Ungeahnter Täter

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Die Ereignisse hatten sich bereits mehrfach überschlagen. Nicht nur das ich meine erste Gehirnerschütterung hatte, nein. Ich war auch noch die Hauptverdächtige in einem Mordfall. Nicht zu vergessen, dass ich noch durchnässt von dem Blut des Opfers war. Meine Haut klebte und es juckte wie verrückt. Duschen wurde mir verwehrt, ich könnte Beweismittel verschwinden lassen. Mir wurde schlecht, sobald ich das viele Blut sah und so vermied ich es, meine Augen zu öffnen.
Selbst als mich die Polizei verhörte riskierte ich keinen Blick, auch nicht als ich aufstehen musste und woanders hingebracht wurde.

,,Das hilft nicht viel, aber ich denke das es immer noch besser ist, als so, wie es jetzt ist."
Masumi hatte sich nach meinem Verhör mit dem Polizisten zu mir gesetzt.
Etwas nasses berührte mein Gesicht.
Es fühlte sich seltsam an, während Masumi mir mit dem feuchten Tuch das getrocknete Blut vom Gesicht schrubbte. Eisern presste ich meine Lippen aufeinander, aus Angst, mir könnte das blutige Wasser in den Mund laufen.
Sanft arbeitete sie sich von meiner Stirn, bis über meine Schläfen und Nase, zu meinen Wangen und der Mundpartie. Meine Haut spannte, doch nach und nach fühlte es sich besser an. Es platschte kurz, was mir verriet, dass sie eine Schüssel neben sich hatte, um das Tuch zu säubern. Schnell schrubbte sie mein Gesicht weiter und ließ dabei keinen Millimeter aus. Es tat weh, besonders an meinen Augen, aber ich beschwerte mich nicht bei ihr. Mir war es viel wichtiger, das Blut ab zu bekommen.
Nachdem mein Gesicht scheinbar sauber war, machte sie an meinen Armen weiter. Dort rieb sie um einiges fester. Meine Haut brannte am Ende überall.
,,Hast du je zuvor schon mal eine Leiche gesehen?"
Natürlich hatte ich das. Schon einige. Und die erste hatte ich ebenfalls an einem Strand gesehen. Es war ein Mann, der einen Juwelier ausgeraubt hatte und mit dem Auto ins Meer gestürzt war. Er war in dem Wagen gestorben und ein junger Mann hatte ihn damals aus dem Fahrzeug geborgen.
Es wurde mit keiner Leiche leichter, diesen Anblick zu ertragen.
,,Ja, doch es ist das erste Mal für mich, dass ich verdächtigt werde und aussehe als wäre auf der Schlachtbank gewesen." Masumi brummte zustimmend und wusch das Tuch erneut aus, ehe sie es mir in die Hand drückte.
,,Wasch dir damit deine Hände, du solltest auch deine Beine abwischen. Das sieht übel aus."
Ich verstand, dass sie den Rest mir überlassen wollte, jedoch wollte und konnte ich das viele Blut nicht ertragen. Obwohl ich es gewohnt sein müsste. >>Manche gewöhnen sich wohl einfach nie an den Anblick eines Toten. Oder Blut... << Ich wollte mich auch gar nicht daran gewöhnen. Wenn ich diesen Punkt irgendwann erreicht haben sollte, war ich mir gewiss, dass ich den Job an den Nagel hängen würde. Wo wäre denn meine Menschlichkeit, wenn mich der Anblick eines Toten nicht mehr beunruhigen würde?
Ich hörte die sich entfernenden Schritte Masumis und öffnete zögernd meine Augen. Das Tuch war schwarz.
,,Ich will nach Hause...", murmelte ich und wusch meine Hände in der Wasserschüssel. Und ich meinte nicht, dass ich bloß zuück in das Haus wollte, das man für meinen Auftrag gemietet hat. Ich vermisste meine Heimat, in die ich nicht zurück konnte, ohne mich in meinen Erinnerungen zu verlieren, vor denen ich davon lief.
Ich rieb mir mit dem Tuch über die Beine. Das Wasser war bereits so verdreckt, dass ich mit dem Tuch nicht mehr viel sauber machen konnte. Ein blasses Rot zierte meine, von England, blasse Haut. Es war dennoch besser, als die klebrigen und juckenden Krusten, die das Blut gebildet hatte.
