Kapitel 19

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„John...", hauchte er, hielt inne, lauschte, doch konnte nichts hören, als einige Zeit später das Spülen der Toilette. Die Minuten verstrichen wie Sekunden und kein Geräusch drang durch die Tür zu ihm hindurch. Was hatte Moran nur getan...?! Sherlock biss sie auf die Unterlippe und versuchte die Tränen fern zu halten, atmete durch.

„John..."

Diese intensiven Gefühle der Verzweiflung und Sorge waren ihm so dermaßen fremd, dass es eigenartig war solcherlei Empfindungen so eiskalt durch seinen Körper rauschen zu spüren. Es bereitete dem Dunkelhaarigen schon fast Angst. Er verlor die Kontrolle über seinen Körper. Eine seiner unbestechlichsten Eigenschaften. Kontrolle.

Noch einmal atmete er tief ein, um die Luft Sekunden später wieder zitternd aus seinen Lungen zu entlassen und riss seine Beherrschung und Eisernheit wieder an sich.
Was war nur los? Wieso hatte der Blonde Angst vor ihm? Wieso teilte er seine Probleme nicht mit dem Lockenkopf, wie er es sonst früher oder später immer tat? Wieso...? Zu viele Fragen und zu wenig Antworten. Er hasste es, wenn er nicht wusste, was los war und er hasste es sich einzugestehen, dass er nicht weit genug über die weiten Flächen der einfachen Zwischenmenschlichkeit schauen konnte, als dass er erkannte was hier vor sich ging.

Je verzweifelter Sherlocks Stimme wurde, desto mehr sträubte sich alles in ihm die Tür aufzumachen. Die Einsicht, dass Sherlock ihm so oder so aus den Fingern gleiten würde und es nur eine Frage der Zeit war, wie lange es noch dauerte ließ ihm schwarz vor den Augen werden. Seine Augenlider fielen zu.
~Beruhige dich, John.... ganz ruhig~ sprach er sich selbst gut zu und versuchte seine Worte in die Tat umzusetzen. Ruhig versuchte er ein und aus zu atmen, bis er schließlich seine Augen wieder öffnete. Mit bebenden Gliedern zog er sich an dem Waschbecken hoch und lief Richtung der Tür. Schon streckte er seine Hand aus, hielt noch eine Sekunde inne und griff nach dem Schlüssel und der Türklinke. Leise knackte das Schloss, während der Riegel zurücksprang und die Tür entriegelte.
„Sherlock..." krächzte der Blonde mit einer rauen Stimme.

„Du brauchst dir keine Sorgen zu machen, mir war nur nicht gut... liegt bestimmt an den ganzen Medikamenten. Das passiert schon mal, dass das auf den Magen schlägt“ versuchte er seine Aussage so belanglos und trivial zu beschreiben, wie es irgend möglich war und als er nun in Sherlocks wunderschöne, leuchtende Augen schaute, sah er pure Bitterkeit.

Die Kiefermuskulatur des Schwarzhaarigen spannte sich an und seine gesamte Körperhaltung veränderte sich, während er noch immer so durchdringend in die, jetzt bedrückten Augen seines blonden Freundes blickte. Glaubte er wirklich, dass er diese Lüge glaubte? Dass ihm überhaupt nicht auffiel, wie John ihm ins Gesicht log?

„An den ganzen Medikamenten, hm?“ wiederholte er und gestatte es John nicht den Blick aus seinen stählernen Augen zu lösen. Schuldbewusst biss sich der Arzt auf die Unterlippe. Wieso tat Sherlock das? Merkte er nicht, dass John es nicht sagen konnte. Er wollte doch! Er wollte ihm die ganze Wahrheit sagen, doch da war noch immer diese Stimme und das Bild seines Ex-Kameraden in seinem Kopf, welches ihn sich zurückhalten ließ. Das Risiko war viel zu hoch und egal was passieren würde, egal wohin diese Distanz zwischen ihnen, die scheinbar schon jetzt anfing sich aufzubauen auch hinführen würde, es würde John nicht dazu bringen Sherlocks Leben aufs Spiel zu setzten.
„Ich kann es nicht ertragen dich so zu sehen" hörte er die Stimme des Lockenkopfes an seine Ohren dringen.

What's a soulmateWhere stories live. Discover now