HERZEN

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Naturwissenschaften verging wie am Flug, was aber wahrscheinlich auch daran lag, dass Luka und ich uns die ganze Zeit über irgendeine lustige Situation aus unseren Leben erinnert hatten und uns dann totgelacht hatten

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Naturwissenschaften verging wie am Flug, was aber wahrscheinlich auch daran lag, dass Luka und ich uns die ganze Zeit über irgendeine lustige Situation aus unseren Leben erinnert hatten und uns dann totgelacht hatten. Es war schwer, so versteckt zu lachen, dass Herr Meier das nicht mitbekam, aber irgendwie hatten wir das auch geschafft. 

Es war eine total lustige Stunde, auch wenn mein Collegeblock jetzt nicht mehr für die nächsten Stunden reichte, weil Luka auf jedes der übrigen Blätter kleine Zeichnungen gemalt hatte oder wir uns durch die Blätter und zwei Kugelschreiber unterhalten hatten. Zum Glück saßen wir relativ weit hinten, sodass kaum jemand etwas davon mitbekam. Und den Leuten, die es mitbekamen, war ziemlich egal, was wir taten. 

Ich wusste inzwischen mehr über Luka. Ich wusste, dass dey gerne malte, es liebte zu Inlineskaten und Gitarre spielte. Außerdem wusste ich nun, dass Luka als kleines Kind immer wieder die Wände in deren damaliger Wohnung mit Buntstiften angemalt hatte, sodass deren Eltern permanent nachstreichen mussten. Ich wusste auch, dass deren Lieblingsfarbe gelb war, dey Schmetterlinge liebte und die Musik aus den Neunzigern über jegliche andere Musik stellte, besonders Oasis. Deren Lieblingslied von ihnen war „Wonderwall". Ich hatte mir sofort im Kopf eine Notiz gemacht, dieses Lied anzuhören. 

Es waren nur zwei Schulstunden gewesen, aber trotzdem hatte ich das Gefühl, Luka jetzt richtig gut zu kennen. Ich wusste ein paar grundliegende Dinge über demm und kannte auch schon ein paar lustige Kindheitsgeschichten. Ob man schon sagen konnte, dass wir befreundet waren?

„Da seid ihr ja!", begrüßte uns Zarah, die aussah, als würde sie schon eine ganze Weile auf uns warten. 

„Sind wir so spät?", erwiderte ich als Gegenfrage, während Luka und ich erst unsere Taschen und dann uns selbst neben Zarah auf die Stufen fallen ließen. 

„Sagen wir so, von den zwanzig Minuten Pausenzeit haben wir noch zehn.", kam es von ihr. Zarah biss energisch in ihr Brötchen, das sie schon fast ganz aufgegessen hatte. 

„Was haben wir danach?", fragte ich Zarah, weil ich gerade absolut nicht den Stundenplan in meinem Kopf aufrufen konnte. 

„Englisch. Hast du Vokabeln gelernt?"

„Wir schreiben einen Vokabeltest?" Ich sah meine beste Freundin mit aufgerissenen Augen an. 

„Ja, hat sie doch gestern gesagt.", kam es jedoch nur mit einem ist-mir-doch-egal-dass-du-es-nicht-mitbekommen-hast-Blick von ihr. 

Dann war das eben so. Dann hatte ich eben mal nicht gelernt. Ich stand in Englisch auf einer stabilen Eins, da würde ein schlechter Vokabeltest auch nichts dran ändern. 

„Ich habe jetzt Physik.", kam es von Luka, dey bis gerade eben vergeblich etwas in deren Rucksack gesucht hatte. 

„Wen hast du?", wollte ich von demm wissen. 

„Frau Werner", erwiderte Luka. 

„Oh Gott. Mein Beileid hast du.", antwortete Zarah sofort und ich nickte zustimmend. Frau Werner war für ihre unfaire Benotung und ständige Überraschungstests bekannt, sodass ich niemanden kannte, der sie mochte. Mir tat Luka jetzt schon leid, dass dey sie in Physik hatte.
Wir unterhielten uns noch kurz über Frau Werner, als der Gong den bevorstehenden Beginn der nächsten Stunde ankündigte. 

„Viel Spaß dann mit Frau Werner.", verabschiedete ich mich von Luka und schenkte demm noch ein aufmunterndes Lächeln, bevor dey im anderen Treppenhaus verschwand. 

Zarah und ich liefen hoch in unseren Klassenraum und ließen uns auf unsere Plätze fallen.
Ich schmiss meinen Collegeblock auf den Tisch und begann, ihn durchzublättern, in der Hoffnung, auf ein noch unbeschmiertes Blatt zu stoßen. 

Zarah packte ihr iPad auf den Tisch und ließ sich nach hinten fallen, als ihr Blick auf die von Luka verzierten Blätter im meinem Collegeblock stoß. 

„Wow, seit wann kannst du so gut machen?" Sie richtete sich auf und bewunderte das Werk von Nahem. Auf dem karierten Blatt vor uns lag ein Schmetterling mit ausgestreckten Flügeln und einem schönen Muster. Luka hatte ihn innerhalb weniger Minuten nur mit deren Bleistift gemalt, aber trotzdem sah er so unglaublich schön aus. Drum herum hatte Luka einige kleine Herzen gemalt, sodass es aussah, als würde der Schmetterling aus einer Wolke voller Herzen fliegen. 

„Gar nicht.", grinste ich. „Das ist von Luka" Ich blätterte eine Seite weiter, auf der ein großes Herz mit einigen kleinen Rissen zu sehen war. Über manche hatte Luka ein Pflaster gemalt, andere Risse waren eindeutig zu sehen. Auch diese Zeichnung sah wunderschön aus. Auf der Seite dahinter hatte Luka einen kleinen Herz-Luftballon skizziert und die Seite dahinter war mit mehreren kleinen Herzen gefüllt. 

„Luka mag Herzen wohl.", stellte Zarah mit diesem Grinsen in ihrer Stimme fest, als wolle sie schon wieder auf das Thema hinaus. 

„Wer mag Herzen nicht?", erwiderte ich jedoch nur als Gegenfrage, um meine beste Freundin davon abzuhalten, weiter nachzubohren. Ich war nicht in Luka verliebt und Luka auch nicht in mich, da war ich mir ziemlich sicher. Wir hatten uns zwar gerade ein bisschen besser kennengelernt, aber trotzdem kannte ich demm noch lange nicht so gut, wie ich Zarah beispielsweise kannte. Mit Zarah hatte ich mehr erlebt, wir hatten beide schwierige Zeiten miteinander durchgemacht, die ich mit Luka noch nicht erlebt hatte. 

Und solche Dinge brauchte man für eine Freundschaft. Gemeinsame Erlebnisse waren die Grundlage dafür. Wenn Luka und ich welche gemeinsam hatten, würden wir sicher Freunde sein. Wenn wir lustige Dinge miteinander erlebt hatten und Insider entwickelt hatten, wie ich sie mit Zarah hatte. 

Zarah warf mir einen vielsagenden Blick zu, als wolle sie sagen Du weißt genau, dass ich das nicht so meinte

Und das wusste ich auch. Aber das war mir ziemlich egal. Sie sollte meinen, was sie wollte, aber ich war nicht in Luka verliebt. 

Ich blätterte eine andere Seite um, sodass ein Teil unseres Papiergespräches zum Vorschein kam. Ich blätterte sofort weiter, aber anscheinend hatte es gereicht, sodass Zarah einen kurzen Blick darauf werfen könnte. 

„Aha, wieder Herzen.", kam es von ihr, als würde sie mich damit auf irgendwas hinweisen wollen.

Und ich wusste auch genau auf was. 

„Zarah, bitte. Da ist nichts zwischen uns, okay? Wir kennen uns kaum.", sagte ich endlich mit ernster Stimme. Meine beste Freundin sollte es endlich irgendwie in ihren Kopf kriegen. Luka war unglaublich sympathisch, lustig und sah gut aus, aber nur auf freundschaftlicher Basis. Ich wusste ja nicht einmal, in welche Geschlechter ich mich überhaupt verlieben konnte. 

„Wenn du meinst...", antworte sie aber nur und Frau Weyer betrat den Raum, sodass der Unterricht begann. Zarah konnte es jedoch nicht lassen, den ganzen Unterricht über vielsagende Blicke in meine Richtung zu werfen. Scheiß Herzen. 

 

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Purple ButterfliesWhere stories live. Discover now