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"Gibt es einen Trick dabei?" Hades musste abermals seine Augen verdrehen. Sein Bruder nervte seinen Hexer. Stattdessen musste er komplett allein nach der Mondgöttin wortwörtlich stöbern.

"Euer Gnaden", mischte sich Galil schlussendlich ein. Hades und Blaire blickten gleichzeitig von einem Buch auf und warteten auf seinen Kommentar. Der Hexer ignorierte den Gott des Himmels und zeigte auf ein Buch hin, das viel zu klein war, um es überaus zu durchstöbern. Das Band müsste erneuert werden. Doch blickte man es seitlich an, funkelte es wie ein lilaner Stein. Es reflektierte Licht und doch würde man es ohne Konzentration nicht einmal wahrnehmen.


 

Hades übernahm die Führung. Er wollte gerade vorgreifen, doch Galil hielt ihn auf.

"Nur reine Seelen haben die Befugnis." Hades hielt inne und wandte sich den Augenpaaren zu. Sein Blick landete auf seiner Kolina. Sie war die einzige reine Seele im Raum. Hercules zählte als Gott und Galil war ein Hexer. Und er selbst? Er glaubte, er war mittlerweile alles Mögliche, aber keine reine Seele. Er hasste es, sie mit reinzuziehen und schon gar hatte er bedenken, was auf sie zukam, aber es blieb ihm keine andere Wahl.

Blaire verstand auf Anhieb. Sie war nicht dumm um eins und eins zusammen zu zählen. Ihre Beine setzten sie in Bewegung, ehe irgendwer etwas sagen konnte, griff sie nach dem Buch. Es schien, als ob jeder der Anwesenden etwas erwartete. Aber nichts geschah. Rein gar nichts.

Hades deutete ihr mit einer Kopfbewegung zum Tisch hin. Zaghaft setzte Blaire das Buch auf den Tisch und ließ es auf einer X-beliebigen Seite offen. Ein vergilbtes Blatt. Kein Buchstabe, keine Silbe.

Sie verstanden es nicht. Doch Galil war so dreist und stupste seine Göttin der Unterwelt zu Hades hin, der sie ohne weiteres auffing. Drei Mal klopfte er auf den Tisch, bevor Blaire und Hades förmlich in Luft verschwanden. Das Buch flatterte, aber keine Silben schienen aufzutauchen.

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Es stank. Zum ersten Mal roch sie etwas. Aber es stank für Blaire. Hades hingegen war immun gegen den Zauber, der sich um einen von Galils möglichen Illusionen handelte. Es sah so aus, als wären sie in einem Dschungel von komischen Pflanzenfressern gelandet.

Nachtaktive Tiere traten vor dem schwitzenden Paar in Vorschein. Es schien, als ob sie unter Beobachtung stünden.

"Was ist passiert?" fragte Blaire, nachdem ihre Augen die Umgebung aufgenommen hatten. Sie hatte keine Ahnung, warum ihre Haut sich klebrig anfühlte, noch verstand sie die absurde Luftfeuchtigkeit.


 

Hades konnte es sich selbst nicht zusammen reiben.

"Ich weiß es nicht." Instinktiv ergriff er ihre Hand und versuchte, seine schwarzen Rauchwolken einzuholen. Doch es klappte nicht. Egal wie oft er es versuchte. Es klappte nicht. Anscheinend hielt man sie irgendwo gefangen. Blaire wollte keine Panik schieben und sie würde es nicht machen. Selbst nicht, als sie bemerkte, wie Kräfte von Hades aussetzten.


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"Wo sind sie?" Hercules war ahnungslos. Er wollte sich nicht einmal ausmachen, was seinem Bruder geschehen war oder gar Blaire.

Galil zuckte nur mit seinen Schultern. Es gab Mythen und Theorien, die meinten, man würde zu einer anderen Ebene, parallel zu der Zeit wo sie sich befanden, verschwinden, aber das war bis zum heutigen Zeitpunkt nicht bewiesen.


 

Um den Gott etwas zur Ruhe zu bringen, schmunzelte er ihm zu.

"Ihnen geht es gut. Die Unterwelt würde zusammenbrechen, wenn es keinen Herrscher geben würde."

"Was heißt das... ?" Hercules konnte die Frage nicht aussprechen, denn Galil hatte andere Pläne. Man erwartete ihn wo anders. Er verschwand mit einem Schnippen.

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Blaire beobachtete, wie eine Pflanze ihre Blüte aufriss und nach einem kleinen Insekt schnappte. Aus dem Seitenwinkel bemerkte sie, wie Hades nicht von ihrer Seite wich und auf einen speziellen Punkt starrte. Es schien, als ob ein heller Lichtstrahl die Pflanzen zum Schrumpfen brachte und einen Weg frei machte.


 

Blaire richtete sich auf, als der Strahl immer näher kam.

"Wir haben euch erwartet, euer Gnaden", eine weibliche, angenehme Stimme kam von einer kleinen, zierlichen Asiatin, die einen Kimono trug. Sie wies graue Haare auf und trotzdem strahlte sie eine ruhige Art aus. Es wirkte, als ob alle Sorgen verschwanden und sie ein unbekümmertes Gefühl zu spüren bekamen.


"Ich bin Jakazuri. Galil's Mutter"

Blaire atmete aus. Man konnte der Dame trauen. Schließlich war es Galil's Mutter. Hades musste eher seine Wut im Zaum halten. Galil musste davon gewusst haben. Hades fühlte sich von seinem Hexer betrogen. Auf der anderen Seite verriet er ziemlich wenig. Er war ein Hexer. Tricksen lag ihm. 

"Folget mir."

Sie hatten keine Wahl. Hades wusste es. Er verflocht seine Hand mit ihrer, bevor er Galil's Mutter zu einem aus gelben Rosen umzingelten Garten folgte. Die Sträucher schienen unendlich hoch zu sein. Inmitten der grünen Wiese stand eine Gestalt. Ihre Haare, gebändigt durch einen roten Schleier. Ihr Körper in einem seidenen Hemd, dass ihr bis zu den Knöcheln ging. Ein Lächeln setzte sich beim Anblick des Paares auf.

"Willkommen, in der Parallelen" fing sie, sobald das Paar vor ihr stand, an.

"Wir haben keine Zeit", rezitierte sie schon die Prophezeiung. Saphyr hasste Smalltalk. Sie kam immer zur Sache, wenn man sie aufsuchte. Sie hatte auch genug andere Dinge zu überwachen. Vor allem aber ihre kleinen Anführerinnen auf der Erde.

"Das Ungleichgewicht, welches zwei Seelen bringen. Wenn Schatten in die Enge getrieben wird, erscheint das Licht, aber nur dann, wenn der Schatten ihn willkommen heißt. Es geht nur zu zweit."

Blaire versuchte, es sich einzuprägen. Es blieb ihr keine Zeit, es ein zweites Mal zu hören, als ein lautes Ticken ihren Kopf zu dröhnen brachte und alles durch weiße Wolken vor ihren Augen verschwand. Sie landeten wieder in der Bibliothek vor Hades Bruder. Das Buch verschwunden, bis man die Mondgöttin wieder brauchte.

Kolina - Gottes Gnaden Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt