2 「 sᴇʜʏᴏᴏɴ」

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Verbittert schaltete ich meinen Handybildschirm aus. Ich hatte aufgehört zu zählen, wie viele Nachrichten und Anrufe Byeongkwan ignoriert hatte. Waren es über 200? Über 300? Ich wusste es nicht.
Plötzlich wurde ich von hinten umarmt.

"Du fliegst in zwei Tagen wieder... Ich vermisse dich jetzt schon."
Ich spürte das Kinn meines besten Freundes auf meiner Schulter, brachte kein Wort zustande.
In zwei Tagen würde ich zuhause sein, zurück bei den Menschen, die ich meine Familie nannte, bei den Menschen, bei denen ich jahrelang gelebt hatte und bei dem Menschen, den ich noch immer über alles liebte.
"Du vermisst ihn, oder?"
Fragte der Blonde und ich nickte.
"Er hat kein einziges Mal geantwortet, weder auf meine Nachrichten, noch auf meine Anrufe."

"Vielleicht hat er seine Tage und ist unentspannt? Ich meine er ist ein Vampir, vielleicht haben die ja sowelche Probleme."
Ungewollt fing ich an zu lachen und der Jüngere ließ mich los.
"Dein Ernst, Yuta? Dabei hat mir bis jetzt keiner gesagt, ob er sich schon verwandelt hat." lachte ich. Leider fand ich die Vorstellung lustiger als sie eigentlich war,  also ließ ich mich ins Bett neben mir fallen und legte mir den Arm über das Gesicht. Irgendwie hatte ich mir das angewöhnt, wenn ich niedergeschlagen war, machte ich dies immer, und Yuta wusste das.
Überraschenderweise sagte der hyperaktive Junge nichts, sondern setzte sich neben mich und schwieg, genau so wie ich.

Irgendwann wurde die Tür aufgerissen und jemand kam ins Zimmer. "Wir wollen gleich Abendessen, kommt ihr... Warum seid ihr so bedrückt?"
Ich setzte mich auf und sah kurz zu Yuta rüber, welcher weiterhin schwieg. "Es ist alles gut, Yukiko."
Eigentlich konnte ich mir das sparen, das Mädchen vor mir war eine Okami, ein japanischer Vampir.
Diese waren etwas anders als die in meiner Heimat; Okamis haben nicht die Fähigkeit, besser zu hören, oder besser zu riechen, sondern sie spüren die Gefühle der anderen als wären es ihre eigenen.
Dies war einer der Gründe, weshalb ich auch Yuta nicht anlügen konnte, was meine Gefühlslage betraf.
Zu meinem Glück aber nickte sie nur knapp, und wir gingen gemeinsam runter.
Zum Abendessen gab es Reis, Sushi und andere leckere Speisen, eines der Dinge welche ich auf jeden Fall vermissen würde.

"Hast du dir etwas überlegt, was du Byeongkwan mitbringst, wenn du nach Hause fährst?" fragte Yutas Mutter, und ich schüttelte den Kopf.
"Wir hatten das letzte mal als wir uns gesehen haben einen ziemlichen Streit, und seitdem ignoriert er mich, ich denke nicht, dass.." sagte ich, doch die Frau vor mir unterbrach mich. "Es ist egal, was vor einem Jahr war, oder ob er dich ignoriert. Manchmal will ein Mensch dir somit sagen, dass du um ihn kämpfen sollst. Willst du deinen Jungen einfach so aufgeben? Wenn der Streit deine Schuld war, dann mach es wieder gut!"
Einen Moment saß ich nur da, starrte die Frau vor mir mit großen Augen an. Ja, so kannte ich Yutas Mutter, und doch überraschte sie mich immer aufs neue mit ihren Worten. Als ich schließlich nickte, und zu Yuta, der mich breit angrinste, sah, hatte ich bereits eine Idee, was ich Byeongkwan mitbringen könnte.

Zusammen wuschen wir das Besteck und die Teller ab, und irgendwann entschlossen wir uns, einen Filmeabend an meinem zweitletzten Abend zu machen.
In zwei Tagen würde ich wieder in Seoul sein, weg von Osaka, der Stadt, in der ich nun ein Jahr bei meinem besten Freund gelebt hatte. In zwei Tagen würde ich meine Freunde, nein, meine Familie wiedersehen.

Cherry Blossom  |  ʷᵒʷᵏʷᵃⁿ ᶠᶠ [✔︎]Where stories live. Discover now