Linkshänder küssen besser ✔

By isolatet

215K 16.8K 8.6K

»Wo bliebe denn das Abenteuer, wenn das Leben einem keine Steine in den Weg räumen würde?« Als Annie ihren Ro... More

Vorwort + Umfrage
1 | Von menschenbrutzelnden Backöfen und reinen Linkshänder-Betrieben ✔
2 | Von Heimweh, WG-Angeboten und blutsaugenden Insekten ✔
3 | Allergisch gegen Katzen
4 | Auf unsere Kosten
5 | Nicht allzu ruppig
6 | Genauso schnell wie früher
7 | Lieber im Wohnmobil
8 | Vorsicht Mustang
9 | Ungestörter
10 | Ein anständiger junger Mann
11 | Nur fünf Wörter
12 | Weil Linkshänder einfach besser küssen
13 | Sonntag
14 | Wikingerschach
15 | Das große Poster vom Surfwettbewerb
16 | Ich habe dich vermisst
17 | Das zwischen uns
18 | Wahnsinnig verliebt
19 | Zweisamkeit mit dir
20 | Am seidenen Fädchen
22 | Wo bliebe denn das Abenteuer
23 | Ein positiver Aspekt
24 | Ruhe nach dem ganzen Wirbel
25 | Schroff und unterkühlt
26 | Nochmal alleine
27 | Gute Manieren und Fauxpas
28 | Letzte Tage und ein Abschied
Epilog
Danksagung

21 | Mein Geld für den Kondensator

5.8K 473 220
By isolatet

2.137 Wörter

Ich schlucke. So viel Offenheit ist für mich, ungeachtet unseres Geständnisses am See, immer noch ungewohnt. Trotzdem antworte ich ihm ebenso offen, wenn auch leiser als er.

»Bei mir liegt es, glaube ich, daran, dass ich das Gefühl von Verliebtheit noch nie auf so intensive Weise gespürt habe.« Meine Hände spielen mit meinen Haaren.

»Dann komm her und lass und sehen, ob dieses Gefühl noch intensiver wird, wenn du in meinen Armen liegst.«

Allein die Reaktion meines Körpers auf diese Worte zeigt mir, dass dem der Fall sein wird, denn schon bei der Vorstellung beginnt mein Herz zu rasen und alles in meinen Bauch zu kribbeln.

Trotzdem antworte ich ihm grinsend: »Erst muss ich Zähne putzen gehen«, was ihm ein leichtes Seufzen entlockt, von dem er sicher nicht nicht beabsichtigt hat, dass ich es höre.

Ich flitze in mein Zimmer, hole mir meinen Kulturbeutel und mache mich dann im Bad schnell bettfertig. Das heißt, ich entferne rasche die Wimperntusche, was ich eigentlich nie tue, aber da ich morgen, wenn ich neben Roy aufwache, nicht aussehen möchte wie ein Panda, mache ich es heute abend doch einmal, und putze mir die Zähne. Danach gehe ich zurück zu Roy, der sich bereits umgezogen hat.

Er trägt nun statt einer langen Jeans eine Shorts und wie auch am Tag ein T -Shirt. »Normalerweise schlafe ich nicht mit T - Shirt, aber ich dachte, das ist vielleicht angenehmer für dich.«

Da hat er recht. Ohne Oberteil wäre mir das Ganze noch intimer als es sowieso schon ist. Und nachdem wir uns so viel Zeit gelassen haben, will ich das alles nicht durch einen übergroßen Schritt ruinieren und dieser Schritt hier hat schon gewaltige Ausmaße. Nickend stimme ich ihm zu.

»Ich gehe gerade auch noch Zähne putzen, okay?«

Wieder nicke ich nur und Roy geht rasch an mir vorbei ins Badezimmer.

Ein wenig zögerlich und wahnsinnig nervös im Inneren gehe ich auf Roys Bett zu und ... weiß nicht, was ich tun soll. Soll ich mich schon hinlegen? Oder warten, bis er kommt?

