Verschwinde du Volltrottel

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„Ich denke du hast genug oder?"
Der großgebaute blonde Barkeeper mit dem lässigen Look schaute skeptisch auf seinen Gast der seit mehreren Stunden hier sass und sich anscheinend vorgenommen hatte, den kompletten Scotch-Vorrat leer zu trinken.
„Ich kann das gut alleine entscheiden." Lallte der Gast ohne aufzuschauen. Er starrte lediglich in das noch immer leere Glas vor sich. Neben ihm lag sein Handy, dass einen deutlichen Display-Schaden hatte, nach dem er mit der Faust wütend darauf geschlagen hatte.
Der Barkeeper musterte ihn, griff dann nach einer Flasche und kippte dann doch nach. Als er die Falsche wieder wegstellen wollte hielt der Gast ihn aber auf.
„Lass die hier... Ich brauch die noch." Lallte er und schaute sein Gegenüber aus trüben Augen an.
„Das Zeug ist verdammt teuer...!" sagte der Keeper.
Der Mann lachte. „Teuer? ... Was willst du haben... 1000...2000...?" Trüb sah er ihn an, zog sein Portemonnaie aus der Tasche und holte mehrere 100 Dollar heraus.
Der Barkeeper pfiff durch die Zähne. Anscheinend hatte er den räudigen Anblick seines Gastes falsch interpretiert. Hinter dem deutlichen 3-Tage-Bart, den schmutzigen Haaren und den durchgeschwitzten Sachen schien er mehr Geld zu haben, als der Barkeeper am Tag verdiente. Und was hatte er schon zu verlieren. Der Typ soff sich tot, aber seine Kohle würde hier bleiben.
Also stellte er ihm die Flasche vor die Nase und bediente dann einen anderen Gast.

In diesem Moment kamen 4 Frauen in die Bar. Sie lachten und hatten anscheinend auch schon das ein oder andere getrunken. Sie feierten anscheinend einen Geburtstag, denn eine von ihnen hatte einen Ballon dabei, auf dem Happy Birthday stand.
„Da vorne ist noch ein Tisch!" sagte die Dunkelhaarige und die Gruppe ging zu dem Tisch. Sie orderten eine Flasche Sekt und lachten und sprachen gut gelaunt miteinander.
Eine der 4en war Jacky.
Es war der erste Abend seit langem, dass sie sich wieder mit ihren Freundinnen traf und es tat wirklich gut. Sie hatte erst bei ihrer Freundin Laura auf dessen Geburtstag angestoßen und Kuchen gegessen. Jetzt wollten sie hier noch etwas feiern. Immerhin war diese Bar in der Partyszene bekannt und vor allem auch beliebt. Und später würden sie noch in einen angesagten Club gehen. Manchmal war auch in Jackys Leben alles einfach perfekt. Noch perfekter wäre es, wenn der Mann, den sie liebte, an ihrer Seite wäre.
Eine ihrer Freundinnen erzählte gerade von einer lustigen Szene heute auf der Arbeit. Jacky ließ ihre Blicke durch den Laden schweifen, doch dann stutzte sie.
War das etwa?
Sie musterte einen Mann, den sie wohl sonst niemals auch nur einen Blick gegönnte hätte. Er war schäbig und roch wahrscheinlich schlimmer als ein verfaultes Käsebrot. Doch irgendwas ließ sie immer wieder zu ihm schauen. Er hatte deutliche Ähnlichkeit mit jemandem, den sie nicht nur kannte sondern auch liebte.
„Entschuldigt mich kurz, Mädels." Sagte sie dann, stand auf und ging unsicher auf den Mann zu, der gerade den Rest einer Scotchflasche in seinem Glas leerte und es dann mit einem Schluck leer trank.
Als sie fast vor ihm stand, war sie sich sicher.
Er war es.
„Jeremy?" sprach er ihn vorsichtig an.
Jeremy schloss kurz die Augen, drehte dann seinen Kopf und schaute zu ihr.
„Was willst du... Lass mich in Ruhe." Sagte er dann.
