★4.Kapitel★

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Ich will nicht.
Ich will einfach nicht.
Nach meiner Panikattacke am Mittwoch, habe ich das Gefühl, dass es mir wieder schlechter geht. Ich habe weder Hunger noch mache ich irgendwas. Ich liege nur im Bett, schlafe oder starre die Decke an.
Ich habe sogar von meiner Vergangenheit geträumt und nun vermisse ich meine alten Freunde. Sie hassen mich doch bestimmt. So wie ich sie von mir weg gestoßen habe, weil ich keine Ahnung hatte, was mit mir los ist. Habe ich heute auch noch nicht, aber naja...
Trotzdem vermisse ich sie.
Ich war sogar am überlegen ihnen zu schreiben, aber am Ende habe ich gekniffen. Meine Angst ist zu groß..
Ich lege den Kopf in den Nacken und sehe dann zu meiner Mom, die vor der dem Haus parkt wo ich nun meine dritte Selbsthilfegruppensitzung haben werde.
"Mom."
Sie sieht zu mir und streicht sanft über meine Wange, weswegen ich zusammen zuckte. Das ich nun auch schon vor ihr zusammen zucke, wenn sie mich berührt, macht sie traurig. Das sieht man ihr an, trotz ihres Lächelns.
Ich glaube keiner kann so perfekt falsch lächeln wie Jisung.
Bei ihm sieht es immer so ehrlich aus..aber was weiß ich schon. Ich kenne ihn und Felix nicht mal.
"Ich kann das nicht.." flüstere ich.
Ich will es ja, aber ich kann es nicht. Daran zu denken, dass ich wieder eine Panikattacke bekommen könnte, wenn  Chan mich etwas fragt oder es mir plötzlich doch wieder zu viel wird. Ich möchte keine Panikattacke vor den anderen bekommen. Die am Mittwoch vor Felix und Jisung ist peinlich genug.
"Doch Schatz, du kannst das."
Sie versteht mich nicht.
Niemand versteht mich..
Ich nehme meinen Beutel, steige aus und atme tief durch.
'Ich kann das schaffen'
//das glaubst auch nur du//
Oh yeay.. meine innere Stimme ist wieder da.
Wie ich sie vermisst habe.
Ich gehe in den noch leeren Raum, bis auf Chan.
Wieso bin ich eigentlich immer zu früh hier? Naja, beschweren sollte ich mich nicht.
Ich setze mich auf einen Stuhl und beobachte Chan wie er ein paar Unterlagen durch blättert.
"Chan?"
Erschrocken sieht er hoch. Auch ich bin leicht erschrocken über mich selbst.
Er legt seine Unterlagen weg und sieht mich lächelnd an.
Ich will auch so ehrlich lächeln können...
"Ja?"
Ich beiße mir auf die Lippe.
"Hast du eine Ahnung was ich habe?" frage ich leise.
//Du Idiot. Wieso sollte das jemand wissen, wenn du es selbst nicht weißt?//
Chan sieht mich nachdenklich an.
"Von dem was ich erfahren und gesehen habe, glaube ich das du in den letzten Jahren nach und nach immer mehr in Depressionen rein gefallen bist. Du hast aber auch Angst vor Berührungen und das liegt meistens in der Vergangenheit. Ist dir früher etwas passiert?"
Ich schüttle den Kopf. Klar, ich war schon immer eigen was Berührungen anging und eigentlich durften es nur Mom und zwei meiner Freunde, aber auch nur dann wenn ich gute Laune hatte, aber so hatte ich eine tolle Kindheit.
"Vielleicht hast du einfach auch schon von klein auf Aphephosmophobie. Die Angst vor Berührung durch andere Lebewesen, aber ich denke sie ist nicht so schlimm, wie bei anderen.. Du lässt dich sicherlich noch von jemanden berühren oder?"
Ich nicke. "Aber da wird es auch immer kritischer.."
Chan lächelt mich sanft an. "Weißt du..Da könnte Jisung dir wirklich helfen."
"Wieso?"
"Ich weiß nicht. Irgendwie habe ich das Gefühl das ihr zwei euch gegenseitig ziemlich gut helfen könntet. Ich weiß das er gerne Menschen hilft um seine Probleme nicht einsehen zu müssen, aber ich denke du könntest ihm helfen..Ich habe da so ein Gefühl, aber genug über Jisung geredet. Ich muss jetzt noch, bevor die Sitzung anfängt, eine Location für die Hochzeit aussuchen, sonst werde ich geköpft."
Er grinst mich leicht an und sieht dann wieder auf die Unterlagen.
Ich stecke meine Kopfhörer rein, stelle meine Musik an und lausche der Stimme von Taeyong.
Erst als jemand sich neben mich setzt, sehe ich auf und seufze innerlich auf, als ich Jisung sehe, der mich an grinst.
Ich nehme die Kopfhörer raus, nachdem ich die Musik ausgestellt habe und sehe ihn an.
"Hay"
Ich nicke ihm kurz zu und sehe mich um. Fast alle sind da. Nur zwei Stühle sind frei.
"Felix ist im Krankenhaus. Chemotherapie." sagt Jisung.
Da ist Blondie also...Schade.
Chan klatscht in die Hände und sieht uns alle an.
"Freut mich das ihr alle wieder da seid."
"Wo ist Sumi?" fragt ein Mädchen, welches sonst eigentlich immer neben mir gesessen hat.
Chan seufzt und lächelt schwach.
"Sumi ist die Nacht verstorben. Ihr Herz hat das nicht mehr mitgemacht...und ist stehen geblieben."
Darauf ist es still.
Ich habe Sumi nicht wirklich gekannt. Ich weiß nur das sie viel geredet hat und auch nicht wirklich lange dabei war, aber das zu hören ist schon krass..
Ich sehe zu Jisung, der auf dem Boden sieht, ehe er aufsteht und den Raum verlässt.
"Jisung!"
Ich sehe zu Chan, der Jisung besorgt nach sieht.
Keine Ahnung wieso ich das tue, aber ich nehme meinen Beutel und renne Jisung hinterher.
Ich habe keine Ahnung wo er sein kann, aber trotzdem führen mich meine Beine zu den Toiletten. So als würde ich wissen, dass er dort ist.
"Jisung?" frage ich leise, als ich bei den Toilette bin.
Es ist eine Weile ruhig, bis ich ein schluchzen höre.
Jisung.
Ich gehe zur letzten Kabine und öffne diese.
Jisung hockt vor der Toilette und zittert.
"Jisung."
Er sieht nicht zu mir hoch, aber er fängt immer mehr an zu weinen.
Ich bin überfordert.
Ich weiß einfach nicht was ich tun soll.
"Jisung.."
Er spült und steht auf, fast wäre er gefallen, hätte er sich nicht an der Tür festgehalten.
"Wollen wir gehen?" frage ich leise.
"Wohin denn? Wir haben eine Sitzung und ich werde sowieso.."
"Ich sage Chan nichts."
Jisung lächelt kurz auf, ehe wieder mehr Tränen über sein Gesicht laufen.
"Er weiß es doch sowieso schon...Er kennt mich und er weiß, dass..."
Er schluchzt auf und unterbricht sich selbst damit.
"Scheiße..Sumi ist Tod! Dabei war ich erst gestern Mittag noch bei ihr um mit ihr zu zeichnen und ihr etwas zu helfen..Ich kenne sie schon eine Weile, schließlich sind wir Nachbarn gewesen...und jetzt ist sie Tod! Und ich...Ich könnte es auch bald sein."
Ich will ihn umarmen.
Ich will es wirklich..oder wenigstens seine Hände nehmen um ihn etwas halt zu geben.
"Jisung..wollen wir spazieren gehen? Frische Luft hilft immer etwas gegen Trauer. Und Schokolade..ganz viel Schokolade oh und Eis, aber das möchtest du bestimmt nicht, also spazieren?"
Ich hole die Wasserflasche aus meinem Beutel und gebe sie Jisung.
Er braucht die Flüssigkeit dringender als ich.
"Danke." haucht er.
Ganz ehrlich? Ich will nicht sehen wie er unter dem Hoodie aussieht. Ich glaube dann würde ich kotzen. Nicht vor Ekel oder sowas. Nein, mir würde das nur zu viel werden.
Ich folge ihm raus an die frische Luft.
Die ganze Zeit die wir durch den Park laufen, ist es ruhig zwischen uns.
Jisung bleibt stehen, weswegen ich erschrocken über meine eigenen Füße stolpere, mich aber noch rechtzeitig auf fange um nicht Bekanntschaft mit dem Boden zu machen.
"Wieso bleibst du stehen?"
"Kann ich heute bei dir schlafen? Ich meine, ich hätte auch Felix gefragt, aber ihm wird es nachher nicht gut gehen, aber ich kann heute nicht nach Hause. Changbin oder Chans Blicke ertrage ich heute nicht und ich glaube nicht das ich es schaffe an Sumis Wohnung vorbei zu gehen. Ich..."
"Ja."
Okay...Das überrascht mich jetzt wieder.
Was ist heute mit mir los?
Ich lege den Kopf etwas schief und sehe Jisung an, der mich erleichtert ansieht.
Er sieht so müde und kaputt aus.
"Du kannst Klamotten von mir haben, aber du wirst auf meiner Schlafcouch schlafen müssen. Du weißt schon Berührungen und so."
"Danke."
"Kein Problem." murmle ich und laufe richtung meines Zuhauses.
Jisung folgt mir stumm.
Ich habe keine Ahnung, was ich hier tue. Ich weiß es echt nicht, aber vielleicht hat Chan ja recht und wir können uns gegenseitig helfen.
//Oder euch gegenseitig in das schwarze Loch werfen. Wer weiß das schon, nicht wahr?//

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Hay..wie geht's euch so?

Cause I like you (boyxboy)Où les histoires vivent. Découvrez maintenant