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2. Alarmstufe Rot

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Ich hatte Amy den gesamten Tag über nicht mehr gesehen. Selbst in der Mensa war ihr Platz leer geblieben. Sie musste noch immer ziemlich sauer auf mich sein, den Pizza-Montag ließ sie sich sonst nie entgehen. Grübelnd brachte ich also den letzten Kurs für diesen Tag hinter mich und begab mich anschließend auf direktem Wege zu unserem Clubraum. Als ich den langen Schulkorridor entlanglief, hoffte ich darauf, Amy vielleicht doch noch davon überzeugen zu können, unseren Literatur-Club nicht zu verlassen, und legte mir bereits gedanklich ein paar Argumente zurecht.

Als ich unseren Raum endlich erreicht hatte, schloss ich die Finger um die Klinke und atmete einmal tief ein, bevor ich die Tür mit einem Ruck öffnete. Zu meiner Enttäuschung war Amy nicht anwesend, aber wenigstens auf Lauren und Jackson war Verlass.

„Hey!", rief ich meinen Freunden zu, woraufhin beide von ihren Stühlen aufsprangen und mich stürmisch umarmten. Durch die vorangegangenen Ferien hatten wir uns einige Zeit nicht gesehen.

Nach unserer Begrüßung ließ ich meinen Blick durch den Raum schweifen. Ursprünglich war dies das Büro eines Lehrers gewesen aber als der Neubau fertiggestellt wurde, durften wir das Zimmer für unseren Literatur-Club übernehmen. Die Einrichtung war recht spartanisch, aber das störte uns überhaupt nicht. Die Kopfseite des Raumes war mit einem blauen Sofa ausgestattet. Ein runder Tisch mit vier Stühlen diente uns als Arbeitsplatz, während auf der gegenüberliegenden Seite lediglich ein deckenhohes Holzregal mit zahlreichen Ordnern platziert war. Die Möbel hatten ihre besten Jahre bereits hinter sich, allerdings machte das auch irgendwie ihren Charme aus.

„Woran arbeitet ihr denn schon so fleißig?", wollte ich von ihnen wissen und trat an den Tisch heran, um die darauf abgelegten Artikel zu inspizieren. Als ich den obersten Zettel in die Hand nahm, bemerkte ich jedoch, dass es sich um eine Ausschreibung für unseren Club handelte.

„Sie meint es also wirklich ernst, hm?", seufzte ich traurig, ohne den Blick von dem Papier zu heben. Ich war zwar enttäuscht, aber andererseits wollte ich ihr natürlich auch nicht im Weg stehen.

„Sieht wohl so aus, aber vielleicht finden wir ja ein neues Mitglied? Wir hängen den Zettel gleich ans schwarze Brett und warten mal ab, ob sich jemand meldet", entgegnete Lauren zuversichtlich, während sie nebenbei versuchte, eine ihrer braunen Locken mit einer Haarspange zu fixieren.

„Es wird sich ganz bestimmt jemand finden", schaltete sich nun auch Jackson ein. Daraufhin nickte ich zwar zustimmend, fragte mich aber, woher die beiden ihren Optimismus nahmen. Denn bisher gab es immer mal Mitschüler, die kurzzeitig bei uns mitgewirkt hatten, aber wirklich lange war niemand geblieben.

Nachdem wir uns noch ein wenig über unsere Ferien ausgetauscht hatten, verabschiedete ich mich auch schon wieder von den beiden. Ich hatte meiner Mom versprochen, heute pünktlich nach Hause zu kommen, um ihre ‚Überraschung' nicht zu verpassen.

Auf dem Weg nach draußen nahm ich die Ausschreibung mit und platzierte diese gut sichtbar auf dem schwarzen Brett, bevor ich das Schulgebäude verließ und den Parkplatz überquerte. Erleichtert stellte ich fest, dass der SUV nicht mehr in der Parklücke stand, denn auf eine erneute Begegnung mit Gabriel und seinen Kumpels hatte ich keine Lust. Es war mir wichtig, unter dem Radar zu fliegen. Das hatte ich bis zu diesem Schuljahr geschafft und daran sollte sich auch in Zukunft nichts ändern.

Als ich auf den Schulbus wartete, zog ich mein Smartphone aus der hinteren Tasche meiner Jeans und verfasste eine kurze Nachricht an Amy:

Hey! Sorry wegen heute Morgen. Wenn du zu den Schwimmern möchtest, ist das okay für mich. Lass uns nicht mehr streiten.

Ich musste gar nicht lange warten, da änderte sich der Status meiner Mitteilung auch schon von ‚zugestellt' auf ‚gelesen' und es wurde angezeigt, dass Amy eine Antwort verfasste:

(In)Visible - How To Survive Senior High SchoolWo Geschichten leben. Entdecke jetzt