„Was ist passiert... Ich... erkenn dich kaum wieder?!" Jacky war sichtlich geschockt. So hatte sie ihn nie gesehen.
Jeremy lachte gekünzelt. „Was soll passiert sein... Mein Leben ist fürn Arsch... Also wie immer... alles Bestens...."
Jacky war sprachlos. Wieso war er so abgestürzt. Sollte das alles nur wegen diesem Video passiert sein? War sie Schuld an dem Ganzen. Das erste Mal, seit dem sie das Video in Umlauf gebracht hatte, hatte sie ein schlechtes Gewissen. Sie wollte doch eigentlich nur, dass er sich trennt und sich dann für sie entscheidet. Doch jetzt sass er hier wie ein Penner.
„Jeremy ich mach mir gerade echt Sorgen um dich... Weiß Paul das du hier bist..." fragte sie dann.
„Paul ist nicht mein Babysitter.... Und jetzt verschwinde endlich und lass mich allein."
„Ganz bestimmt nicht...! Ich kann dich doch nicht deinem Schicksal überlassen... Du bist völlig betrunken."
„Oh... Blitzmerkerin! ... Geh mir nicht auf den Sack..."
„Jeremy... komm ich bring dich nach Hause... du hast eindeutig zu viel getrunken."
„Sag mal... welche Sprache spreche ich eigentlich... Ich hab dir gerade gesagt du sollst mir nicht auf den Sack gehen!" Bedrohlich sah er sie an.
Sie merkte zwar das Brodeln in seiner Stimme, schob es aber darauf, dass er betrunken war.
„Dann ruf ich Paul an und sag er soll her kommen und dich holen."
Jeremy starrte auf die Granitplate der Theke. Er wirkte im ersten Moment ruhig, doch dann schlug er mit der Hand auf die Platte und stand ruckartig auf.
„VERDAMMT NOCH MAL LASS MICH IN RUHE!" Wütend starrte er auf Jacky. Diese erschrak sich und ging einige Schritt zurück. Sie erkannte Jeremy nicht wieder und er machte ihr etwas Angst.
Der Barkeeper hatte innegehalten und schaute skeptisch auf die Beiden, griff aber noch nicht ein.
Jacky hob abwehrend die Hände.
„Es ist gut, Jeremy... Ich will dir nur helfen, ok?"
„Helfen?? DU willst MIR helfen?" Er lachte leicht. „DU willst auch nur mit mir ficken, meine Kohle und dann weg... Wie alle anderen von euch Scheißweibern auch!"
„Jeremy! Das stimmt nicht! ... Ich will dir wirklich helfen!"
„Helfen! Pah... mir kann nur einer helfen...!" Er zog eine Pistole aus der Tasche und hielt sie vor Jacky, zog sie dann aber zurück und sah sie sich an. Dann grinste er leicht. „Nur einer....!"
Jacky erschrak. Woher hatte er die Waffe und was wollte er damit. Jetzt bekam sie es wirklich mit der Angst zu tun.
„So jetzt reicht es aber!" rief der Barkeeper jetzt und kam hinter der Bar hervor. „DU.." er deutete auf Jeremy, „verschwindest jetzt oder ich ruf die Polizei!" Ernst sah er ihn an.
Jeremy musterte ihn.
„Ich dachte... du wolltest meine Kohle!" lallte Jeremy.
„Auf Gäste wie dich kann ich verzichten! Verschwinde oder du lernst mich kennen! ... Ich akzeptiere vieles, aber sicherlich keine bewaffneten Volltrottel."
Jeremy deutete auf den Barkeeper und schaute dann auf Jacky. „Hast du gehört? ... Ich bin ein Volltrottel! So wie es alle sagen!"
„Das bist du nicht, Jeremy... du musst dir nur helfen lassen!"
„RAUS JETZT!!" brüllte der Barkeeper erneut. Dann sah er auf Jacky. „Und du solltest Abstand nehmen! Ich kenne solche Typen."
Jacky war überfordert. Sie wollte Jeremy so gerne helfen.
