Teil 2: Zerstörung

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Daria schrie erschrocken auf, als das nächste Beben die Kirche langsam zum Einbrechen brachte und ein grosser Stein, der sich aus der Decke löste, ihr Gesicht nur um wenige Zentimeter verfehlte.

Sie musste hier raus!

„Helft mir! Bitte!" rief sie und zog panisch an den Seilen, in der Hoffnung, dass sie sich wenigstens ein bisschen lockern würden. Sofort eilten zwei Mönche auf sie zu und versuchten die Seile zu lösen.
In ihrer Hektik und durch die Angst, die sie verspürten, stellte sich dies jedoch als erheblich schwerer heraus, als es eigentlich sein sollte.

Ein weiterer Knall ertönte und das Kloster wurde so stark erschüttert, dass ein massiver Holzbalken, der als Säule gedient hatte, umfiel. Einer der Mönche, der Darias Fesseln lösen wollte, hatte nicht einmal mehr die Zeit hochzuschauen, bevor der Balken ihn unter sich begrub.

Alle Anwesenden schrien geschockt auf.
Daria drehte ihren Kopf zur Seite, um den erdrückten Mönch nicht sehen zu müssen.
Sie wusste, dass sie dieses Bild nie wieder vergessen könnte.

Dieses Ereignis löste eine Massenpanik aus. Die Mönche rannten raus, alle um ihr eigenes Leben besorgt. Keiner kümmerte sich mehr darum, ob es die anderen lebendig aus dem Kloster schaffen würden, geschweige den, um das an den Altar gefesselte rothaarige Mädchen. Jeder achtete nur noch darauf nicht selbst zu sterben.

„Nein!" rief Daria erschrocken.
„Kommt zurück! Ihr könnt mich doch hier nicht einfach zurücklassen!" schrie sie fassungslos und panisch.

Als keiner zurückkehrte, wurde ihr schmerzlich bewusst, dass sie hier wahrscheinlich sterben würde.
Sie wollte nicht sterben.
Ihr Leben war zwar nicht gerade beneidenswert, schön oder gar angenehm, aber trotzdem wollte sie nicht schon im Alter von 18 Jahren, begraben unter einem Haufen Schutt sterben.

Vielleicht hatte das Leben ihr ja doch noch etwas zu bieten.
Sie konnte doch noch immer etwas verändern in ihrem Leben.
Vielleicht hätte sie irgendwann mal Freunde gefunden oder wäre auf Reisen gegangen.
Wer weiss, vielleicht hätte sie einen Mann getroffen, der sie so liebt wie sie war und den sie ebenfalls lieben konnte...

Tränen liefen ihr über die Wangen aus Angst vor dem, was wohl unvermeidlich war und aus Traurigkeit über all die verlorenen Dinge, die sie nun mit Sicherheit nicht mehr erleben würde.

Ein weiterer ohrenbetäubender Knall.

Die Wände würden nicht mehr lange standhalten. Einige Steine und grosse Holzsplitter verfehlten den Altar, auf dem Daria lag nur knapp.

Sie wollte nicht sterben...

Ihr war jedoch klar, dass ihr Tod sicher kommen würde, wenn sie nichts tuen würde, deshalb durfte sie nicht so schnell aufgeben!

„Hilfe!" schrie sie so laut sie konnte.
Die Wahrscheinlichkeit, dass sich jemand in das halb zerfallene Kloster wagte nur um sie, die Halb-Dämonin, zu retten, war verschwindend klein, aber sie musste es doch wenigstens versuchen.

„Hilfe! Hört mich jemand?"

Sie kämpfte mit all ihrer Kraft gegen die Seile an, doch es sah nicht so aus als würden sie sich auch nur ein kleines bisschen lockern. Die Mönche hatten -zu ihrem Pech- mit den Knoten überaus gute Arbeit geleistet.

„Hilfe!"

Ein lauter Schrei entwich ihr, als ein Stein direkt oberhalb ihrer Fingerspitzen auf den Altar krachte.

Aus Reflex zog sie diese Hand an ihre Brust und war überrascht, als es tatsächlich funktionierte. Die scharfen Bruchstellen des Steines hatten das Seil zerschnitten.

Ohne zu zögern, begann sie mit ihrer nun freien Hand den Knoten des Seils an ihrer anderen Hand zu lösen.
Der Knoten wollte nicht aufgehen, egal wie fest sie es auch versuchte.
Verzweifelt zog und riss sie an den Enden des Seiles, die Sicht durch ihre Tränen verschleiert.
„Komm schon." murmelte sie immer wieder, während sie versuchte den verfluchten Knoten irgendwie aufzubekommen.

Plötzlich bemerkte sie, wie sich der Knoten tatsächlich langsam aber sicher zu lösen begann. Triumphierend schrie sie auf. Sie hatte es endlich geschafft.

Sofort setzte sie sich auf und knotete auch noch die zwei Seile an ihren Knöcheln auf. Dieses Mal um einiges schneller, da sie nun beide Hände gebrauchen konnte.

Kaum war sie befreit, wartete sie nicht lange und rannte aus dem Raum raus.
Ihre Flucht aus dem, in sich zusammenfallenden Gebäude, wurde jedoch abrupt unterbrochen, als sie den mit Geröll verstopften Gang vor sich erblickte.

„Verdammt!" fluchte sie leise und fuhr sich mit den Fingern durch die zerzausten Locken.

Was sollte sie bloss tun?

Sie sah sich hektisch nach einem möglichen Fluchtweg um. Irgendwo musste es doch noch eine Möglichkeit geben, von hier zu entkommen.

Da sie sich im zweiten Stock befand, kamen die Fenster nicht in Frage. Viel zu hoch würde ihr Sturz sein.

Sie eilte zurück in den kirchenartigen Raum mit dem Altar in der Mitte und suchte nach einem anderen Ausgang.
Tatsächlich fand sie im hinteren Teil des Raumes eine kleine Tür, die sie noch nie zuvor gesehen hatte.

Sofort rannte sie auf den möglichen Ausgang zu, dabei musste sie über ein paar Schutthaufen klettern und zog sich so einige kleinere Schnittwunden und Schürfungen zu. Dies kümmerte sie jedoch herzlich wenig, sie hatte momentan überaus grössere Probleme.

Endlich bei der Tür angekommen riss sie diese ohne zu zögern auf.
Dahinter befand sich eine Art Lager mit Kerzen, Kreuzen, Tüchern und weiteren Gegenständen.

Zu ihrem Glück entdeckte sie auch noch eine schmale Wendeltreppe, die in das untere Stockwerk führte. Sie hastete die Treppe runter, darauf konzentriert möglichst schnell aus dem Kloster herauszukommen.
Im ersten Stock fand sie sich in einem ähnlichen Raum wieder. Er war ebenfalls voller Gegenstände, die die Mönche aufbewahrten und lagerten.

Erleichtert stellte sie fest, dass es auch hier eine Treppe gab, die weiter runter führte.
Nur noch eine Treppe, bevor sie endlich hier raus kam.

Im Erdgeschoss waren die Gänge ebenfalls verschüttet.
Daria dachte nicht lange über ihre nächsten Schritte nach, immerhin könnte das Gebäude jeden Augenblick komplett zusammenbrechen. Sie hatte es bis hierher geschafft, da würde sie doch nicht im Erdgeschoss sterben, nur wenige Meter von der Freiheit entfernt!

Sie hob mühsam einen grossen Stein auf und lief damit ans Ende des Ganges. Diesen schleuderte sie dann mit aller Kraft gegen eines der Fenster. Danach kletterte sie ohne Probleme in die Freiheit.

Schnell eilte sie zum steilen Weg, der ins Dorf zurück führte. Was sie dort jedoch sah, liess ihr Herz für einen Augenblick still stehen.

Vor ihr lag das kleine Bergdorf im Schutt und Asche. Mittendrin stand ein Wesen, wie sie es noch nie gesehen hatte. So gross wie ein Haus erinnerte es an ein wildes Raubtier, seine Haut jedoch glänzte wie die Schuppen einer Schlage in der Sonne. Zudem besass das Biest sechs Beine und Zähne so gross wie ein ausgewachsener Mann.

Geschockt blickte sie auf die Szene vor sich. „Vater..." hauchte Daria als sie verarbeitete, was gerade vor sich ging.

„Vater!" Wiederholte sie erschrocken und rannte runter ins Dorf.

Sie musste ihn finden, immerhin war er die einzige Familie, die sie hatte! Auch wenn er nicht der liebevolle Vater war, den sie sich wünschte, war er immer gut zu ihr und sie würde wenigstens versuchen ihn zu finden und heil mit ihm von hier zu fliehen.

Wie fandet ihr das Kapitel?
Denkt ihr Darias Vater geht es gut?
Schreibt mir eire Meinung in die Kommentaren und vergesst nicht zu voten 😘

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