Teil 9 Timothy

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Ich war wie erstarrt. Zwar hatte ich diesen  Verdacht und das mulmige Gefühl schon bei Hyos erster Erläuterung zur vampirischen Blutvergiftung, aber es jetzt nochmal direkt ins Gesicht gesagt zu bekommen ist doch etwas ganz anderes. Ich wollte etwas sagen aber aus meinem Mund drang kein Ton. Mir viel auch nichts ein was ich hätte sagen können. Ich wusste nicht was ich wiedersprechen oder zustimmen sollte. Nach allem was ich bisher über Vampire wusste war das äußerst einleuchtend. Ich rief mir nochmal in Erinnerung was ich bisher über Jonathans Vampierseite wusste. Dann lief es mir Eiskalt den Rücken runter. Wieder sah ich dieses Bild vor mir. Wie er mich mit zornfunkelnden Augen angestarrt hatte, mit meinem Blut an seinen Lippen und blitzenden Fangzähnen.
"A-Aber warum hab ich dann nie das Bedürfnis gehabt Blut zu trinken?", fragte ich, "Vampire ernähren sich doch von Blut, oder etwa nicht?"
Jonathan sah mich gequält an.
"So ganz stimmt das nicht. Wir brauchen das Blut um zu überleben ja, aber wir ernähren und nicht davon. Du hast mich ja auch schon allerhand anderes essen sehen."
Ich nickte.
"Das beantwortet aber meine erste Frage nicht."
"Vampire brauchen Blut frühestens ab dem achtzigstem Lebensjahr, da sie ab dort ihre eigene Lebensenergie aufgebraucht haben, Lebensenergie die in Blut vorhanden ist. Wenn sie danach kein Blut trinken werden sie im Alter eines 8-12jahrigen sterben. Je nachdem wann man seine Lebensenergie aufgebraucht hat. Man kann sie aber auch schon vorher davon abhängig machen, da auch jüngere Vampire diese natürliche Sucht besitzen. Wenn sie also Menschliches Blut sehen, bekommt ein Vampir, egal welchen Alters, Blutdurst. Es sei denn er ist gesättigt. Wenn du also noch nie menschliches Blut gesehen hast, kannst du auch noch keinen Blutdurst gehabt haben, da du zu jung bist."
Ich nickte wieder. Das alles waren zwar biologische Fakten aber Jonathan hörte sich trotzdem am als würde er sich versuchen damit zu verteidigen. Ihm war das Thema sichtlich unangenehm. Eine Frage hatte ich aber trotzdem noch.
"Was passiert mit einem jüngerem Vampier wenn er Blut trinkt?"
"Sein Alterungsprozess verlangsamt sich. Das ist aber ziemlich gefährlich.", diesmal hatte William mir geantwortet.
"Warum?"
"Vampire besitzen Elementare Energie. Diese wächst exponentiell mit dem Alter. Wenn dein Körper aber zu klein ist um diese Energie zu beherbergen fängt sie an deinen Körper von innen heraus zu zerstören. Das führt zu einem sehr schmerzhaftem Tod, wenn man es nicht rechtzeitig merkt. Sollte man es aber rechtzeitig bemerken gibt es mittlerweile Medikamente dagegen. Das aber auch erst seit etwa 400 Jahren."
Das machte mich erstmal sprachlos. Elementare Energie? Ich erinnerte mich wieder an diesen höllischen Druck mit dem Jonathan mich festgesetzt hatte. Das war dann wohl diese Energie gewesen.
"Warum weisst du das mit den Medikamenten so genau, Will?" Hyo klang ziemlich irritiert.
"Weil vor 400 Jahren der jüngste und letzte Sohn unseres Bruders geboren wurde. Er hatte von Geburt an eine ungewöhnlich Hohe Elementarenergie, daher hat Wolf alles daran gesetzt dass Medikamente dagegen entwickelt werden. Als König hatte er natürlich schnell ein Ergebnis. Auch wenn es bis zu 10 Jahren gedauert hat bis sie soweit einsatzfähig waren dass man sie dem Kronprinzen verabreichen konnte."
"Verstehe"
Dann herrschte eine Weile Stille. Jonathan hatte sich wieder hingelegt, Hyo saß in einem Sessel und William am Küchentresen, wo sonst immer der Meister saß wenn er mir beim Kochen zusah. Nur ich stand immernoch mitten im Raum und wusste nicht wohin mit mir.
"Warum setzt du dich nicht Junge?", fragte mich Hyo.
"Ich äh, ich keine Ahnung", Nuschelte ich und setzte mich schnell auf den anderen Sessel. Es war der Sessel, der näher an Jonathan stand.
Dann herrschte wieder Stille. Es war keine angenehme Stille.
Irgendwann ging Hyo, doch sie sagte sie würde morgen wiederkommen. Mit ihr ging auch William, auch er drohte an zurück zu kommen. Letzten Endes waren der Meister und ich seit dem Vorfall zum ersten Mal wieder allein.
"Na endlich,", sagte er während er sich wieder aufsetzte und zu mir drehte, "ich dachte schon die gehen nie."
Dann sah er mich eine ganze Weile lang schweigend an. Wir saßen bestimmt 5 min einfach nur da und haben uns angestarrt und den jeweils anderen gemustert. Einerseits war mir das unangenehm andererseits genoss ich es aber auch seine Gesamte Aufmerksamkeit zu haben. Nicht das ich die beim Kochen nicht auch hatte aber das wir irgendwie anders. Ich konnte auch seinen Blick nicht deuten. Es war ausdruckslos aber irgendwie doch nicht.
"Dich beschäftigt etwas." Stellte er dann fest. Ich nickte und begriff gleichzeitig was anders war. Er zeigte Interesse an mir. Nicht an dem was ich koche, wobei selbst das nur soweit ging dass ich ja nicht die Bude abfackel und etwas halbwegs Genießbares fabrizierte, sondern an mir. Ehrlich Interesse, er wirkte sogar etwas besorgt. Ich erinnerte mich wie ich in meinen Aufzeichnungen geschrieben hatte das Jonathan Bloods sich für fast gar nichts interessiert und war Stolz sein Interesse geweckt zu haben. Ich fühlte mich auserwählt.
"Na ja. Natürlich beschäftigt mich etwas. Ich meine es ist noch nichtmal 48 Stunden her, dass du mich angegriffen und fast getötet hast, dann bist du wegen einer Blutvergiftung von meinem Blut fast gestorben und dann erfahre ich auch noch das ich ein Halbvampir bin. Noch dazu kommt dein schräger Zwillingsbruder und eine Dämonin her und das, das war einfach ein bisschen viel."
Jonathan lachte leise.
"Kann ich mir vorstellen. Wie geht es dir eigentlich wegen dieser Sache?", er klang jetzt wirklich besorgt und irgendwie auch ein bisschen ängstlich.
Ich senkte meinen Blick.
" Na ja, das war ein ganz schöner Schock und ich hab auch Mal eine andere Seite von dir gesehen. Aber bei den Konsequenzen wirst du das bestimmt nicht nochmal machen."
"Nein. Da kannst du dir sicher sein."
Jetzt war ich derjenige der lachte. Aber nicht leise. Jonathan stimmte auch mit ein, bis er Husten musste und sich dann den Bauch hielt.
"Alles in Ordnung?"
"Ja geht schon. Kein Vergleich zu vor ein paar Stunden."
"Du Jonathan?"
"Mh?"
"Irgendwie fühle ich mich jetzt sogar sicherer als Vorher. Ich meine, jetzt kann ich mir zu hundert Prozent sicher sein dass du mir nichts mehr tust."
Er sah mich überrascht an. Dann lächelte er.
"Dann hatte die Sache ja wenigstens etwas Gutes."
Ich lächelte auch. Doch plötzlich musste ich gähnen.
"Da muss wohl jemand ins Bett?"
"Hä was nein, ich bin putzmunter."
Jonathan lachte wieder.
"Na los ab mit dir."
Wiederwillig gehorchte ich.
"Warte kurz."
Ich drehte mich um und sah zu wie er sich etwas schwerfällig erhob und zu mir kam. Dann nahm er mich in den Arm. Auch als er mich losließ sagte er nichts mehr. Aber das machte nichts. Er war noch nie sehr gesprächig gewesen.
Als ich mich ins Bett legte dachte ich nochmal über alles nach. Das Verhältnis zwischen mir und Jonathan hatte sich verändert. Ich glaube wir standen uns jetzt näher. Irgendwie gefällt mir diese Veränderung. Ich gähnte nochmal, dann schlief ich mit einem Lächeln auf den Lippen ein.

TimothyWhere stories live. Discover now