Als sich dieser aber immer noch nicht rührte, packte der Barkeeper mutig zu. Er schob Jeremy deutlich und grob Richtung Eingangstür.
„Lass mich los, verdammt!" fluchte Jeremy und wehrte sich. Noch immer hielt er die Waffe fest in der Hand, doch der Barkeeper schob ihn weiter.
„Das hättest du dir überlegen sollen, bevor du das Scheißteil in deiner Hand gezogen hast!" knurrte diese.
Mittlerweile waren sie an der Tür angekommen. Der Keeper öffnete die Tür und stieß Jeremy raus. Dieser war so betrunken, das er zu Boden stürzte. Seine Pistole fiel dabei aus seiner Hand. Schmerzerfüllt verzog er das Gesicht und keuchte auf.
„Arschloch..:!" fluchte er.
„Verschwinde hier und wage nicht, dich noch einmal hier blicken zu lassen." Rief der Barkeeper ihm noch mal zu und ging dann zurück in seine Bar.
Jeremy rappelte sich langsam auf, griff nach seiner Waffe und schob sie in die hintere Tasche seiner Hose. Dann stand er auf, verzog dabei aber abermals das Gesicht. Trüb sah er sich um und humpelte dann langsam in eine dunkle Nebenstraße.
„Jeremy?" rief plötzlich eine Stimme, doch er reagierte nicht darauf und hinkte weiter.
Jacky war ihm hinterher gelaufen. Auch wenn sie noch immer Angst davor hatte, da Jeremy bewaffnet war, wollte sie ihn auf garkeinen Fall in diesem Zustand alleine lassen.
Bald schon hatte sie ihn eingeholt. Er hatte sich leicht nach vorne gekrümmt an eine Hauswand gelehnt. Als sie näher kam, zog er abermals die Waffe.
„Jeremy bitte... Du das nicht... bitte..." flehte sie ihn mit Tränen in den Augen an.
„Geh einfach... mir kann niemand mehr helfen..."
„Ich werde nicht zu lassen, dass du das tust... Das Leben geht weiter...Bitte Jeremy...!"
Jacky war sichtlich überfordert und verzweifelt. Panisch sah sie sich um, wie nur konnte sie ihm helfen. Neben einer mehr als überfüllten Mülltonne sah sie eine Holzlatte stehen. Mit zitternden Händen griff sie danach und schaute zu Jeremy. Er lehnte noch immer gegen der Wand und blickte auf die Waffe in seiner Hand. Langsam und unsicher ging sie zu ihm. Als er sich dann die Waffe unter das Kinn drückte, lief sie kopflos los und schlug ihm mit aller Kraft, die sie hatte, die Holzlatte auf den Hinterkopf.
Jeremy ruckte etwas vor, die Waffe fiel ihm aus der Hand und schlitterte einig Meter weiter. Panisch sah Jacky auf Jeremy. Dann brach er zusammen.
„Jeremy...!" Sie war sofort an seiner Seite. „Jeremy...!"
Sie drehte ihn auf den Rücken und sie sah, dass er sein Bewusstsein verloren hatte. „Es tut mir leid... es tut mir alles so leid... Bitte verzeih mir..." flehte sie ihn an. Tränen liefen ihr über die Wange und sie zog ihn in ihre Arme. So nah was sie ihm nie gewesen und doch fühlte es sich plötzlich so falsch an. Er würde sie niemals lieben. Sein Herz gehörte nur einer Person, für die er sogar sterben wollte. „Es tut mir so leid, Jeremy!" flüsterte sie abermals, beugte sich vor und gab ihm einen sanften Kuss auf die Stirn. Dann zog sie ihr Handy aus der Tasche. Sie hatte nur von einem der Marvel-Schauspieler die Telefonnummer und die wählte sie.
Bald schon ging jemand an der anderen Seite dran.
„Robert? ... Bitte du musst sofort kommen.... Jeremy... er will sich umbringen..." flehte sie dann unter Tränen in den Hörer hinein.

Spirit of the Hawk - The main attractionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt