Kapitel 5

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Herbst 2013
Fünf Wochen waren seitdem vergangen. Fünf Wochen in denen ich ständig Angst hatte mein Vater würde vor mir stehen und mich jetzt umbringen. Fünf Wochen in denen mich keins der Castmitglieder alleine ließ. Immer war ich mit mindestens einem von ihnen zusammen. Fünf Wochen denen ich dem Pflegesystem näher gekommen war. Nach dem alles so schnell gegangen war, habe ich ein wenig recherchiert.
Nachdem der Dreh würde ich ziemlich sofort im Pflegesystem landen. Meine Mutter war tot, mein Vater auf dem Weg ins Gefängnis. Beide hatten keine Geschwister und meine Großeltern waren schon lange tot. Ich hatte offiziell niemanden mehr. Also sobald das alles hier vorbei war, würde ich in ein Kinderheim in der Nähe kommen. Als Schauspielerin im Pflegesystem hielt ich für schwierig. Wahrscheinlich würden viele Leute mich einfach adoptieren um Geld mit mir zu verdienen.
"Lottie kommst du? Wir müssen zum Abendessen gehen:" ChrisH saß bei mir. Ich hatte bis gerade Schulaufgaben gemacht und er mir Gesellschaft geleistet, was hieß dass er mich beobachtet hatte und gelegentlich einwarf, dass eine Aufgabe falsch war und sich dann einen Spaß daraus mir lang und breit zu erklären warum sie falsch war.
Ich nickte, schob mein Chemiebuch in meinen kleinen Rucksack zu den anderen Büchern und stand auf um ihm zum Buffet zu folgen.
Der kleine, schwarze Rucksack hing über meine rechte Schulter. Das unangenehme Gewicht der Bücher, drückte auf meine Schulter und führte dazu, dass ich leicht in Schonhaltung ging und meine rechte Schulter leicht senkte.
"Hey." Ich winkte kurz in die Runde und lächelte den anderen zu. Lizzie saß schon an einem der Tische und war in einem angeregten Gespräch, welchem ChrisH sich jetzt anschloss.
Scarlett stand von ihrem Stuhl auf und kam auf mich zu. Ich lächelte sie kurz an und sie erwiderte das Lächeln.
"Hey." Sie umarmte mich kurz bevor sie meinen Rucksack an sich nahm und sich wieder hinsetzte, den Rucksack an ihren Füßen. Der Stuhl rechts von ihr war noch frei, eindeutig extra für mich freigehalten. Also machte ich schnell meinen Weg zum Buffet und nahm mir etwas von dem Essen, Nudeln mit Käse, bevor ich mich neben Scarlett auf den Stuhl gleiten ließ. Die Erwachsenen waren in einem Gespräch vertieft, welches ich weder unterbrechen wollte, noch interessant genug für mich um mich daran zu beteiligen. Daher beugte ich mich einfach leicht nach vorne, stützte meinen Kopf auf meiner Hand auf. Die Gabel in meiner rechten pickte unwillig und gelangweilt an den Nudeln herum, ohne wirklich was zu meinem Mund zu befördern.
"Du musst essen." Sagte Scarlett neben mir, ich schaute auf und sah, dass sie mich besorgt ansah. Mein Blick senkte sich wieder auf meinen Teller.
"Lottie. Ich meins ernst. Du musst essen." Ich seufzte und nahm einen Bissen von den Nudeln. Ihr Blick lag immer noch auf mir, also nahm ich noch einen Bissen und sie nickte zufrieden.
"Danke und jetzt iss auf." Ich stöhnte innerlich auf. Nicht das ich Scarlett nicht mochte, aber sie war nicht meine Mutter, also woher nahm sie sich das Recht heraus mir vorzuschreiben was ich zu tun hatte. Verdammt, ich habe noch nichtmals mehr Eltern oder eine Familie.
Tränen stiegen in meine Augen, als mir erneut die Aussichtslosigkeit meiner Situation bewusst wurde. Ich hatte absolut nichts mehr. Meine Hand stockte wieder und ich hörte auf zu essen um mich selbst erstmal zu beruhigen,
"Charlotte. Iss jetzt:" Sagte Scarlett neben mir. Ihre Stimme klang nicht so sanft und weich wie sonst, sondern eher wütend und genervt.
"Du bist nicht meine Mom." Brach es aus mir heraus. Ich sprang auf, was dazu führte, dass mein Stuhl nach hinten umkippte.
Ganz plötzlich kehrte Stille im Raum ein. Alle Augen waren auf mich gerichtet und ich fühlte wie sich meine Wangen vor Scham erhitzten.
