Isola Sacra

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"Wo ist Thea?", erkundigte sich Alea, da sie ihre Schwester im Zug nicht entdecken konnte.
"Sie ist kurz auf die Toilette", erklärte Lennox mit einer unbedeutenden Handgeste.

"Wovon hast du eigentlich geträumt?", nahm er den Faden wieder auf. Konzentriert versuchte Alea sich an alles zu erinnern, was nicht besonders schwer war. Normalerweise vergaß sie ihre Träume sofort nach dem Aufstehen, doch dieser würde sich auf Ewig in ihrem Gedächtnis einbohren - Alpträume vergisst man nicht.

"Ich habe geträumt, dass Orion uns durch Cassaras fand. Er stand nämlich die ganze Zeit auf Orions Seite. Schließlich meinte Cassaras, dass ich der Meerwelt nicht helfen könne und plötzlich war ich eine gewöhnliche Landgängerin!", erklärte sie. Ein kalter Schauer lief ihren Rücken hinunter. Genau der selbe, den sie empfand als sie Orion entdeckte. Alles fühlte sich so real an. Der Gedanke ihre Meermädchenkräfte erneut verlieren zu können gefiel ihr überhaupt nicht. Im Gegenteil; er machte ihr Angst.

Ohne weiteres schloss Lennox sie in den Arm. Ihr stand ihre Angst offensichtlich ins Gesicht geschrieben.
"Es war nur ein Traum", betonte er erneut. Bedrückt zog Alea ihren Freund näher an sich ran. Jede Zelle in ihrem Körper schrie nach seinem Trost.
"Du wirst immer etwas besonderes sein. Lass dir von niemandem etwas anderes einreden, okay?", flüsterte er ihr ins Ohr. Alea wusste wie sehr Lennox sie liebte und allein das hob sie von der Menge ab. Es dauerte nicht lange und sie fühlte sich bereits besser, was den Oblivion, jedoch nicht davon abhielt weiter zu sprechen.

"Gleichgültig ob Meermädchen oder Landgängerin, Elvarion oder nicht, Kind oder Erwachsene, du, Alea wirst die Meere retten und beide Welten vereinen, egal wer sich dir in den Weg stellt", fügte er überzeugt hinzu.

Lennox löste sich aus der Umarmung und führte mit seiner Hand ihr Gesicht nach oben. Sobald Alea seine azurblauen Augen erblickte stockte ihr augenblicklich der Atem. Sie erfassten sie wie eine Welle im Sturm.

"Aber das alles musst du nicht alleine machen, Alea. Wir stehen alle hinter dir", schloss er schließlich seine Rede ab. Seine Stimme war ehrlich und fest. Während er sprach stotterte er kein einziges Mal. Er meinte es ernst.

Wortlos starrte sie ihn an. Seine Worte bewegten etwas in ihr. Sie machten sie stark und gaben ihr Kraft. Verliebt beugte sie sich nach vorne, während Lennox bereits seine Augen schloss und der furchtbare Alptraum endete in einem wunderschönen Kuss.

Solange Lennox an sie glaubte war alles andere egal. Solange Alea an sich glaubte konnte sie alles schaffen.

Sobald sich die beiden von einander lösten lächelte Lennox, während er Alea verträumt durchs Haar strich.
"Na ihr? Störe ich etwa?", kam Thea auf sie zu. Mit einem Hauch von Wehmut nahm Lennox die Hände von Alea und drehte sich zu ihrer Schwester.
"Nein, schon gut. Was gibt's?", begann er ein Gespräch. Thea warf einen flüchtigen Blick aus dem Fenster.
"Wir halten gleich an", teilte sie ihnen mit. Aufmerksam nickte Alea. Sie räusperte sich kurz und stellte sich hin. Lennox war ebenfalls inzwischen auf den Beinen.

"Hast du den Rucksack?", erkundigte sie sich bei ihrem Zwilling. Der Vorfall am Bahnhof hatte sie sehr vorsichtig gemacht. Bestätigend klopfte sich Thea auf den Rücken.

Kurz nach dieser Geste hielt der Zug auch schon an. Am Bahnhof war es unruhig, da Touristen und Arbeiter den öffentlichen Verkehr verstopften.
"Wir brauchen ein Taxi", gebärdete Lennox. Das war deutlich angenehmer als dem Lärm entgegen zu brüllen. Er drehte sich ein paar mal um die eigene Achse bis er fündig wurde.
"Da lang!", gab er an und wedelte ähnlich wie ein Reiseführer mit den Armen. Die Mädchen folgten ihm und ehe sie sich versahen saßen sie auch schon in einem Taxi.

"Could you please drive us to Isola Sacra?",
Könnten Sie uns nach Isola Sacra fahren?
bat Lennox die Fahrerin auf Englisch. Ohne eine Antwort von sich zu geben fuhr sie auch schon los.

"Bei gutem Verkehr dürfte die Fahrt etwas mehr als zehn Minuten dauern", gab Thea mit einem breiten Grinsen bekannt.
"In zehn Minuten sehen wir die Alpha Cru wieder", realisierte Alea vorfreudig.
"Vorfreude ist die beste Freude", zitierte Lennox Sammy, woraufhin Alea schmunzeln musste. Der Gedanke Sammy und die ganze Bande wieder zu sehen erhöhte immer noch ihren Puls.

"Ich habe diese Knalltüten echt vermisst", gestand Lennox fröhlich. In Gedanken versunken streiften seine Augen über die Landschaft. Alea ging es nicht anders. Die Alpha Cru war ihre neue Familie, von der sie nicht getrennt werden wollte.

Inzwischen ging die Sonne unter und die Nacht brach an. Müde hüllte sich sie Stadt in wunderschöne Dunkelheit.
Es dauerte nicht lange und das kleine Auto hielt an. Thea packte in den Rucksack und drückte der Fahrerin ein paar Scheine in die Hand, welche sie zuvor von Cassaras bekamen. Zufrieden fuhr die Frau mit quietschenden Reifen davon.

Alea sah sich um. Sie befanden sich in einer engen Straße. Um sie herum standen alte kleine Gebäude. Alle wurden aus braun-rotem Stein gebaut und besaßen einen antiken Flair. Sie hatten in der Tat etwas römisches an sich. Der Boden war bewachsen von dünnen Grashälmen, welche allerdings einige kahle Stellen aufwiesen.

Euphorisch reckte Alea ihre Nase in die Luft - Sie roch das Meer!

Alea Aquarius Band 7 (Fanfiction)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt