Aussprache

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Im Salon angekommen nahm sich Alea ein Glas Wasser, als könne sie ihre negativen Gefühle einfach runter schlucken. Doch das klappte selbstverständlich nicht. Trotzig schmiss sie sich aufs Sofa und vergrub ihr Gesicht in einem Kissen. Es roch nach Lennox - nach Weite, Wärme und Wasser. Obwohl sie noch wütend auf ihn war, beschloss sie, sich nicht vom Kissen abzuwenden. 

Irgendwann hörte sie eine Türe zuknallen. Vermutlich hatte Cassaras soeben mit Thea gesprochen, welche sich wieder in der Kajüte verschanzte. Warum lügen Leute, fragte Alea sich selbst. Lügen machten alles nur noch schlimmer. Dabei log Lennox, weil er dachte, er müsse die Cru beschützen. Cassaras  drängte ihn regelrecht dazu. Machte das die Lüge weniger schlimm? Alea verfolgte noch eine halbe Ewigkeit ihren Gedanken und irgendwann waren einige Stunden vergangen, in denen sie einfach nur da lag. 

Auf einmal klopfte es an der Tür. Alea wusste, dass die Küche im Salon stand und sie den Raum, deshalb nicht für sich beanspruchen konnte, weshalb sie ein „Herein" nuschelte. Die Tür knarrte langsam  auf und ein Kopf lugte durch den Spalt. Es war Lennox.
„Können wir reden?", murmelte er beklommen. Ihr war klar, dass kein Weg dran vorbei führte und gab nach.
„Okay", antwortete sie daher und setzte sich auf. Dankend nahm Lennox auf dem anderen Sofa Platz. Seine breiten Schultern hingen nach unten und seine sonst so wachen Augen schienen erschöpft.

„Ich wollte das nicht - das Alles", seufzte er und ballte die Hände zu Fäusten, als würde er sich selbst für die ganze Situation hassen.
„Und wieso kam es dann dazu?", wollte Alea wissen. Lennox fuhr sich mit einer trüben Geste durchs Haar, welches ihm tief in der Stirn hing.
„Als Cassaras und ich dich und Thea auf Loreley alleine gelassen haben, sprachen wir über künftige Geschehnisse", begann er.
„Irgendwann meinte er, ich müsse  etwas wissen - etwas über Thea. Cassaras erzählte mir von Orions Plan, ihren Trainingseinheiten und wie sie in Aktion war".

Alea legte den Kopf schief.
„Er hat also gesehen, wie sie im Modus war?", wundert sie sich. Versunken nickte Lennox, als könne er auf Cassaras' Erinnerungen zugreifen.
„Thea soll mal versucht haben aus ihrem Zimmer zu kommen. Sie hat richtig Lärm gemacht. Inzwischen wissen wir ja, dass sie sich teils selbst verletzt hat, um von Orion zu sich gerufen zu werden. Jedenfalls schickte der Doktor einen Darkoner, welcher sie dazu bringen sollte, ruhig zu sein.Thea weigerte sich selbstverständlich", erzählte er. Alea ahnte schon in welche Richtung das Geschehen sich entwickeln würde.
„Damals versuchte der Darkoner sie zum ersten Mal in den Kerker zu stecken. Als er handgreiflich wurde und Thea sich verteidigte, schien sie wie weggetreten, erzählte Cassaras. Ihr Blick war emotionslos während sie kämpfte. Ihr schien es fast schon egal, ob sie den Darkoner verletzen könnte. Cassaras selbst war zu diesem Zeitpunkt auch in der Villa, bekam das Ganze mit, woraufhin er zu Forschen begann und anschließend von diesem Kraut Verduil erfuhr", erklärte Lennox alles ganz genau. Alea bemerkte, dass sie eine Gänsehaut bekam. Genau den selben Vorfall, hatte sie heute auf der Crucis beobachtet.

 „Cassaras meinte, ich solle euch davon nichts erzählen und lediglich ein Auge auf Thea werfen. Er redete mir ein, ich würde euch beschützen. Als er  mich schließlich bei unserer Abreise von Loreley fragte, ob ich auf Thea ebenfalls Acht geben würde, fragte er eigentlich, ob ich für ihn lügen würde und ich willigt ein". Lennox atmete hörbar aus.

„Als du schließlich trainieren wolltest, war ich mir nicht sicher, ob ich das zulassen sollte. Wir haben Thea schon ein paar Mal gesehen, wie sie ihre Stunts aufführte und ich redete mir ein, dass sie eventuell garnicht in den Modus verfallen würde. Immerhin passiert das eher zufällig bei ihr", erklärte er sein Verhalten. Alea sah ihn mitfühlend an und setzte sich neben ihn auf das Sofa.
„Ich trug das Ganze schon viel zu lange mit mir rum und ich wusste nicht wie du reagieren würdest, Alea. Ich dachte ich tue das Richtige", entschuldigte er sich verzweifelt und ließ den Kopf in die Hände sinken. Sie musste einen Stimmungsspiegel nicht sehen können, um zu erkennen, dass es ihm elend ging. Sie legte ihre Arme um ihn und zog Lennox näher an sich ran. Ihren Kopf vergrub sie unter seinem Kinn.
„Ich weiss, dass du das gut gemeint hast", flüsterte sie in sein T-Shirt. Wenn sie nochmal in sich horchte, erkannte sie, dass sie nie wirklich wütend auf ihren Krieger gewesen war, viel mehr entsetzt und geschockt. 

„Kannst du mir verzeihen?", hauchte ihre Lennox verletzlich entgegen.
„Das habe ich schon längst", versicherte Alea ihm daraufhin und sah wieder auf. Sie waren einander so nah, dass sie den Atemzug des Anderen spüren konnten. Fragend blickte sie auf seine Lippen und ehe sie sich versah hatte Lennox bereits seine  Hand an ihr Gesicht gelegt, beugte sich vor und küsste sie. Er schien sich langsam zu entspannen und legte die andere Hand auf Aleas Taille. Sie war unendlich dankbar, dass sie diese Unannehmlichkeiten geklärt hatten, denn sie hasste es sich mit Lennox zu streiten. Er zog sie noch näher an sich ran und schien sie nie wieder loslassen zu wollen. Alea ging es nicht anders und sie erlaubte sich für einen kurzen Augenblick im Moment schwelgen zu können. Plötzlich spürte sie das Sofa nicht mehr und hatte das Gefühl zu schweben. Es kam ihr so vor als würde ein Wind, der Freude ihre Haare in die Luft wehen.  Alea öffnete verwundert die Augen und löste sich von Lennox. Kaum hatte sie das getan, sank sie auch schon wieder zu Boden.
„Ein Bussi-Tunnel", lachte Lennox daraufhin verlegen. Auch Alea wurde rot und sah schmunzelnd zur Seite. Es war eine gefühlte Ewigkeit her, dass sie einander wieder so nah sein konnten und sie hatte das Gefühl unendlich vermisst. Lennox sah wieder zu ihr und schien seine Verlegenheit beiseite geschoben zu heben, denn er hatte wieder den Blick aufgesetzt. 

Sie wollte ihn gerade wieder küssen, da hörte sie eine Stimme etwas vom Türrahmen rufen.
„Schneewittchen und Scorpio  haben sich jetzt auch vertragen!" Als Alea sich von Lennox abwandt sah sie Sammy im Salon stehen. Er schien es nicht für nötig gehalten zu haben, zu sagen, dass er ebenfalls anwesend war.
„Wie lange stehst du da schon?", fragte Lennox mit schief gelegten Kopf.
„Und was bedeutet auch?", setzte Alea gleich hinterher. Sammy ignorierte Lennox' Frage und drehte sich gleich zu Alea.
„Cassaras und Thea haben sich inzwischen auch ausgesprochen", erklärte Sammy zufrieden. Immerhin verwaltete er die gute Laune an Bord. 

Alea wusste, dass Cassaras Thea erzählt hatte, dass er bereits von ihren Fähigkeiten wusste, was sie sehr aufgewühlt hatte.
„Allerdings ging das bei ihnen etwas schneller als bei euch", ergänzte Sammy prüfend. Verwundert zog Alea eine Braue hoch. Cassaras war sehr stur und Thea machte einen stolzen Eindruck auf sie, weshalb sie davon ausging, dass die beiden länger für eine Versöhnung gebraucht hätten. Allem Anschein nach, lag sie dabei falsch.
„Die beiden haben sich ein Weilchen alleine unterhalten und als sie schließlich aus der Mädchen-Kajüte kamen schien alles geklärt zu sein", beschrieb Sammy, während er sich kopfüber auf das zweite Sofa setzte. Nachdenklich ließ er die Arme auf dem Boden baumeln.
„Ich glaube Cassaras hat sich Thea gegenüber etwas zu sehr geöffnet, denn er wirkte nach dem Gespräch noch mürrischer als zuvor. Als wolle er seinen Aussetzer wieder ausgleichen", analysierte er das Geschehen.  Alea hatte bereits bemerkt, dass Cassaras in Theas Nähe oft wie ausgewechselt war. Als er auf Loreley dachte, sie wären alleine, ließ er sich sogar von ihr umarmen, was für den Finsterling eine richtige Meisterleistung war. 

„Ist Cassaras noch da?", erkundigte sie sich schließlich.
„Er ist gerade dabei zu gehen. Wenn ihr euch beeilt könnt ihr ihn noch abfangen", hetzte Sammy sie. Das ließ sie sich nicht zweimal sagen und rannte nach oben. Tatsächlich schien Cassaras gerade ins Wasser springen zu wollen. Als er Alea bemerkte blieb er stehen. Sein Umhang wehte im Wind, während er auf sie zu ging. 

„Habt ihr alles klären können?", fragte er.
„Ja, das haben wir", antwortete Alea. Sie hätte  schwören können, Erleichterung in seinen Augen zu erkennen.
„Du solltest den Umhang fragen, ob es noch weitere solcher Zwischenfälle geben  wird. Nur um sicher zu gehen", schlug er vor und bemühte sich so zu tun, als sei es ihm eigentlich egal. Plötzlich hing Alea ein dicker  Kloß im Hals. Nun war es soweit. Sie musste ihm erzählen, was passierte, nachdem sie den Turm an jenen Tag verließen.  
"Ich habe  den Umhang nicht mehr", presste sie beschämt hervor. Schlagartig war der alte Cassaras wieder da. Sein Kiefer verhärtete  sich, während seine Augen sie erschrocken durchbohrten. 

„Was meinst du mit ‚du hast den Umhang nicht' ?", fragte er zornig. 

Alea Aquarius Band 7 (Fanfiction)Où les histoires vivent. Découvrez maintenant