Teil 10: Anguiles

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Noch weitere zwei Tage verbrachten die beiden Dämonen damit nach Spuren zu suchen und verschiedene Methoden auszuprobieren, um Darias Fähigkeiten zu erwecken, beides erfolglos.

Am dritten Tag konnte Ezra schliesslich die Aura des Anguiles gut genug wahrnehmen, um daraus zu lesen, wohin das Biest gegangen war.

„Endlich!" rief Ezra erfreut, als er die Aura klar und deutlich spüren konnte. Verwirrt drehte sich Daria zu ihm um, um zu sehen, was los war.

„Komm, wir dürfen keine Zeit verlieren." mit diesen Worten, erschuf Ezra eilig ein Portal und zog Daria, welche schnell ihr Augen schloss, mit sich durch das leuchtende Tor.

Auf der anderen Seite angekommen, sah er sich augenblicklich nach dem dämonischen Wesen um und er konnte sein Glück nicht fassen. Es war nicht schwer den Anguiles zu entdecken. Mit seiner Grösse ragte er weit über die kleinen Häuser des Dorfes empor. Ezra hatte es tatsächlich geschafft den Standort des Anguiles haargenau ausfindig zu machen!
Ganz aufgeregt wollte er schon auf das Biest zulaufen, als ihm seine Begleitung wieder einfiel.

„Okay, ich erledige den Anguiles. Bleib du hier in Sicherheit" wies er sie an, woraufhin sie sofort den Kopf schüttelte.
„Ich werde dir helfen!"
„Du kannst mir nicht helfen." sagte er und forderte sie nochmals auf in einem ausreichendem Abstand zum Anguiles zu bleiben.

„Wer weiss, vielleicht ist ja meine Fähigkeit, die einer Jägerin. Lass mich helfen."
Ezra verneinte erneut.
„Selbst wenn, könntest du diese Fähigkeit noch nicht beherrsch."
„Dieses Monster hat mein komplettes Dorf vernichtet, ich kann dich doch nicht einfach alleine dagegen kämpfen lassen!" rief sie frustriert.
Sie wollte nicht einfach nur eine Last sein. Sie wollte nicht andauernd von ihm gerettet werden, ausserdem wollte sie erst recht nicht, dass er verletzt würde.

„Es ist mein Job alleine gegen diese Viecher zu kämpfen." meinte Ezra schulterzuckend und zog ein Messer aus seinem Reisebeutel.
„Nein, eigentlich solltest du das zu zweit machen. Also lass mich deine Partnerin sein." erwiderte sie entschlossen.
Ezra seufzte.

„Ich weiss es sehr zu schätzen, dass du mit mir gegen das Ding kämpfen möchtest, aber du bist weder dazu ausgebildet noch hast du eine Fähigkeit, die uns weiterhelfen würde. Es tut mir leid, aber du würdest dich lediglich in Gefahr bringen und im Weg stehen, deshalb ist es besser, du wartest hier auf mich."

Daria wusste, dass es stimmte, was Ezra sagte. Sie würde nur sich selbst und wahrscheinlich auch Ezra gefährden.
Trotzdem fühlte sie sich schlecht dabei. Sie wollte wirklich helfen und nicht nur nutzlos sein.

„Gut." gab sie nach. „Aber sei vorsichtig."
Mit einem breiten Grinsen nickte Ezra und rannte auf dem Anguiles zu.

Angespannt beobachtete Daria das ganze.
Sie knetete nervös ihre Hände und überlegte nicht doch dort hin zu gehen. Wenigstens ein kleines Stück näher ran, dann könnte sie im Notfall vielleicht doch helfen.

Langsam lief sie ebenfalls auf das Monster zu, während sie Ezra dabei beobachtete, wie er kämpfte.
Er stellte sich sehr geschickt an. Mit Hilfe seiner Portale, teleportierte er sich an verschiedene Plätze und griff den Anguiles aus allen Richtung an.
Ezra erschuf ein Portal, welches ihn direkt über das dämonische Wesen brachte. Er landete auf dem Rücken des Anguiles und rammte sein Messer in dessen Nacken. Dies schien ihm aber nur wütender zu machen.
Er brüllte laut auf und warf Ezra mit einem heftigen Ruck von seinem Rücken runter.
Hart knallte der blondhaarige auf dem Boden.

Daria zog scharf die Luft ein und lief noch etwas näher ans Geschehen ran. Ezra rappelte sich schnell wieder auf und Daria beobachtete wie er beide Hände vor sich ausstreckte, um ein weiteres Portal zu erschaffen. Nur dieses Mal geschah nichts.
Wie damals, als sie ihm zusah, wie er das erste Mal gegen den Anguiles kämpfte. Er hatte erneut seine Fähigkeiten verloren.

„Verdammt!" schrie Ezra frustriert, bevor er so schnell er konnte auf Daria zu rannte. Er packte die Rothaarige am Handgelenk und zog sie mit sich mit, dicht gefolgt vom Anguiles.