"Lottie." Versuchte Scarlett mich zu beruhigen. Sie streckte ihre Hand aus um mich zurück zum Tisch zu ziehen
"Nein. Lass mich. Fass mich nicht an." Ganz kurz bevor ich mich umdrehte konnte ich den verletzten Ausdruck auf ihrem Gesicht sehen, aber dann war ich schon am rennen. Weg von dem Buffet. Weg von dem Cast. Weg von Scarlett.
Ich schlüpfte in meinen Wagen und schloss die neu angebrachte Tür hinter mir ab. Ich sank an der Wand hinab und begann zu weinen. Meine eine Hand begann sich in meine Haare zu wickeln und einen kurzen Moment erinnerte ich mich, dass ich nicht an meinen Haaren ziehen sollte, weil ich mir dabei weh tun könnte. Ich schloss die Augen, aber die Tränen liefen trotzdem noch meine Wangen herunter.
"Lottie. Mach auf. Ich will mit dir reden." Scarlett. Sie war mir gefolgt.
"Geh weg." Brachte ich zwischen zwei Schluchzern hervor.
"Ich werde nicht gehen, mach auf." Ich schüttelt den Kopf und zog an meinen Haaren. Kurz fühlte ich den Schmerz, aber ich ignorierte ihn einfach.
"Lotti mach auf." Ich konnte die Verzweiflung in Scarletts Stimme hören, aber konnte mich absolut nicht dazu bewegen die Tür zu öffnen.
"Charlotte bitte." Mit einem Zögern bewegte ich mich zur Tür und schloss sie auf, bevor ich mich wieder gegen die Wand lehnte und meine Hände in meinen Haaren vergrub.
"Oh baby." Hörte ich die Stimme der Frau und nur Sekunden später war ich in ihren Armen und sie wiegte mich sanft in ihren Armen hin und her.
"Nimm die Hände aus den Haaren. Du tust dir nur weh." Murmelte sie und zog sanft meine Hände aus dem verknoteten Chaos, das mal meine Haare gewesen waren.
Sie hielt meine Hände auf ihrem Schoß fest und wisperte sanft und liebevoll in mein Haar.
"Es ist okay Baby. Ich bin hier und ich lass dich nicht allein." Ich vergrub mein Kopf in ihren Nacken, aber fuhr fort zu weinen.
Zwischen den beruhigenden Worten, dem hin und her wiegen und dem vertrauten Geruch ihres Parfums begann ich mich zu beruhigen. Die Tränen wurden immer weniger, bis sie schließlich ganz versiegten und ich einfach nur noch an Scarlett gekuschelt da lag.
"Ich glaube wir müssen uns unterhalten." Sagte sie dann und drehte mich so, dass sie mir ins Gesicht gucken konnte, aber ich schüttelte meinen Kopf. Worüber war hier zu reden. Ich war irrational und emotional gewesen.
"Doch Baby. Warum bist du so wütend geworden?" Ich zuckte mit den Schultern. "Lottie." murmelte sie und strich mir sanft über die Schulter.
"Ich weiß es nicht. Es ist einfach so viel und alles passiert so schnell und in zwei Wochen komme ich ins Kinderheim." Ich begann zu zittern und versuchte mich wieder zu beruhigen, aber es gelang mir nicht.
"Charlotte. Es wird alles gut werden."
"Nein wird es nicht, Ich werde in dieses Waisenhaus gehen und dann von irgendwelchen Menschen, die mich nur wegen dem Geld wollen adoptiert werden und ich werde nie eine richtige Familie haben." Sprudelten all die Gedanken, die seit Wochen in meinem Kopf waren aus mir hervor.
Scarlett lächelte traurig, aber zog mich wieder enger an sie ran.
"Du denkst darüber schon eine Weile nach hmm?" Ich nickte leicht.
"Ich muss dir jetzt etwas gestehen. Ich habe mir die gleichen Gedanken gemacht wie du.'" Sie holte tief Luft, bevor sie weitersprach.
"Und deswegen habe ich vor vier Wochen mit dem Adoptionsprozess angefangen. Wenn alles gut geht, bist du Ende der kommenden Woche offiziell meine Tochter."
Meine Augen wurden riesig und ich stockte in meiner Bewegung.
"Was?"
"Ich will dich adoptieren."
Wieder liefen Tränen über meine Wangen.
"Danke! Danke!" Immer wieder wisperte ich dieses eine Wort in ihren Nacken, indem ich mein Kopf wieder vergraben hatte.
Die Blondine lächelte nur und schlang ihre langen Arme um mich und zum ersten Mal seit langem fühlte ich mich sicher und zu Hause.
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1265 Worte

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