★7.Kapitel★

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Kann ich nicht einfach Schwänzen? Seit Samstag Abend ignoriere ich Jisung und auch Felix Nachrichten.
Ich war am Dienstag morgen ernsthaft am überlegen gewesen zu dieser Tanzschule zu gehen, aber am Ende blieb ich in meinem Bett und habe Netflix geguckt. Meine Mom hat es aufgegeben mit mir zu reden und ist immer wieder enttäuscht gegangen. Es tut mir ja leid... wirklich. Und ich will sie nicht enttäuschen, aber anscheinend liegt es wohl in meiner Natur.
Seufzend sehe ich auf die Tür, die zum Raum führt.
"Minho."
Ich sehe zu Chan, der mich besorgt mustert. Anscheinend sehe ich echt scheiße aus.. Naja, ich habe die letzten zwei Nächte auch nicht wirklich geschlafen. Außerdem fühle ich mich noch beschissener als vorher.
"Geht's dir nicht gut? Wirst du krank?"
"Ich habe das Gefühl jede Sekunde zu ersticken." flüstere ich.
Dieses Gefühl ist schrecklich. Einfach nur schrecklich. Und das nur durch meine Angst, dass ich Jisung und Felix nicht weg stoßen kann. Eigentlich weiß ich nicht mal mehr, ob ich das wirklich will, aber ich denke ich sollte das tun..Es wäre das einzig richtige, oder?
Gott diese Gedanken bringen mich noch um!
"Möchtest du darüber reden?"
Panisch schüttle ich den Kopf. Ich will nicht reden, auch wenn ich eigentlich genau deswegen hier bin.
"Ist okay, Minho. Möchtest du was essen? Oder trinken? Ich meine ich habe Kekse und Wasser."
Er ist ja schon niedlich wie er versucht sich um alle zu kümmern und sich Sorgen um sie macht. Er wird ein toller Psychologe.
"Chan!"
Der ältere zuckt zusammen und sieht zu seinem Verlobten.
"Hay Baby. Was gibt's?"
Ich nehme mir die Kekse aus Chans Hand und setze mich auf meinen Stuhl. Ich könnte wirklich schon sagen dies ist mein Stuhl...jede Stunde sitze ich hier, während die anderen sich immer wieder um setzen. Oder sich, wie Felix, auf dem Boden setzen.
Da mir langweilig ist, beobachte ich die beiden, die außer mir, noch im Raum sind und höre ihnen zu.
"Schatz, können wir das nicht später besprechen? Du weißt das es mir egal ist wie, wo und wann wir heiraten, solange du am Altar stehst und ja sagst."
Süß.
Das scheint auch Jisungs Bruder zu beruhigen, jedenfalls scheint er wieder zu lächeln, legt die Arme um Chan und küsst diesen.
Würg.
Liebe.
Ekelhaft.
Schnell sehe ich weg, sonst würde ich kotzen.
Nachdem mein Vater uns für eine andere verlassen hat, glaube ich nicht mehr daran. Auch wenn Chan und Jisungs Bruder echt süß zusammen sind. Man sieht ihnen an das sie sich lieben, auch wenn sie wohl viel diskutieren.
Nach und nach kommen die anderen. Nur Jisung fehlt. Verwirrt sehe ich zu Felix, der sich neben mich setzt.
"Wo ist Jisung?"
Das zum Thema beide von mir stoßen.
"Er hat es wieder getan."
"Was?"
Felix beißt sich auf die Lippe und wischt sich die Tränen weg.
"Die letzten Tage wo ich dich ständig angerufen oder dir geschrieben habe. Jisung hat wieder versucht sich umzubringen. Ist ja nicht so, als würde er dies eh schon tun, weil er nichts isst oder es wieder aus kotzt, aber...scheiße. Er hat es mir versprochen, aber Sumis Tod scheint ihn mehr zerstört zu haben, als ich es angenommen habe."
"Wo ist er?" frage ich. "Er ist noch im Krankenhaus.."
Ich stehe auf und gehe zu Chan und Changbin, wenn der so hieß.
"Hay, du fährst nicht zufällig zu Jisung?" frage ich den schwarzhaarigen, der mich verwirrt an sieht.
"Doch eigentlich schon."
Ich schlucke den Kloß runter. Nun traue ich mich mal wieder nicht zu reden..
"Ich glaube, Minho möchte mit ins Krankenhaus, richtig?" fragt Chan, weswegen ich nicke.
"Ich weiß nicht ob das so eine gute Idee ist. Er ist noch instabil, was seine Psyche angeht, Chan. Das weißt du am besten. Ich lasse ja nicht mal Felix zu ihm.."
"Schatz, vertrau mir. Nimm Minho mit."
"Ist okay...Dann komm mit."
"Minho, deine Hausaufgabe ist es deine Ängste aufzuschreiben!" ruft Chan mir hinterher, aber eigentlich ist es mir egal. In meinem Kopf dreht es sich grade eh nur um Jisung. Dieser Typ ist mir wohl wichtig...irgendwie.

"Jisung." flüstere ich, als ich mich auf dem Stuhl neben seinem Bett gesetzt habe. Seine beiden Handgelenke sind fest mit Verbänden umwickelt.
Er öffnet die Augen und sieht mich an. Er grinst sogar.
Darf ich ihn schlagen? Oh Gott ich werde ihn gleich einfach schlagen. Sein grinsen ist ja süß und unglaublich toll, aber dieser Junge wollte sich umbringen und grinst mich jetzt an? Mit dem stimmt doch was nicht...okay, dass weiß ich ja selbst.
"Hay Minho."
Dieses grinsen werde ich dir gleich aus dem Gesicht schlagen.
"Wieso?"
Er beißt sich auf die Lippe und sieht dann an die Decke, aber sein grinsen ist weg.
"Ich weiß es nicht. Wie würdest du es finden wenn schon drei deiner Freunde Tod sind? Der vierte vielleicht am Krebs stirbt.. Ich kann das nicht mehr lange."
"Vielleicht solltest du dir Freunde suchen die nicht psychisch oder krank sind."
Das war eigentlich nicht witzig gemeint, aber trotzdem fängt er an zu lachen.
"Ich hätte nicht gedacht, dass du lustig sein kannst."
"Jisung, das war kein Witz."
Er kichert immer noch etwas, als er sich aufsetzt und mich ansieht.
"Felix meint, dass er dich nicht einmal erreicht hat, was war los?"
Junge-
Er liegt hier im Krankenhaus! Und fragt mich,was los war?
Wieso zum Fick ist er so?
Wieso?!
Ich atme tief durch. "Du weißt das es okay ist, egoistisch zu sein? Ich meine..denk doch einmal an dich. Du liegst hier und fragst mich was mit mir los war. Das ist nicht mehr normal, Jisung, kapiert? Du musst erstmal gesund werden, bevor du dich um andere kümmern kannst, sonst wirst du nur noch mehr kaputt gehen und das hier immer wieder versuchen."
Ich...Ich habe schon lange nicht mehr so viel auf einmal gesagt, aber ich schätze, dass es angebracht ist. Jisung muss das endlich kapieren.
Jisung will nach meiner Hand greifen, doch lässt es dann sein und spielt mit dem Verband am linken Handgelenk.
Ich halte ihm meine Hand hin.
"Nimm sie. Ich weiß nämlich echt nicht, wie lange ich das schaffe."
Das er lächelt, als er meine Hand nimmt, entgeht mir nicht. Er freut sich über diesen klitze kleinen Fortschritt von mir.
"Dein Bruder war gar nicht begeistert davon mich mit hier hin zu nehmen."
"Changbin ist enttäuscht von mir. Er hat es gesagt und genauso ist er enttäuscht von sich, dass er mir einfach nicht helfen kann. Das ich es einfach nicht zulasse. Schon mehrere Therapeuten haben mich aufgegeben. Chan versucht es zwar noch, aber auch er gibt nach und nach immer mehr auf. Für sie bin ich in nächster Zeit schon Tod und das bin ich wahrscheinlich auch, wenn ich so weiter mache."
Wie er das sagt...mit so einer Gleichgültigkeit. Es ist ihm egal, ob er stirbt oder nicht. Wahrscheinlich hat er nur nicht so tief in die Haut geschnitten, wegen dem Versprechen mit Felix.
"Jisung, wenn du immer wieder den Wunsch hast zu sterben, dann wirst du niemals wieder gesund..." murmle ich und streiche sanft über seinen Handrücken. Dieses Gefühl was er in mir auslöst macht mir Angst. Das alles macht mir Angst, aber es wäre jetzt wohl nicht gut eine Panikattacke zu erleiden.
"Bitte versuche es nicht nochmal, Jisung." flüstere ich. Keine Ahnung wieso. Ich kenne ihn nicht mal richtig. Erst einen Monat und trotzdem scheint er sich in mein Herz geschlichen habe. Wie Jeongin früher. Er fehlt mir... wäre ich doch nur mutig genug ihm zu schreiben oder ihn zu suchen. Genauso wie Hyunjin.
"Ich weiß nicht ob ich das kann."
"Muss ich etwa jetzt die ganze Zeit um dich herum sein? Nein danke."
Er lacht leise auf und sieht mich an. "Du trägst Kontaktlinsen richtig? Mal sind sie nämlich blau und dann wieder braun."
"Ja..du bist der erste dem das so richtig auffällt.."
"Beide Augenfarben stehen dir gut."
Er drückt meine Hand etwas fester, weswegen ich wieder dorthin sehe. Wieso macht es mir nicht wirklich was aus? Das macht mir noch mehr Angst...Ich will nach Hause. In mein Bett...Dort wo ich sicher bin.
"Flirtest du etwa grade mit mir, Lee Minho?"
Verwirrt sehe ich ihn an, bis ich es kapiere.
"Nein. Niemals."
Er fängt wieder an zu lachen. "Wir werden sicherlich noch unfassbar gute Freunde, Minho."
Warum habe ich das Gefühl das es stimmt? Aber was ist, wenn es mir wieder besser gehen wird und Jisung stirbt? Ich weiß nicht ob ich das ertragen könnte. Ich habe Angst vor dem verlassen werden, weswegen ich früher alle von mir gestoßen habe um diesen Schmerz niemals zu empfinden. Ich kann nicht mit Jisung befreundet sein. Diese Angst ist einfach zu groß.
"Minho..hay sieh zu mir."
Ich tue es.
"Wovor hast du so eine Angst?" besorgt sieht er mich an, weswegen ich wieder weg sehe.
"Ich habe Angst davor verlassen zu werden."
Der braunhaarige drückt meine Hand sanft. "Ich werde dir versprechen dich niemals zu verlassen."
"Versprich keine Sachen, die du nicht halten kannst. Das würde sonst nur noch mehr weh tun."
Ich ziehe meine Hand aus seiner und stehe auf. "Ich bin auch nicht wirklich die beste Wahl für eine Freundschaft...Such dir jemand anderen. Ich würde nur alles kaputt machen."
Damit verlasse ich sein Zimmer und das Krankenhaus.
Draußen angekommen setzte ich mich auf die ersten Stufen des Krankenhauses und schreibe meiner Mom das sie mich von dort abholen soll.
Das sie mich noch nicht aufgegeben hat, muss wohl daran liegen, dass sie mich liebt...oder das sie keine Kraft mehr hat um um ihren Sohn zu kämpfen. Wahrscheinlich hat sie sich davon abgefunden, dass ich einsam und kaputt sterben werde.
Vielleicht wäre es das einzig beste für sie. Dann könnte sie wieder frei und glücklich sein. Schließlich war ich nie ein Wunschkind. Ich sollte niemals existieren.
"Minho richtig?"
Ich sehe auf zu Changbin der sich dann neben mich setzt.
Ich nicke auf seine Frage, wegen meinem Namen.
"Jisung hat in den letzten Wochen immer wieder über dich gesprochen.. Er scheint dich zu mögen."
"Vielleicht bin ich eher die letzte Wahl die man mögen sollte." murmle ich und spiele mit meinen Fingern.
"Jisung weiß schon genau wen er mag und wen nicht. Und du scheinst ihm irgendwie gut zu tun. Ich meine er hat gegessen. Freiwillig."
"Einmal.." murmle ich, bin aber irgendwie stolz darauf, dass er mein essen gegessen hat. Auch wenn es drei Uhr morgens war.
"Danke."
Nun sehe ich ihn verwirrt an.
"Dafür das du Jisung zum lachen bringst."
"Er ist doch immer am grinsen oder lächeln."
"Das schon, aber heute habe ich ihn das erste mal nach Jahren wieder lachen gehört. Danke."
Es hupt, weswegen ich aufsehe und zu meiner Mom sehe, deshalb stehe ich auf und sehe nochmal zu Changbin.
Es pusht mein Ego, dass ich doch nicht immer etwas falsch mache.
"Wir sehen uns, Minho." sagt er noch, ehe ich ins Auto steige und mich anschnalle.
Vielleicht sollte ich Jisung doch nicht von mir Stoßen.
Ich will ihm helfen...

Cause I like you (boyxboy)Where stories live. Discover now