Lucinda Rose

By HeyGuys77

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***Die 7. Co-Produktion von Tyskerfie und mir*** England, 1845 Lucinda Rose Thornton widerstrebt es zutiefst... More

Klappentext
Prolog
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By HeyGuys77

Ihr wurde bewusst, dass sie ihm alles zu verdanken hatte. Nur war sie sich noch nicht im Klaren darüber, wie sie ihm das zeigen konnte.

"Dies ist meine private Bibliothek", sagte Bailian, als sie im zweiten Stock angekommen waren und er die nächste Tür aufgemacht hatte. Das Zimmer war klein und eng möbliert, aber genauso stilvoll eingerichtet wie die restlichen Räumlichkeiten des Hauses.

"Wieso hast du zwei Bibliotheken?", fragte Lucinda erstaunt, als sie sich einmal im Kreis drehte und sich umsah. Sie war von der Hauptbibliothek schon überwältigt gewesen.

"Nun ja, die Bücher im Erdgeschoss habe ich größtenteils geerbt oder geschenkt bekommen. Aber diese Bücher hier... Diese habe ich selbst erworben. Manche habe ich sogar im Ausland gekauft. Und sie werden nicht ausgeliehen", fügte er grinsend hinzu. "Gäste dieses Hauses haben zur Bibliothek im Erdgeschoss freien Zutritt, ich befürworte die literarische Weiterbildung und Unterhaltung, aber meine private Sammlung bleibt privat und wird nicht öffentlich zugänglich."

Lucinda nickte, sah sich einige Buchrücken an und drehte sich dann wieder zu Bailian. "Und ich?", fragte sie gespielt kokett, denn in Wirklichkeit brannte sie darauf, jedes einzelne Buch aus Bailians Kollektion zu lesen. Sie war sich sicher, dass sie ihn dadurch viel besser kennenlernen und einen besseren Einblick darin erhalten würde, was ihn bewegte.

"Du", fing Bailian an und kam ihr gefährlich nahe. „Du bist kein Gast in diesem Haus", sprach er leise und sah sich einige Bücher an. Seine Schulter berührte ihre, dann drehte er sich zu ihr. Ihre Blicke verhakten sich und einige endlose Sekunden der Stille verstrichen. „Du lebst nun hier", flüsterte er und holte tief Luft, während er seinen Blick über sie gleiten ließ.

Lucinda sah ihn wortlos an. Wurde wie magisch von ihm angezogen, ohne sich dieses Gefühl aber erklären zu können. Erwartungsvoll sah sie zu Bailian auf.

„Ob es uns gefällt oder nicht." Seine Gesichtszüge verschlossen sich und er trat einen Schritt nach hinten, distanzierte sich mit einem Schlag buchstäblich und emotional von ihr und Lucinda hatte das plötzliche Gefühl, dass sie wieder ganz am Anfang standen. Dass sie sich wieder einfach nur auszuhalten hatten, von Freundschaft keine Spur.

Warum zum Teufel machte er das immer? Konnten sie nicht wenigstens vernünftig miteinander umgehen? Ihm musste doch bewusst sein, dass die Heirat und der Umzug für Lucinda eine mindestens ebenso große Veränderung bedeutete wie für ihn selbst. Konnten sie dann nicht einfach gemeinsam das Beste aus der Situation machen?

"Dann habe ich ja noch viel vor mir", sagte Lucinda aber nur, ließ im Raum stehen, ob sie damit nur die Bücher oder auch ihre Beziehung meinte und wandte sich wieder den Büchern zu. Welches wollte sie als erstes lesen?
Bailian räusperte sich. „Dürfte ich dir etwas empfehlen?"

„Sehr gerne!", stieg Lucinda auf dieses kleine dargebotene Friedensangebot ein und Bailian griff zielstrebig nach einigen Bücher und zog sie aus den Regalen.

„Dieses hier ist von einem deutschen Schriftsteller. Es heißt ‚Maria Stuart' und erzählt die Geschichte der schottischen Königin. Charles Dickens ist ebenfalls empfehlenswert. Und da du eine Liebe zur Medizin hegst", er hielt kurz Inne und zog dann einen dicken Band aus einem Regal, „kann ich dir dieses Buch empfehlen. Es erklärt die aktuellsten Fortschritte der Wissenschaft und besonders der Medizin. Es ist nicht mehr ganz aktuell, soweit mir bekannt ist, aber es zeigt dadurch zumindest auch die medizinische Geschichte."

Lucindas Augen begannen zu leuchten, als Bailian ihr das dicke Buch mit dem edlen Ledereinband reichte. Das Buch hatte bestimmt ein kleines Vermögen gekostet!
Aber was hatte ein Buch über medizinisches Wissen in Bailians privater Bibliothek verloren?
„Wieso besitzt du dieses Buch?", platzte Lucinda da auch schon heraus, aber Bailian zuckte nur mit den Schultern.

„Meine Interessen sind vielfältig. Aber ich muss dich enttäuschen. Mich interessiert überwiegend der wissenschaftliche Aspekt der Medizin, weniger die praktische Umsetzung, wie sie dich zu faszinieren scheint."
Das war schade, aber Lucinda war entschlossen, die positiven Seiten ihres Zusammenlebens zu erkennen und wertzuschätzen.

"Ich freue mich, dass wir auch Gemeinsamkeiten zu haben scheinen", sagte sie deshalb mit einem aufrichtigen Lächeln.

Bailian sah sie ebenfalls lächelnd an und meinte dann kryptisch: "Ich denke, mit der Zeit werden wir weitere Gemeinsamkeiten feststellen." Noch bevor Lucinda fragen konnte, ob er dabei bereits etwas Spezielles im Sinn hatte, hatte er sanft ihren Ellbogen erfasst. "Komm, der letzte Raum fehlt noch."

Schweren Herzens und mit einem letzten Blick auf all die Bücher, ließ Lucinda sich von Bailian aus dem Raum führen. So gern sie den ganzen Tag ihre Nase zwischen den unzähligen Seiten verborgen hätte, die hier nur darauf warteten, von ihr entdeckt zu werden, wusste sie doch, dass ihre Prioritäten nun vorerst anders gesetzt werden müssten.
Sie gingen in das Zimmer nebenan und Bailian ließ Lucinda keine Sekunde aus den Augen, als sie sich staunend umsah.

Dies hier war Bailians Domäne. Wie hätte er es genannt? Sein Rückzugszimmer.

Es strotzte nur so vor Maskulinität. Die Tapete, der Teppich, die Möbel - alles war in dunklen Farben gehalten. Ein großer Schreibtisch stand in der Mitte des Raumes, ein Regal mit einigen Büchern und verschiedenen Gegenständen säumte die eine Wand und unter dem Fenster war eine Chaiselongue angebracht.

„Wenn ich in diesem Zimmer bin, will ich nicht gestört werden", sagte Bailian, als Lucinda sich alles angesehen hatte. Diese nickte verstehend. Trotzdem musste sie schmunzelnd und drehte sich zu ihm.

„Selbst nicht von mir?"

Bailian grinste. „Selbst nicht von dir, liebe Ehefrau."

„Und wenn es wirklich wichtig ist?", fragte sie gespielt empört.

„Nichts kann wichtiger sein, als meine Ruhe", antwortete er frech, Lucinda ließ sich jedoch nicht verunsichern.

„Und wenn es ein Problem gibt? Ein großes sogar?"

„Dann habe ich irgendwie das Gefühl, dass du das schon ohne meine Hilfe regeln kannst."

Verschmitzt lächelnd sah Lucinda Bailian an und trat einen Schritt näher zu ihm, sodass sie direkt vor ihm stand.

„Dann beschwer dich aber nicht, wenn ich das nächste Mal etwas auf meine Art regele und es dir nicht passt", ärgerte sie ihn und piekte ihn mit ihrem Zeigefinger in die Brust.
Ebenfalls lächelnd packte Bailian mit einer flinken Bewegung Lucindas Handgelenk und hielt sie mit seinem Griff so bestimmt fest, ohne ihr wehzutun, dass sie gezwungen war, eng bei ihm stehen zu bleiben.

Seine Nähe war durchaus... angenehm, stellte Lucinda zu ihrer Überraschung fest. Ihr stieg Bailians inzwischen vertrauter Geruch in die Nase, eine Mischung aus Seife und... ihm.

„Du riechst gut." Ohne es wirklich zu realisieren, hatte sie ihre Gedanken ausgesprochen. Erschrocken sah sie Bailian an. Oh Gott, wie peinlich!
Tatsächlich lachte Bailian. Er lachte sie aus!

„Dankeschön", meinte er schließlich. Noch immer hielt er ihre Hand gefangen, inzwischen ein wenig lockerer, sodass sie sich jederzeit hätte entfernen können.

Umso überraschter war Lucinda, als sie merkte, dass es ihr nichts ausmachte, dass Bailian ihre Hand hielt oder dass sie so nah beieinander standen und sich ihre Körper beinahe berührten.

Sie blieb ruhig stehen, als Bailian sich ein klein wenig zu ihr beugte, sein Gesicht ihrer Halsbeuge näherte. Lediglich ihr Herz begann so heftig zu pochen, dass es beinahe schmerzhaft war und drohte ihr die Brust zu sprengen.

Was hatte er vor?

Bailians Nase streifte leicht über ihren Hals und unwillkürlich schloss Lucinda die Augen, um dieses Gefühl intensiver wahrnehmen zu können. Ihr ganzer Körper kribbelte vor Spannung.

„Du riechst auch nicht schlecht", murmelte Bailian dann noch immer halb zu ihrem Hals, bevor er sich wieder aufrichtete und sie so plötzlich losließ, dass Lucinda beinahe getaumelt wäre.

„Bis morgen Nachmittag, wenn Mrs. Reid zu deiner ersten Unterrichtsstunde kommt, muss ich mir halbwegs einen Plan für dich überlegt haben." Der abrupte Themenwechsel ließ Lucinda fast schwindeln. Kurz schüttelte sie den Kopf, um sich ein wenig zu orientieren.

An die schnellen Wandlungen der Stimmungen ihres Mannes musste sie sich erst noch gewöhnen.

„Gut." Dann mussten die Bücher also bis abends warten. „Und hast du schon jemanden im Sinn, der mich in medizinischen Belangen unterrichten kann?" Lucinda wollte diesbezüglich nicht locker lassen.

„Hartnäckiges kleines Ding...", murmelte Bailian schmunzelnd, bevor er lauter sprach. „Du hast mir deinen Wunsch vor nicht einmal einer halben Stunde mitgeteilt. Gib mir ein wenig Zeit, einen passenden Lehrer zu finden. Ich habe bereits jemanden im Sinn und werde ihm unverzüglich schreiben, aber dennoch muss ich abwarten, ob er mein Angebot annimmt. Also gedulde dich noch ein wenig, auch wenn ich bereits vermute, dass Geduld nicht zu deinen hervorstechendsten Tugenden gehört", fügte Bailian mit hochgezogener Augenbraue hinzu und Lucinda errötete ein wenig.
Da könnte er möglicherweise Recht haben.

„Entschuldige, ich bin nur schon so aufgeregt", versuchte sie ihre Ungeduld zu erklären. „Wie oft wird Mrs. Reid kommen, um mich zu unterrichten?" Lucinda wollte Bailian gerne zeigen, dass sie bereit war, alles ihr Mögliche zu tun, um sich in seine Welt einzufügen und ihm eine gute Ehefrau zu sein, ohne ihn zu blamieren. Dass sie ihre eigenen Wünsche und Träume nicht komplett hintenanstellen wollte, hatte schließlich nichts damit zu tun, dass sie ihren Ehemann achten und respektieren wollte, vor allem da sie sich noch immer eine harmonische Partnerschaft wünschte, in der wenigstens Freundschaft einen Platz finden sollte.

„Für den Anfang wird sie jeden Tag kommen. Mit der Zeit werden wir dann sehen, ob wir die Stunden reduzieren können." Lucinda wollte über die Frechheit in seinen Worten nicht einfach so hinwegsehen.

„Ich bin nicht dumm, Bailian", wies sie ihn ein wenig schärfer zurecht. Solche Aussagen konnte er wirklich unterlassen!

Überrascht sah Bailian sie an. „Das habe ich auch nicht behauptet. Aber du wirst zugeben müssen, dass es einiges gibt, das du noch lernen musst und das benötigt Zeit." Seine Worte besänftigten sie ein wenig und sie seufzte. Sie beide hatten scheinbar auch noch viel zu lernen. In ihrer Kommunikation. Über den anderen. Was sie wohl mit der Zeit alles entdecken würden?

„Außerdem wirst du ab morgen Tanzstunden erhalten."

„Ach?" Eigentlich war das logisch und vernünftig. Natürlich hatte Lucinda einige Tänze erlernt, aber bestimmt gab es in der gehobenen Gesellschaft noch weitere Tänze, die sie beherrschen sollte. „Erhalte ich also auch noch einen Tanzlehrer?"

„Nein. Das werde ich übernehmen", erklärte Bailian und lachte über Lucindas Gesichtsausdruck. „Du wirst mir doch zustimmen, dass wir als Ehepaar aufeinander eingespielt sein sollten. Also ist es nur von Vorteil, wenn ich dich selbst unterrichte, so weiß ich, wo deine Stärken liegen und wie ich dich bei deinen Schwächen unterstützen kann, damit wir uns nicht beide auf dem Parkett blamieren." Das ergab durchaus Sinn und Lucinda ärgerte sich darüber, dass ihr Herz bei dem Gedanken, mit Bailian zu tanzen, schon wieder schneller schlug, als gut für es war. Natürlich hatten sie bereits auf der Hochzeit miteinander getanzt, aber nun kannten sie sich bereits ein wenig besser und an diesem Abend hatte Lucinda auch zu viel Alkohol in ihrem Blut gehabt, der ihr die Sinne ein wenig vernebelt hatte.

„Ich habe nun noch einiges zu erledigen. Aber ich denke, du bist vorerst mit Arbeit versorgt, nicht wahr? Wir wollen doch nicht, dass die langweilig wird." Bailian zwinkerte ihr zu und wandte sich dann zum Gehen. „Wir sehen uns heute Abend!" Und damit war er verschwunden.

Lucinda seufzte, sah sich noch ein letztes Mal in Bailians Räumlichkeiten um, bevor sie ebenfalls das Zimmer verließ und die Tür leise hinter sich schloss.


Es knistert... :D

Schönen Sonntag :*

Eure Eliza Hart

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