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Wir springen, rennen, ja, wir fliegen fast über den Boden.
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Markus
Als wir im Lager wieder angekommen, ist es nicht so still, wie ich erwartet hätte. Raban, Joschka, Terry und Marry sind wieder da und zwischen ihnen erblicke ich Juli. Ein Lächeln umspielt seine Lippen, als er mich erblickt. Die anderen sehen mich erwartungsvoll an. „Markus, lang nicht mehr gesehen!", begrüßt mich Juli. Wir schlagen uns ein. Dann setzen wir uns zu den anderen. „Ich hätte gedacht, dass du später kommst. Hast du Deniz schon gefunden?", fragt Joschka. „Noch nicht ganz. Ich weiß jetzt, wo wir ihn finden können.", erkläre ich. „Er wohnt in München. Die Adresse und seine Nummer habe ich hier. Haben den sich die anderen sich schon gemeldet?", frage ich. Die Blicke der anderen sind schon Antwort genug. „Nein. Von Leon haben wir noch gar nichts gehört und Maxi und Fabi sind auch nicht weiter gekommen. Nichtmal Juli konnte heraus finden, wo sich diese Tiger aufhalten.", erklärt Raban.

„Dann sollten wir die Zeit sinnvoll nutzen und schonmal trainieren.", meine ich.
Es hat überhaupt keine Überredungskünste gebraucht, nachdem ich ausgesprochen habe, sind alle aufgestanden. Terry hat den Ball geholt und die anderen sind schon in den Wald gelaufen. Nur Lilli sitzt noch auf dem Baumstamm. „Komm Lilli, schau uns wenigstens zu. Dann bist du nicht so alleine.", meint Terry und zieht sie schon hoch. „Wir werden schon aufpassen, dass du keinen Ball abbekommst.", grinst Terry und zieht Lilli, die nicht wirklich begeistert aussieht, hinter sich her. Ich laufe an ihr vorbei und bereite mich vor. Von der Entfernung aus, kann ich noch Lilli sehen. Sie erschreckt sich, als Terry den Ball zu Joschka schießt. Ich laufe mich frei und Raban schießt zu mir. Ich renne über den Boden, springe über Baumstämme und erwische den Ball gerade noch so. Ich lenke ihn zu Marry, die auf den Ball schon gewartet hat. Ich rutsche noch einige Meter über den Boden, bevor ich aufstehe und weiter renne.

Wir schießen den Ball immer weiter. Rennen immer tiefer in den Wald, alles um mich herum habe ich vergessen. Es verschwimmt vor meiner Sicht, aber dennoch kann ich die Unebenheiten zu meinem Vorteil nutzen. Wir springen, rennen, ja, wir fliegen fast über den Boden. „Markus!", ruft mich Düsentrieb. Ich bleibe stehen, die anderen schießen den Ball weiter. Ich drehe mich um. „Markus." „Markus." „Markus!"
Immer mehr stimmen vermischen sich, bis ich sie nicht mehr unterscheiden kann. Nur Düsentrieb höre ich heraus. Sie ruft nach mir.

Ich realisiere erst wieder wo ich bin, als mich eine Hand an meinem Arm schüttelt. Ich blicke mich nach der Hand um. Und da steht sie. Nein, das tut sie nicht. Ich schüttel meinen Kopf und sehe Lilli, die mich besorgt anschaut. Sie zeigt auf den Boden. Einige Meter hinter mir liegt der Ball. Die Anderen stehen um mich verteilt und auch sie sehen mich besorgt an. Ich drehe meinen Kopf zum Boden. Sie sollen es nicht sehen. Sie sollen sich keine Sorgen machen. Verdammt, ich will einfach das es aufhört.

Lilli ist die erste, die sich bewegt. Sie läuft an mir vorbei und hebt den Ball auf. Diesen drückt sie mir in die Hand. Als ich in ihr Gesicht schaue, lächelt sie schwach. ‚Du kannst das.', formt sie tonlos mit ihren Lippen. Ich nicke, stelle mich aufrecht hin und drücke das Leder zwischen meinen Fingern. Einen Augenblick schließe ich meine Augen und atme tief durch. Dann lasse ich den Ball fallen und schieße ihn mit aller Kraft in den Wald. Die anderen folgen ihm. Ich nicke Lilli dankbar zu, bevor ich den anderen hinterher renne.

Die nächsten zwei Stunden ignoriere ich ihre Stimme, bis sie verstummt. Alles an was ich denke ist der Ball, der im hohen Bogen auf mich zu kommt. Dieses Mal leite ich ihn zu Joschka um, der ihn wieder  zu Marry schießt. „Hey.", ruft Maxi, „Leon ist wieder da!". Ich schaue zu ihm auf und er grinst. Lilli, die einige Meter neben mir auftaucht, sieht erleichtert aus. Dafür das sie so unsportlich sein soll, hat sie es ziemlich gut gemeistert. Sie hat es geschafft, die ganzen drei Stunden in unserer Nähe zu bleiben und das ohne auch nur einmal den Ball abzubekommen. Zumindest bis jetzt.

Raban hat Maxi nicht gehört und sieht ihn erst, als er schon am Ball ist. Er schießt, verliert dabei aber sein Gleichgewicht. Der Ball geht zu Lilli, die diesen nicht mal bemerkt. Ich glaube, dass sie einfach froh ist, sich hinzusetzen. Ich sprinte los. Maxi, der den Ball ebenfalls gesehen hat, tut es mir gleich. „Scheiße, Lilli!", ruft Raban.
Ich komme eine Sekunden vor Maxi an und schaffe es noch den Ball abzuwehren. Dabei renne ich jedoch in Maxi rein, der zu Boden geht. Lachend schupst er mich runter. „Dieses mal war es aber nicht meine Schuld!", lacht er. Lilli steht schmunzelnd vor uns und reicht uns ihre Hände. Die anderen kommen ebenfalls auf uns zu gerannt. „Lilli, alles gut?", fragt Raban sofort. Lilli nickt und lächelt Raban an.

Wir laufen zurück ins Lager. Leon und Vanessa sitzen am Lagerfeuer. Leon hält eine Wasserflasche in der Hand und drückt sie zusammen. Beide sehen niedergeschlagen aus. „Marlon und Horizon werden nicht kommen.", sagt Leon, bevor irgendjemand fragen kann. Er hat nicht mal aufgeblickt. „Was warum?", fragt Raban enttäuscht. „Sie sagten, dass sie aufgehört haben mit Fußball.", erklärt Vanessa und legt Leon ihren Arm um die Schulter. „Aber warum?", fragt Joschka verwirrt, „Für die beiden war Fußball doch das wichtigste."
Leon blickt nun endlich zu uns auf. „Weil sie geschlagen wurden.", sagt Leon knapp. Aber Maxi hat gegrinst, er sah glücklich aus. Was um alles in der Welt ist hier los?

„Gegen Jonah.", klärt uns Vanessa auf. „Sie haben uns erzählt, wie stark Jonah wäre. Er hat allein gegen sie gespielt.", sagt Leon dazu. Verwirrt blicken wir uns an. „Sie haben den Glauben an sich verloren. Sie sagten, dass uns das gleiche passieren wird. Wir können nicht gewinnen.", während Leon das sagt, wirkt er müde und angreifbar. Es scheint, als hätte Leon seinen Kampfgeist verloren. Ebenso Vanessa. Ihre Stimmung färbt sich auf uns ab. Wir alle setzen uns und schauen betrübt auf den Boden. „Und was heißt das jetzt?", fragt Terry. Leon seufzt. „Das heißt, dass es die wilden Kerle bald nicht mehr geben wird.", sagt Leon.

Maxi und Lilli sind die einzigen, die noch stehen. „Noch haben wir nicht verloren!", sagt Maxi. Leon's Stimmung ändert sich. Er steht auf und schaut verletzt und böse zu Maxi. „Kacke verdammte, Maxi. Klette und Nerv sind dabei zu packen und auch Fabi ist schon abgehauen. Marlon, Horizon und Deniz sind nicht mal aufgetaucht. Wir haben keine Chance. Egal was wir machen werden. Die wilden Kerle wird es nicht mehr geben!", brüllt Leon. Klette und Nerv setzen sich zu uns. „Ist das wahr?", fragt Maxi seinen Stiefbruder. „Du hättest die beiden sehen müssen.", sagt Nerv leise, „Sie sind nicht mehr die selben."
Maxi gehen die Worte aus, aber er bleibt stehen. Er glaubt noch immer an unseren Sieg. Aber er schweigt. Und keiner von uns weiß, was wir tun sollen.

„Das ist alles was ihr dazu zu sagen habt?", fragt Lilli plötzlich aufgebracht. Wir alle schauen verwirrt zu Lilli. Auch wenn ich erst gestern mit ihr gesprochen habe, klingt es, als würde ich das erste mal ihre Stimme hören. „Als Vanessa und ich damals noch im Kontakt standen, hat sie mir von der wildesten Fußballmannschaft der Welt erzählt, die vor nichts und niemanden Angst hat. Verdammt, Leon! Du hast diesem Micky die Stirn geboten, als du neun Jahre alt warst. Raban, der Held, willst du dich jetzt wie ein Weichei verstecken? Und du Joschka? Was ist mit dir? Du hast es allen gezeigt, die nicht an die geglaubt haben. Nerv, du hast mir die Stirn geboten, ohne mit der Wimper zu zucken, du hast keine Angst. Genauso wenig wie du Klette! Vanessa, ich kenne dich schon so lange. Du bist Vanessa, die Unerschrockene! Und Markus, was ist mit dir? Willst du jetzt wirklich den Schwanz einziehen?", entsetzt sieht sie uns alle an. Wir alle sind noch zu perplex um zu antworten. Nur Maxi stimmt ihr bei. „Es kann doch nicht sein, dass ihr euch in eure Hosen macht, nur weil irgendwer meint, dass ihr es nicht schaffen könnt. Wenn es einer schafft, dann ihr.", sagt sie. Als wir nichts erwidern, schnaubt Lilli. Sie dreht sich um und geht.

„Ey, wo willst du hin?", ruft ihr Maxi nach. „Wohin wohl? Ich rücke diesen Marlon und seiner Freundin den Kopf zurecht!" brüllt sie zurück. „Wir kommen mit!", sagt nun Blossom, die aus ihrem Zelt kommt. „Ich werde mich nicht verstecken.", sagt sie und läuft ihr hinter her. Maxi tut es ihr gleich. „Achja? Und wie?", will Leon wissen. Lilli blickt ihn eindringlich an. „Das wirst du schon sehen!", ruft sie zurück. Dann verschwinden die drei im Wald.

„Hat sie uns gerade angebrüllt?", fragt Joschka verwirrt. Vanessa beginnt zu grinsen, „Sie konnte schon immer sehr überzeugend sein."
*
Dieses Kapitel würde um 23 Uhr angefangen und um 5 Uhr morgens weiter geschrieben/beendet. Falls es komisch ist, es tut mir leid.

if love could speakWhere stories live. Discover now