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"Ich denke immer an dich. Jeden Tag, jede Stunde, jede Minute, ja sogar jede fucking Sekunde." Linnea möchte... More

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N E U N | Entscheidung

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By farbspritzer

Unruhig wälzte ich mich von links nach rechts und wieder zurück. Seit ich mich ins Bett gelegt hatte, kam ich nicht in den Schlaf. Dauerhaft fragte ich mich, ob ich morgen zu noah gehen sollte. Immer wieder wägte ich das Für und Wider ab und kam doch zu keinem Entschluss.

Zwar wäre es hilfreich hinzugehen und dabei heraus zu finden, ob ich ihn eventuell mehr al mochte. Auch die Frage des Vergebenseins würde sich vermutlich klären.

Andererseits war morgen Sonntag und ich wollte Viktor den Tag mit seinen Eltern, von denen zumindest die Mutter am Freitag ja erst sehr spät nach Hause gekommen sein musste, nicht nehmen.

Wie wirkte es denn, wenn ich an einem Sonntag einfach so in das Familienleben hereinplatze?

In der Hoffnung, dass es mich ein bisschen rationaler denkend machen würde, lief ich in dem viel zu großen Schlabbershirt, das als Schlafshirt fungierte, in die Küche. Langsam füllte sich das Glas mit dem Leitungswasser. Der Inhalt leuchtete fast im Licht des Mondes, das durch das große Fenster über der Spüle schien.

Ruhig und konzentriert trank ich kleine Schluck, während ich mich an der Küchenzeile anlehnte, und, wie erwartet beziehungsweise befürchte, tat sich mir nicht auf magische Weise die Lösung für meine Fragestellung auf. Missmutig stürzte ich den Restinhalt des Glases hinunter, stieß mich von der Küchenzeile ab und schlurfte den Weg zurück in mein Bett.

Nach einer viel zu kurzen Nacht, in der ich nicht nur gefühlt nur sehr selten länger als ein paar Minuten geschlafen hatte, hatte ich immer noch keine Entscheidung treffen können.

Als ich das zweite Mal in meiner neuen Wohnung aufstand, drehte sich aufgrund der kräftezehrenden, schlaflosen Nacht kurz alles einmal. Im nächsten Moment fragte ich mich, wieso ich mir einen solchen Kopf um die Sache gemacht hatte und dafür sogar mir die Nacht um die Ohren geschlagen hatte.

Ich hatte eine viel einfachere Methode, um die Frage zu entscheiden, auf die ich in der Vergangenheit auch schon recht häufig zurückgegriffen hatte. Ich würde eine Münze werfen.

Wenn das Schicksal nicht wollte, dann wäre es eh gelaufen. Denn obwohl ich versuchte rational und logisch alles zu durchdenken und so zu handeln, konnte ich nicht glauben, dass es weder Gott oder Schicksal noch jegliche andere höhere Macht geben sollte. Der erste Funken Rationalität hatte mein jüngeres Ich für das Schicksal und gegen Gott entscheiden lassen.

Noch vor jeglichen anderen Handlungen, wie auf die Toilette zu gehen, was eigentlich dringender gewesen wäre, warf ich die Münze.
Kopf war Nein du Zahl hieß, dass ich gehen würde.
Ich schnippte die fünf Cent Münze, sah ihr zu, wie sie sich in Zeitlupe dreimal um die eigene Achse drehte und fing sie auf, um sie kurz darauf auf meinen Handrücken zu legen.
Kurz atmete ich durch, versuchte meine Aufregung unter Kontrolle zu bekommen und riss schließlich die Hand von der Münze.

Zahl.

Fast schon verhöhnend stieret mich die fünf an und konnte vermutlich nicht einmal die unregelmäßigen Herzschläge hören noch die stoßweise Atmung vernehmen oder gar die sich schleichend in meinem Magen ausbreitende Übelkeit spüren.

Immer noch perplex über die Entscheidung, die das Schicksal für mich gewählt hatte, warf ich die Münze auf den Tisch.

Plötzlich lächelnd befreite ich mich aus meiner Starre und and mich aus dem Arbeitszimmer, um mich fertig zu machen. Zumindest wollte ich mir eine Hose überziehen und ins Badezimmer, um unter anderem meine Zähne zu putzen. Ich wollte nämlich den mehligen Geschmack in meinem Mund loswerden.

Nachdem ich dies erledigt hatte, zog ich mich mit meinem Handy, um Noah zu antworten, auf das Sofa zurück. Nicht mehr die gierigste Angst verspürend, kuschelte ich mich unter die Decke und schaltete mein Handy mein Handy an.

6.47 Uhr. Viel zu früh, insbesondere an einem Sonntag in den Semesterferien. Und ebenso, wenn nicht sogar noch mehr, zu früh, um Noah eine Antwort u schreiben.
Zuerst überlegte ich, ob ich bereits wieder auspacken sollte. Da sich die Anzahl der Kisten jedoch enorm verringert hatte, entscheid ich mich stattdessen dazu, dass ich während der ersten Sonnenstrahlen, von denen momentan noch nicht wirklich etwas zu sehen war, einen Spaziergang durch die angelegen Teile Münsters, in denen ich wohnte, zu machen.

Nach einer kurzen Befragung des Wetterdienstes, der besagte, dass die Sonne um 7:19 Uhr aufgehen würde, und dem Befund, dass aufgrund meiner nicht vorhandenen Schmerzen, mein Muskelkater weg sei, war es beschlossene Sache.

Ich wollte die sanfte Wärme der Sonne auf meiner leicht gebräunten Haut, den Wind in meinen Haaren und die frische Luft in meinen Lungen spüren.
Als ich nach dem Anziehen jedoch das Haus verließ, wurde ich bitter enttäuscht. Ich nahm weder die Wärme der Sonne, noch die Frische der Luft in meinen Lungen wahr. Das einzige, was ich spürte, war die beißende Kälte in meinen Atemwegen und den frischen Wind, der meine geöffneten Haare ineinander verwirrte.

Zähne zusammenbeißend lief ich dennoch weiter durch die Stadt des Fahrradfahrens, da ich es mir nicht nehmen wollte die ersten Sonnenstrahlen während eines beruhigenden Spaziergangs zu sehen. Ohne Plan und Ziel setzet ich einen Fuß vor den anderen.

Lächelnd sah ich die wenigen Kisten vor meinem inneren Auge. Es motivierte mich einerseits, dass ich bereits so viel geschafft hatte, andererseits schlauchte es mich auch genauso, da ich mir definitiv besseres vorstellen konnte, als zwei Tage hintereinander aufzuräumen und alles neu zu organisieren.

Ich besann mich zurück in die Realität und beobachtete die Rentnerin, die trotz der frühen Morgenstunde, schon hier im Park den Enten in regelmäßigen Abständen Brotkrumen hinwarf.
Ansonsten begegnete ich nur ein paar in sich versunkene und teilweise Jogginghosen und Sweater gekleidete Hundebesitzer und außerdem ein paar wenigen Workaholics, die bereits durch die Straßen und über die Fußgängerwege hasteten.

Unwillkürlich schüttelte ich den Kopf, da ich nur selten -und zwar in meinen Klausurenphasen- verstand, wie jemand so viel arbeiten konnte und vor allem wollte.

Dieses Verhalten und Gehaste erinnerte mich an meine Mutter. Vor ihrem Ruhestand ist sie nur selten morgens zu Hause gewesen. Fast immer war sie in der Kanzlei meines Vaters gewesen, um ihm den Arbeitstag zu erleichtern. Obwohl mein Vater immer wieder gesagt hatte, dass das nicht nötig wäre, tat sie es dennoch.
Lennard und mir mangelte es trotzdem nie an Kontakt zu unseren Eltern. Wenn unsere Mutter morgens nicht da war, war es unser Vater. Mittags, als wir nach Hause kamen, hatte unsere Mutter meist schon Schluss gemacht und abends kam unser Vater dann nach Hause. Die Wochenenden waren meist so gestaltet, dass unsere Mutter Brötchen holte und dabei direkt in der Kanzlei vorbeischaute und unser Vater dann mal länger oder kürzer, manchmal zu unserer Freude auch gar nicht, um die Mittagszeit herum dorthin verschwand.

Heute war mir klar, dass unsere Eltern ohne diesen geregelten Ablauf es niemals geschafft hätten, nur mit Azubis die Kanzlei zu schmeißen und uns eine solch angenehme Kindheit zu schenken.

Langsam schlenderte ich weiter, vorbei an meinem Lieblingscafé in Münster -dem Romeo, das ich nicht betrat, was aufgrund der Uhrzeit sowieso nicht funktioniert hätte.
Bummelnd durchquerte ich die Straßen auf anderem Wege als auf dem Hinweg, um wieder nach Hause zu gelangen. Erneut war ich froh und auch irgendwie stolz, dass ich mich bereits auskannte und somit auf jegliche Navigationsdienste verzichten konnte.

Diesmal öffnete ich den Briefkasten nach dem Betreten des Wohnhauses und entnahm den Inhalt. Kurz blätterte ich durch die Post. Werbung und die Gratiszeitung klemmte ich mir unter den Arm und guckte mir den Absender des Briefes an. Aufgrund diesem, welcher die Hausverwaltung war, und meines frischen Einzugs, beschrieb sie vermutlich, wie bereits angekündigt, die regeln und erneut die Priese, sowie weitere Informationen.

Ich würde gleich direkt einen Scan dieser Dokumente an meine Eltern schicken, wenn es sich wirklich darum handelte, da sie diese Wohnung bezahlten. Zu meinem 18ten Geburtstag hatten sie mir ein Auto oder eine eigene Wohnung für einen gewissen Zeitraum angeboten, da ich jedoch beides damals, trotz Vorhandenseins des Führerscheins und baldigen Beginn des Studiums, nicht benötigte, schob sich dieses Geschenk auf. Ich nahm es erst in Anspruch als klar stand, wie mies die Stunden im neuen Semester liegen würden.

Im Spiegel in meiner Wohnung sah ich die trotz meiner Hautfarbe geröteten Wangen und die zerzausten Haare. Kurz legte ich die Hände, die den Hauptteil des Weges in meinen Manteltaschen gewesen waren, auf meine eiskalten Wangen und glätte kurz darauf mit diesen ebenso meine Haare, indem ich ein paar Mal durch sie hindurch fuhr.

Kurzentschlossenen zog ich jedoch die einfach das Haargummi von seinem Stammplatz am Handgelenk und band mein Haar zu einem Zopf.
Erneut schlüpfte ich in die dunkelblaue schon fast schwarze Jogginghose und behielt das lachsfarbene T-Shirt, das ich unter dem Mantel und der Strickjacke getragen hatte, an.

Zuerst öffnete ich den Brief, dessen Inhalt wie vorhergesehen war, und machte im Arbeitszimmer einen Scan, den ich dann an meine Eltern schickte, damit sie auch alle Dateien und Informationen hatten. Bei dem angegebenen Preis fragte ich mich erneut, warum sie mir zu dieser Wohnung geraten hatten und sie mir sogar zwei Jahre lang bezahlen wollten.

Motiviert von dem kräftigenden Spaziergang stellte ich die übrigen sieben Kisten in die Räume, für die sie beschriftet waren. Im Wohnzimmer begann ich die letzten dafür ausgerichteten Kisten auszuräumen.

Ich sortierte Bücher und Filme in das Eckregal gegenüber der Couch, das ich bereits vor zwei Wochen mit Papa gebaut hatte, ein. Ich erinnere mich an den unsagbar lustigen Nachmittag, als wäre es gestern gewesen. Mein Vater hatte nicht wirklich viel handwerkliches Geschick, weshalb das ganze Zusammenbauen mehr als lange gedauert hatte und auch immer wieder etwas auseinandergeschraubt werden musste. Am Ende stand das Regal jedoch und war sogar recht ansehnlich geworden.

Nachdem ich auch noch die nächste Kiste ausgeräumt hatte und somit das Wohnzimmer oder besser gesagt der Wohnbereich fertig eingeräumt war, fiel mir auf, dass ich definitiv Pflanzen und anderen Dekokram kaufen müsste. Außer einem Tischläufer auf dem niedrigen Wohnzimmertisch und den Kissen auf der Couch war nämlich keinerlei Dekoration vorhanden.

Da ich nun tatsächlich Hunger verspürte, ging ich nach dem Zusammenfalten der Kartons in die Küche, um etwas zu frühstücken. Bei einem Brot mit Marmelade und einem Orangensaft überlegte ich, wie ich Noah antworten sollte. Einfach nur ein ja wäre ziemlich komisch. Während ich dann noch eine Birne, mein Lieblingsobst, schnitt kam mir tatsächlich eine einigermaßen passable Idee.

Nachdem ich das Messer in die Spüle gelegt und den klebrigen Fruchtsaft von meinen Fingern gewaschen hatte, fing ich an zu tippen und las es erneut zur Kontrolle durch.
Hey Noah,
ich würde sehr gerne vorbeikommen. Gibt es irgendeinen besonderen Anlass? Soll ich etwas mitbringen?
Ich freue mich auch Viktor wiederzusehen.
Relativ zufrieden schickte ich es ab und aß glücklich meine Birne.

Zwischendurch kehrte ich immer mal wieder in die Küche, um ein Glas Orangensaft oder Wasser zu trinken, und räumte dann entspannt weiter aus. Es machte mir nicht mehr wirklich viel aus die Kisten zu entleeren. Immer mal wieder schaute ich auch auf mein Handy, um zu kontrollieren ob Noah geantwortet hätte.

Wie peinlich wäre es denn, wenn heute irgendein besonderer Tag wäre und ich ohne alle vor der Tür stehen würde?

Irgendwann blinkte tatsächlich die Benachrichtigungsleuchte und mit leicht schnellerem Herzklopfen öffnete ich die Nachricht.
Das freut uns sehr. Heute ist nichts wirklich Spektakuläres und du brauchst auch nichts mit zu bringen:) Komm einfach hoch, wenn du willst. Nur halt vor 7, weil Viktor dann so langsam runterkommen soll.

Lächelnd schreib ich nur schnell ein Ok zurück, um zu bedeuten, dass ich es gelesen und verstanden hatte.

Schnell kehrte ich zu den letzten beiden Kisten in meinem Schlafzimmer zurück und räumte diese äußerst motiviert aus, um mich so schnell wie möglich fertig machen zu können.

Als ich mir schließlich gerade die Wimpern tuschen wollte, klingelte es und eine Stimme, die ich fast sofort als Viktors identifizierte, schrie: „Liiihhhiiinnn!"

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Wie gefällt euch die Entwicklung der Geschichte?
Habt ihr irgendwelche Fragen? Oder Unklarheiten?
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