Kälte, Bourbon, Mord

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Shuichi Akais Sicht:

Ich hatte keine andere Wahl, als zurück zu meiner Gruppe zu gehen.
Das Bild, das sich mir darbot, hätte nicht seltsamer sein können. Camel, der Alice  seine Jacke aufzwingen wollte und Alice, die beständig versuchte ihn davon abzuhalten, ihr die Jacke umzulegen. Alice war ein ganzes Stück kleiner als Camel, sie war sogar ein wenig kleiner als Jodie, bemerkte ich und unterdrückte ein Schmunzeln.
Alice wirkte wie ein wütendes Kaninchen auf mich. Dazu noch der nervöse Schluckauf, den sie heute wohl nicht mehr los werden würde.
,,Seid wann benehmt ihr euch wie Kinder?“ Camel sah mich mit seiner Verbrecher Visage wie immer ziemlich ernst und unbeeindruckt an, doch ich sah ihm an, dass er ganz und gar unzufrieden war.
„Sie war Stunden lang in der Kälte verschwunden. Wenn sie nicht vernünftig ist, müssen es andere für sie sein“, sagte Jodie ebenfalls unzufrieden, aber fast schon mütterlich. Sie verstand es auf ihre Kollegen aufzupassen.
Unser Neuling trug noch immer die dünne Jacke, die vom rieselnden Schnee angefeuchtet und leicht durchsichtig war. Ihr Gesicht war blass vor Kälte, ihre Lippen blau und spröde. Ihre Augen tränten, gereizt von der eisigen Kälte und waren gerötet.
Ihre Handgelenke, die ich sehen konnte, weil sie Jodie und Camel abermals auf Abstand brachte, waren bereits rot. Ihr musste schrecklich kalt sein und mir wollte nicht klar werden, warum sie lieber fror.
„Genug mit dem Unsinn. Wenn du seine Jacke nicht willst, dann hol deine. Wenn du dich noch länger in dieser Erscheinung bewegst, landest du, eher früh als spät, im Krankenhaus.“
Um meine Aussage zu betonen, griff ich nach ihrem Handgelenk und legte ihre krebsrote Haut frei, die sich um ihr Handgelenk und die Fingergelenke schlängelten. Meine Haut war fast schon heiß und sie zuckte unter meiner Berührung zusammen, da sie ein Brennen bei ihr auslösten. Sie war kalt wie eine Leiche. Wut stieg in mir auf, weil sie sich nicht hören wollte.
Wie konnte man nur so schlecht für sich selbst sorgen?
„Nun geh schon. Du kannst dich auch ins Bett legen, wenn dir das lieber ist.“ Sie riss sich von mir los und würdigte mich keines weiteren Blicks, während sie auf ihr Zimmer stürmte, jedenfalls hoffte ich, dass sie auf ihr Zimmer ging.
„Wie sieht nun die Lage aus? Der Plan ist hin, nicht wahr?“
Jodie hatte es verstanden und Andre sicher auch. „Der Informant ist geflüchtet. Was mir mehr Sorgen macht, warum ist er hier. Hat sie sich verplappert, oder unser Informant?“ Es war zu verdächtig, dass ‚Bourbon‘ hier war. Ein Zufall war ausgeschlossen.
Alice musste etwas verraten haben, sie sahen eng miteinander aus. Aber der Informant hätte sich genauso gut verraten können, mit Absicht oder aus Versehen. Bevor ich keine Beweise hätte, würde ich Alice fürs erste vertrauen müssen. Sie sah selbst überrascht aus, als sie ihn sah, aber es konnte auch ein falsches Spiel gewesen sein.

„Die Polizei ist schon seit Stunden an dem Fall dran und noch keinen Schritt weiter.“ Mittlerweile war Alice wieder bei uns und hatte sich in eine dicke Wolldecke zusammen mit Jodie eingemummelt, während sie aneinander gelehnt zwischen Camel und mir saßen. Ich überkreuzte meine Arme, langsam wurde auch mir kalt.
Der Fall zog sich in die Länge und die Polizisten waren nicht sehr weit gekommen. Sie hatten gerademal die Verdächtigen verhört und die Beweise gesammelt. Aber was ihnen fehlte, war, dass das Opfer woanders ums Leben gekommen war.
Shinichi hielt sich aus dem Fall raus, was mehr an Ran lag, die ihn ständig bemutterte und wollte, dass er im warmen blieb.
‚Toru‘ saß, genauso wie wir, auf einer der Bänke und vertrieb sich irgendwie die Zeit. Er hatte offensichtlich kein Interesse an dem Fall, oder viel mehr wollte er nicht von hier weg, zumindest nicht all zu schnell.
Immer mal wieder warf er einen flüchtigen Blick in unsere Richtung. In Alice‘ Richtung.
>>Er weis also bescheid<<, dachte ich verbittert. Sie war wirklich nicht für Undercover geeignet. Sie gehörte an einen Computer, da hätte sie sich mit Sicherheit längst als nützlicher erwiesen.
Torus Blicke blieben unerwidert.
Entweder konnte er wirklich so gut Schauspielern, oder er war ernsthaft über ihre Ablehnung enttäuscht.
Der Verdacht, dass sie uns verraten haben könnte, löste sich allmählich in Luft auf, aber noch war er präsent.
„Kannst du den Fall nicht für die Polizei lösen? Dann könnten wir endlich auf unsere Zimmer zurück. Es war schon schwer eine Decke zu besorgen, einer der Polizisten musste mich begleiten.“ Schniefend und zitternd saß sie rechts von mir. Sie vermied es, mir zu nahe zu kommen, als hätte sie Angst davor, von mir getadelt zu werden. Ihre Wärme war so verführerisch, dass ich sie am liebsten an mich gezogen hätte, ich verbot es mir allerdings. Nicht nur, dass es eine äußerst unangenehme Situation wäre, Alice würde sich schrecklich unangenehm dabei fühlen, mir so nahe zu sein. „Warum macht dein Freund das nicht für uns?“ Blinzelnd sah sie mich mit ihren müden Augen an. Sie sah aus, als wäre sie wohl eingeschlafen, wenn sie nicht das Wort ergriffen hätte. Die anderen beiden wurden ebenfalls hellhörig. ,,Toru ist…“
Abwartend wandte ich mich ihr zu. Sie seufzte unter meinem stechenden Blick und nickte artig. „Toru sagte mir, dass dein Informant etwas zurückgelassen hat. Es war so offensichtlich, dass es eine Falle war. Das Toru hier ist, ist kein Zufall, obwohl Sonoko sie alle eingeladen hat, denn ihrem Vater gehört die Anlage.“ Sie richtete sich etwas auf, als glaubte sie, dass ihr das mehr Autorität verschaffen würde. Oder mehr Selbstvertrauen? Zu ihrem Bedauern wirkte sie dadurch nur noch kläglicher. „Toru ist hier, weil er auf mich aufpassen will. Er konnte mir aber nicht sagen, ob noch andere hier sind.“ Sie sah mir mit festem Blick in die Augen und ich glaubte ihr. Wäre es eine Lüge, hätte sie sicher etwas anderes, etwas kompliziertes gewählt. Wenn sie log warf sie mit Erklärungen um sich, die nicht alle Sinn ergaben. Doch dies war so simple, dass es nur wahr sein konnte. „Wenn wir nicht darauf vertrauen können, dass er allein ist, sollten wir auf der Hut sein. Du solltest auf der Hut sein.“ Sie verstand genau, was mir Sorgen machte und senkte den Kopf.
Mittlerweile hatte ihr Gesicht wieder eine gesündere Hautfarbe und ihre Lippen waren fast Kirschrot, von der Hitze des Kaffees, den sie vorher getrunken hatte.
„Ich werde mich darum kümmern.“

Undercover ( Detektiv Conan FF) Where stories live. Discover now