,,Wir hätten noch ein paar Fragen an Sie", teilte mir ein molliger Polizist mit, der kurzgeschorene schwarze Haare hatte. Er hatte ein äußerst langweiliges Gesicht, welches man schon in der nächsten Sekunde vergaß. Im Gegensatz zu seinen bernsteinfarbenen, braunen Augen, die viel zu interessant für seine unauffällige Gestalt waren.
,,Und ich dachte, dass ich Ihnen schon alles erzählt habe", brummte ich und war mit meinen Nerven am Ende. Alles klebte und juckte. Ich wollte endlich duschen und mich von dem, inzwischen hart geworden, Stoff entledigen.
,,Tut mir leid", entschuldigte sich der Mann schwach und nur wenig überzeugend. Wie ich mich fühlte war ihm offensichtlich total egal.
Zum ersten Mal verstand ich, wie sich Verdächtige fühlten, wenn sie von vornherein unschuldig waren, ihnen aber, bis zur Klärung des Falls, niemand Glauben schenken wollte.
,,Die hier Anwesenden berichteten uns, dass Sie mit dem Opfer gestritten haben und Herr Ishida Ihnen sogar seine Zigarette ins Gesicht gespuckt haben soll", fuhr er unbeirrt fort und ignorierte mein offensichtliches Unwohlsein vollkommen.
,,Ganz recht. Das hat er. Er wollte mich außerdem schlagen, den Grund verstand ich nicht. Am Abend hat er mich beim Duschen belästigt. Er wollte das ich rauskomme und hat versucht die Tür gewaltsam zu öffnen", stellte ich meine Beziehung zum Opfer klar.
,,Ich bin mir sicher, dass ich nicht die Einzige bin, die ein Motiv gehabt hätte, um ihn umzubringen. Meine Freunde und ich sind zum ersten Mal hier. Herrn Ishida kannte ich kaum, die anderen sehen aus als kämen sie oft her", erzählte ich ruhig und musterte die anderen Camper.
Wenn man uns nicht dazu zählte, waren es 4 Frauen, drei Männer und ein Kind, das sich verzweifelt an den Saum der Hose seiner Mutter klammerte.
>>Sie kann man sicher ausschließen, doch der Vater?<<, überlegte ich und bemerkte den strengen Blick des Polizisten.
,,Da Sie die Hauptverdächtige sind, dürfen Sie sich nicht aus der Sicht von uns Ermittlern entfernen. Folgen Sie dem nicht, werden wir Sie vorläufig festnehmen."
Ich wollte etwas erwidern, mein Mund war trocken und ich bekam kein Wort raus. Der Polizist sah mich abwartend an. Müde winkte ich ihn einfach weg und setzte mich auf die Mauer, auf der ich zuvor gesessen hatte. Wann nahm das endlich ein Ende? Ich senkte den Blick zu meinen Füßen. Wohin sollte man schauen, wenn man unschuldig, aber verdächtig war? Ich war so müde und doch durfte ich nicht schlafen. Der Arzt hat mir davon abgeraten und so versuchte ich wach zu bleiben.
,,Wir finden den Mörder, mach dir keine Sorgen."
Conan stand vor mir und blinzelte mich aufmunternd an.
>>Sehe ich niedergeschlagen aus?<<
,,Das bereitet mir keine Sorgen. Ich fühle mich nur widerlich und mir tut alles weh."
,,Du hast eine Gehirnerschütterung, Schlaf wäre jetzt nicht gut für dich. Aber du solltest etwas trinken", sagte er lächelnd und reichte mir eine Dose, die er aus seiner Jackentasche hervorholte.
Es war eine der Mineralwasser Dosen, von heute Mittag. Alkohol zum Vergessen wäre mir tausendfach lieber gewesen, aber es wäre dafür auch tausend mal dümmer, in einer solchen Situation Alkohol zu trinken. Seufzend öffnete ich die Dose und nahm einen kleinen Schluck.
,,Du siehst aus, als hättest du bereits ein paar Verdächtige. Willst du mir erzählen was du herausgefunden hast?"
Hätte ich nicht solche Kopfschmerzen, die mich in den Wahnsinn trieben, hätte ich selbst nachgedacht, doch es war zu ermüdend und war wie ständige Schläge auf den Kopf. Ertappt grinste mich der Kleine verlegen an, sah aber so aus als wollte er es mir unbedingt erzählen. Sicher hätte er es mir auch gesagt, wenn ich nicht gefragt hätte, jedoch schreite er bereits nach einem interessierten Zuhörer.
,,Was soll das gespielte Verlegenheitsgetue? Spuck's aus!", forderte ich und sah ihn, mit in meine Hände gestützten Kopf, an.

Undercover ( Detektiv Conan FF) Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt