How I met your mother

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Es war eine schlechte Idee. In dem Moment, da sie die Augen schloss, sackte sie in halsbrechendem Tempo Richtung Nichts, was einfach war, da überall nichts war.

Sofort riss Natalie wieder die Augen auf und schrie. Wow, wie heldenhaft, dachte sie und ruderte mit den Armen, doch es half nichts. Sie fiel und fiel und der Wind heulte in ihren Ohren.

Dann gab es einen lauten Knall und wieder schlug sie, ohne den Boden gesehen zu haben, auf einen harten Untergrund.

Scharfer Schmerz schoss durch ihren Rücken und betäubte ihr den Atem. Nach Luft ringend blieb sie eine Weile liegen, bis der Schmerz weniger wurde.

Natalie rappelte sich auf und stöhnte. Ihr Rücken und ihr Arm protestierten heftig und als Natalie sah, wo sie sich befand, hatte sie auch große Lust, zu protestieren.

Es war immer noch ein Nichts, ein nerviges, goldenes Nichts. Der Boden bestand aus hartem Metall, vermutete sie und der Wind war so stark, dass er ihr Haar senkrecht in die Höhe wirbelte, sodass sie sich den Fetzen, den sie als Verband benutzt hatte, als Haarband um den Kopf schlang. Natalie schwor sich, wenn sie das hier überlebte, sich sofort die Haare zu waschen.

Der Boden dröhnte. Ein Pfeil brach aus ihm heraus, drehte sich einmal um sich selbst und zeigte in Richtung Osten.

Seufzend schnappte Natalie sich ihre Tasche. Sie war viel leichter als vorher. Die Teller und die Wasserflaschen waren im Flug durch das Nichts rausgefallen, ebenso wie das Ambrosia und der Nektar. Ausgerechnet ihre schmutzigen Klamotten waren an dem Pfeil, der sich durch den Stoff gebohrt hatte, hängen geblieben.

Sie machte sich auf den Weg durch das Nichts. Langsam, sodass man es gar nicht wirklich mitbekam, und erst realisierte, als es schließlich geschehen war, bildete sich aus dem Nichts irgendetwas festes, ein Tunnel, der sich hoch über ihr wölbte. Es war eine Erleichterung, nicht mehr im Nichts gehen zu müssen. Das grelle Licht wurde durch den Tunnel gedimmt und auch der Wind ließ nach.

Den Weg zu sie-wusste-nicht-was nutzte Natalie, um über die Weissagungen nachzudenken.

Sie trat jetzt die letzte Station des in der Weissagung genannten Wegs an, oder, wie Apollo in ihrem Traum gesagt hatte, den Kern, den sie zerstören sollte. Hier unten waren die verschwunden Halbgötter und Halbgöttinnen und ihre Mutter. Natalie hatte Angst vor der nächsten Aufgabe. Sie hatte Angst, ihre Mutter zu treffen und sie zu zerstören. Sie konnte zwar kämpfen und sie hatte ihren Kopf bis jetzt aus jeder Schlinge ziehen können, doch erstens war sehr viel Glück dabei gewesen und zweitens war sie jetzt verletzt und erschöpft.

Das Apollo irgendwo im Nichts feststeckte und sie ihn retten musste, war ihr inzwischen klar. Was sie jedoch beunruhigte, waren die Verse  Die Blüte wird verwelken und ihre Samen strecken zu ihm, der fällt hinein in ihres Schwestern Hand. Wahrscheinlich war es eine Metapher. In Weissagungen gab es fast immer Metaphern. Doch sie war nicht gut im Gedichteinterpretieren und hatte, auch nach langem Kopfzerbrechen, keine Ahnung, was damit gemeint sein konnte.

Vor ihr glühte der Tunnel plötzlich auf und verformte sich zu einemTürbogen. Erschrocken wich Natalie zurück und zog ihren Dolch, doch der begann wegen der Hitze, die von der Glut ausging, zu schmelzen und deswegen stopfte sie ihn in die Tasche und nahm sich Wills Bogen und Pfeile.

Der Teil, um den das Feuer einen Bogen gezeichnet hatte, brach aus der Wand und gab einen Ausgang frei.

Mit vorsichtigen Schritten ging Natalie weiter und trat durch den Türbogen.

Sie stand in einem großen, hellen Raum. Links befand sich eine Treppe, die nach oben in eine Art Galerie führte, wo jedoch, von hier aus gesehen, nichts war. Auch der Rest des Raumes war leer, bis auf eine große, dünne Gestalt, die in einen dunklen Umhang gehüllt war.

Natalies Herz klopfte wie wild. Sie ließ die Bogensehne gespannt, obwohl sie das Gefühl hatte, das von der Gestalt keine Gefahr ausging. Oder jedenfalls keine, die man mit einer Waffe bezwingen könnte. Die Gestalt drehte sich langsam um und setzte die Kapuze ab.
Sie hatte dunkle Augen, wilde, dunkelblonde Locken und eine Narbe an der Stirn.

Josephine Bright löächelte ihre Tochter traurig an. "Natalie", sagte sie und ihre Stimme klang, als wäre sie erkältet. "Du bist da."

Natalie spürte Tränen in ihren Augen. Sie wurde von Emotionen überrollt, Trauer, Wut, Angst und Liebe. Millionen Fragen explodierten in ihrem Kopf, doch das Einzige, was sie rausbrachte, war: "Woher hast du den Mantel?"

Ihre Mutter lächelte müde. "Das ist nur Illusion, Natalie. Du siehst meinen Geist, nicht meinen Körper."

"Aber...was machst du hier?", fragte Natalie. Ihre Beine zitterten und sie hätte sich am liebsten hingesetzt.

Plötzlich wurde es hell, viel heller, als ihre Augen es ertragen konnten, sie kniff sie zusammen und sah sich hektisch um.

"SIE TRÄGT DIE FESSELN IHRER SELBST", dröhnte eine laute Stimme, die gleiche, die sie gehört hatte, als sich das Tor geöffnet hatte.

Natalie sah ihre Mutter an. Die seufzte.
"Ich glaube, ich schulde dir eine Erklärung."


Habe ich schon erwähnt, dass ich für Logikfehler nicht hafte? *smile* Gut, bis dann!

Natalie BrightWhere stories live. Discover now