Wie bei ihrer erstem Begegnung, rannten die Dämonen gemeinsam vor dem blutrünstigen Monster hinter ihnen weg.
Doch dieses Mal kamen sie nicht so brenzlich davon.
Plötzlich holte das Biest mit seinen Krallen aus und schlug Ezra damit gegen die Wand eines Hauses.

„Nein!" schrie Daria aufgebracht und rannte auf den grünäugigen Mann zu. Ezra stöhnte vor Schmerzen auf und hob den Kopf. Entsetzt stellte er fest, dass der Anguiles nun Daria im Visier hatte.

„Pass auf!" warnte er sie panisch vor dem Biest, was jedoch dessen Aufmerksamkeit wieder auf ihn lenkte.
Sofort änderte die Mischung aus einer Schlange und einem Raubtier die Richtung und kam stattdessen auf ihn zu.

Als der Anguiles ihn schon beinahe erreicht hatte, streckte Daria wie aus einem Reflex heraus, eine Hand nach ihm aus, als würde dies ihn davon abhalten ihren Freund zu zerfleischen und schrie das dämonische Wesen an: „Geh weg von ihm!"

Und plötzlich schlangen sich aus dem Nichts dunkle Ranken um Darias Arm, bis zu ihren Fingerspitzen von wo aus sie wie Pfeile auf den Anguiles zu schossen.
Fasziniert betrachtete Ezra die schwarzen Schatten, die sich um die rothaarige Frau wickelten.
Das war also ihre Fähigkeit.
Er konnte sich nicht daran erinnern, das schon mal gesehen zu haben.

Mit einem letzten lauten Schrei fiel der Anguiles schliesslich leblos zu Boden. Daria kümmerte sich jedoch weder um das Biest noch um die Tatsache, dass sie gerade eben ihre Kräfte erweckt hatte. Sie rannte auf Ezra zu und kniete sich neben ihm hin.

„Geht es dir gut?" fragte sie besorgt und musterte ihn von Kopf bis Fuss, um seine Verletzungen einzuschätzen.

„Ja. Nur ein paar Kratzer, nicht weiter wild." meinte er mit einem schiefen Grinsen. „Viel wichtiger ist jedoch, dass du endlich deine Fähigkeiten erweck hast. Hätte ich gewusst, dass ich dafür nur in Lebensgefahr schweben muss, hätte ich das schon früher gemacht." scherzte er woraufhin sie ihm sanft, um ihn nicht noch mehr zu verletzten, gegen den Arm schlug.
Sie fand das alles nur halb so witzig wie Ezra. Er hätte sterben können und in dem Moment, in dem der Anguilles mit seinen Krallen ausgeholt hatte und es so aussah als wäre das das Ende, wurde Daria erst klar, wie sehr sie Ezra bereits in ihr Herz geschlossen hatte. Sie war wirklich dankbar, dass sich ihre Fähigkeiten genau in dem Moment offenbarten und man sie anscheinend fürs Kämpfen benutzen konnte, ansonsten müsste sie nun um ihren ersten wirklichen Freund trauern und das wollte sie bestimmt nicht.

„Schau nicht so böse, es geht mir gut." versicherte ihr Ezra, als er ihre düstere Miene nicht einmal mit seinem Scherz aufhellen konnte. Er wollte sich aufrichten, als ihm ein stechender Schmerz durch den Oberkörper fuhr und ihn aufschreien lies.
Mit vor Schmerzen verzerrtem Gesicht, lies er sich wieder auf den Boden sinken. «

„Anscheinend mehr als nur ein paar Kratzer." kommentierte Daria besorgt und blickte ihn anklagend an.
„Was machen wir jetzt?" wollte sie wissen, da sie so bestimmt nicht weiterreisen könnten.

„Ich kann keine Portale erschaffen." teilte er ihr mit, was sie bereits wusste.
„Und du kannst in dieser Verfassung nicht reisen." fügte sie hinzu und überlegte.
„Dann müssen wir wohl oder übel eine Weile hierbleiben, bis du wieder einigermassen geheilt bist."beschloss Daria und sah sich um.
Das Dorf war grösstenteils verwüstet, doch hier und da standen tatsächlich noch ein paar Häuser, die nicht ganz so beschädigt waren.

Die Bewohner waren alle entweder tot oder geflüchtet, es würde sie wohl kaum stören, wen die beiden Dämonen ein paar Nächte in ihren Häusern verbrachten.
Sie blickte wieder nachdenklich zu Ezra.
Wie sollte sie ihn in eins der Häuser bringen?

Sie war durch die jahrelange Arbeit auf dem Feld nicht gerade schwach, aber sie zweifelte daran, dass sie den blondhaarigen tragen könnte.

„Bleib du hier, ich werde mich mal ein wenig umsehen." verkündete sie schliesslich, bevor sie sich umdrehte und davonlief.

DaemoniumWhere stories live. Discover now