten Straßenkarten Luft zufächerten, begleitete das leise Rauschen der bedauernswerten Klimaanlage und dem Handventilator, mit dem Paulina die stickige Luft im Fahrerbereich herumquirlte. Zu meinem bedauern war der Empfang des Radios verschwunden, welches wenigstens den Anschein von guter Stimmung im Auto aufrecht erhielt. "Uff, ich mag gar nicht aussteigen. Der Sand ist doch bestimmt feurig!", stöhnte Nina und warf die zerknickte Straßenkarte in den Fußraum. "Viel Spaß im Ofen, wir holen dich dann ab, wenn du gar bist!", erwiderte Paulina, drückte die Tür auf und kletterte aus dem kleinen Jeep heraus, der uns eine Stunde lang zu dieser besonderen Stelle an der Küste getragen hatte, die uns Gabi so "wärmstens" empfohlen hatte. Als auch ich als letzte ausgestiegen war, verstand ich, warum sich die anderen Drei so erstaunt umsahen, denn nicht nur boten die hohen Dünen auf der Meerseite und die großen Felsen auf der Landseite eine bildhübsche Landschaft, die Temparatur außerhalb der erhitzten Blechdose auf vier Rädern, war auch unerwartet wohlig und ein leichter Wind brachte uns den salzigen Geruch des Meeres über die Dünen entgegen. Voller Vorfreude entluden wir unser Strandgepäck und liefen über den leeren Parkstreifen zu dem dünnen Holzbogen, der zwischen den hohen Sandhügeln den Eingang zur Bucht markierte.

Unter dem Geräusch der Rollen unserer Badetaschen, versuchte ich immer wieder einen Blick über die Dünen zu erhaschen, doch mehr als den glitzernd blauen Horizont und die Möwen darüber konnte ich nicht sehen. Paulina war ein wenig vorausgegangen und blieb staunend in dem Tor stehen, mit dem begeisterten Blick aufs Meer gerichtet. Nina setzte neugierig nach und der kleine blaue Trolli hüpfte ihr hinterher, bis auch sie strahlend durch das Tor schaute und kurz darauf Paulina hinterher eilte. Gabi schaute mich lächelnd an und wir beeilten uns, ebenfalls zum Strand zu kommen. Die junge Zauberschülerin hatte uns nicht zu viel versprochen, als sie uns dazu drängte hierher zu fahren, denn als sich mir das Meer in der sandigen Sichelform der Bucht öffnete, bekam ich Gänsehaut. Ein schmaler, mit dünnen Holzbalken gemachter Weg führte geradeaus durch die Dünen zu einem perfekten, beigen Strand, der ab und an von kleinen Palmengrüppchen verziert, das perfekte Bild eines Badeparadieses abgab. Begeistert eilten wir beiden unseren Freundinnen den Weg hinterher, bis der Sand anfing und unter unseren Füßen heiß prickelte. Wie in einem Traum sah ich den drei Mädchen vor mir zu, wie sie über den menschenleeren Strand voraus rannten und Paulina sich als erste im Schatten dreier Palmen fallen ließ. Mit dem schwersten unserer Koffer im Arm kam ich lachend bei meinen Freundinnen an und sah, dass sie die Freude über diese zauberhafte Landschaft teilten, die mich beim Blick aufs Meer ergriffen hatte. "Ich geh Baden!", rief Paulina als erste und eilte los in richtung Wasser. "Hey, deine Klamotten!", rief Gabi hinterher und lachte. Noch im Laufen griff Paulina den Bund ihres Tops und zog es sich über den Kopf. Während nun auch Gabi hinterherlief, hatte sich eine Spur aus Klamotten hinter Paulina gebildet, die am Ufer nichts mehr hatte, das sich ausziehen ließ. Nina und ich mussten lachen, als auch uns das Bedürfnis erfasste, hinterher ins Wasser zu gehen. Da Nina, sowie Gabi bereits ihren Bikini, beziehungsweise Badeanzug unter ihren Tshirts trug, waren sie schon schnell auf den weg, während ich ungeduldig auf meinen violetten Bikini schaute, der in meiner Badetasche darauf wartete, angezogen zu werden. Hastig ließ ich mein Tshirt fallen und hatte meine Hotpants heruntergezogen, da überwältigte mich ein Gefühl, mich auszuziehen und ich entledigte mich meinen restlichen Kleidungsstücken und eilte nackt hinter meinen Freundinnen her, die bereits im Wasser waren. Das kühle Nass ließ mich aufquietschen und mit einem großen Platschen warf ich mich mit einigem Abstand in die seichten Wellen, die an den Strand dockten. Ich brauchte als beste Schwimmerin nicht lange, bis ich die anderen einholte, die es immer weiter aufs Meer hinaus zu treiben schien. Begeistert schwamm ich vorbei an den hohen Felsen, die ein grobes Riff in der Mitte der Bucht bildeten und hielt verwundert inne, als die drei anderen Mädchen hinter einem der Steine verschwunden waren. Als ich darum herum schwamm, fiel mir das plötzliche Drücken in meiner Magengegend auf und nachdem ich mich von dem rapiden Gefühlsumschwung beinahe übergeben hatte, fiel mir die rot-schwarz gestreifte Bikinihose von Gabi auf, die einige Meter vor mir auf dem Wasser trieb. Besorgt schaute ich mich um, während meine Beine zu kribbeln begannen und meine Aufmerksamkeit auf das leichte Brennen in meinen Knien lenkte. Panisch hielt ich mich über Wasser, während meine Beine versteiften und ich nur noch mit meinen Armen paddeln konnte, um nicht unterzugehen.

Ein immer größer werdender Schmerz ließ meine Waden und Oberschenkel krampfen, als Plötzlich Ninas Kopf vor mir aus dem Wasser auftauchte und sie mich mit großen Augen anschaute. "Benutz deine Flosse!", rief mir Nina immer wieder zu, doch wie in einem schlechten Traum versuchte ich verzweifelt nach Hilfe zu rufen, bis mein Kopf letztendlich unter Wasser sank. Reflexartig schlug ich mit meinen Beinen, die sich anfühlten, als seien sie zusammengeschweißt und kam unerwarteterweise wieder über Wasser. Unter Herzklopfen führte ich diese Bewegung weiter aus, bis mir dämmerte, was mit mir geschehen sein musste. Ein Blick an mir herunter, bestätigte mir mit einem stechenden Grünschimmer im Wasser, dass an Stelle meiner Beine eine schuppige Schwanzflosse im Wasser tänzelte und ich mich in eine Meerjungfrau verwandelt haben musste. Mittlerweile waren auch Paulina und Gabi aufgetaucht und lächelten mich verlegen an. Ich brauchte einige Zeit, um zu realisieren, was gerade passiert war, als Nina plötzlich mein Handgelenk ergriff und mich wieder mit unterwasser zog. Gerade noch rechtzeitig konnte ich Luft holen und kniff erschrocken die Augen zusammen. "Du brauchst die Luft nicht anzuhalten! Wir können hier atmen!", blubberte mir Ninas Stimme entgegen und ungläubig öffnete ich die Augen und atmete die Luft aus meinen Lungen. Reflexartig zuckte es an meinem Hals und die Kiemen, die mir dort gewachsen waren, begannen ihre Arbeit. Überwältigt folgten meine Augen der tief blau glitzernden Schwanzflosse von Nina und ich setzte mich wie in Trance in Bewegung. Die bunten Korallen, die durch die Felsen verborgen gewesen waren, leuchteten mir nun in voller Pracht aus einigen Metern Tiefe entgegen und während Nina voranschwamm, fielen mir die Schwimmhäute zwischen ihren und meinen Fingern auf, die wohl dafür verantwortlich waren, dass ich so schnell um die Felsen gekommen war.

Nach kurzer Zeit, in der wir mit den Schwärmen von exotischen Fischen um die kleinen Felsen und Seeanemonen durchs Wasser schnellten, kamen Gabi und Paulina dazu und wir schwammen noch ein wenig, bevor wir anhielten und einen Kreis bildeten. Das Gefühl war unbeschreiblich und ich sah es den anderen an, dass sie genauso überwältigt waren, wie ich. Nur Gabi machte den Eindruck, als wäre sie bereits als Meerjungfrau geboren worden, so grazil und unbeschwert wirkten ihre Bewegungen unter Wasser. "Tut mir leid, dass wir dich abgehängt haben, Sovie. Kommt mit, ich muss euch jetzt etwas zeigen!", sagte Gabi, die ihr Bikini Oberteile noch als einzige über ihren weinroten Schuppen trug und uns andeutete, ihr zu folgen. Neugierig setzte ich mich hinter Paulinas goldener Schwanzflosse in Bewegung und wir folgten der jugen Hexe.

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Die SirenenbuchtWhere stories live. Discover now