Als Roy aus dem Bad zurückkommt, stehe ich immer noch unschlüssig vor seinem Bett und spiele ein wenig am Saum meines, oder eher gesagt seines, Oberteils.

Er bemerkt meine Unsicherheit und übernimmt diese Entscheidung für mich, indem er einen Schritt auf mich zu macht, den Abstand zwischen uns bis auf ein Minimum verringert und mich in seinen Arm schließt, sanft an seine Brust drückt, an die ich mich glücklich schmiege. Dann gibt er mir einen zarten Kuss auf meinen Scheitel und ich genießerisch meine Augen.

Wenig später lässt Roy mich los und schlägt seine Bettdecke zurück, legt sich hin und hält die Decke für mich hoch, damit ich zu ihm schlüpfe. »Komm.«

Grinsend lege ich mich neben ihn und er schließt mich in seine Arme. Meine Nase ist tief in seinem Oberteil vergraben und ich atme diesen herrlichen Duft aus Ingwer und Orange ein. Meine Beine sind mit seinen verschränkt und ich spüre die kleinen Härchen, die mich ein wenig pieksen, ohne dass es mich stört.

»Annie?«

»Mhh«, murmle ich in sein Shirt und bin schon fast am schlafen. Bei seinen nächsten Worten bin ich jedoch sofort wieder hellwach.

»Vor kurzem hast du mich gefragt, was das zwischen uns ist und ich habe dir gesagt, dass ich dich mehr als nur mag. Mehr noch. Ich bin wahnsinnig in dich verliebt. Und jetzt frage ich dich: Was ist das zwischen uns?«

Ich rücke von ihm ab, lege dabei eine Hand auf seine Brust und spüre sein Herz heftig gegen meine Handinnenfläche pochen. Lächelnd genieße ich die Wirkung, die ich auf seinen Körper habe und antworte ihm dann ehrlich: »Ich glaube, dafür gibt es keine Bezeichnung, und wenn doch, dann kenne ich sie nicht, aber ich habe meinen Standpunkt inzwischen revidiert, ich würde gerne mit dir eine Beziehung eingehen.«

Die Entscheidung hatte ich insgeheim eigentlich schon nach unserem Date am See gefällt. Als ich Roy gestanden habe, dass ich in ihn verliebt bin. Nur bewusst war mir das nicht.

Ein tiefes Einatmen ist die Reaktion des Blondschopfes auf meine Worte, während er mich gleichzeitig wieder zu sich heranzieht und an sich drückt, mir einen liebevollen Kuss auf den Kopf gibt. »Also darf ich dich endlich ›meine Freundin‹ nennen?«

Ich nicke grinsend. »Ja. Ja, darfst du.«

Dafür gibt er mir nicht nur einen Kuss auf den Kopf, sondern legt seine Lippen sanft auf meine, gibt mir einen leichten Kuss, den er viel zu schnell wieder beendet.

»Wenn ich dich jetzt länger küsse, verliere ich, glaube ich, die Beherrschung.«

»Okay«, hauche ich ihm entgegen und schmiege mich wieder an seine Brust, spüre ich wie Roy mit seinen Fingern Kreise auf meinen Rücken malt, als mir ein neuer Gedanke kommt. »Roy?«

»Mhh.«

»Jetzt, wo wir offiziell zusammen sind...« Ich stoppe, weiß nicht wie ich meine Gedanken formulieren soll.

»Ja?«

»Was passiert mit uns, wenn meine Zeit hier in Dallas rum ist?«, frage ich verunsichert. »Bis jetzt habe ich nie genauer darüber nachdenken wollen, weil wir, weil wir noch nicht zusammen waren, aber j«

»Lass uns morgen darüber nachdenken, okay?«, unterbricht er mich zärtlich und fährt mit seinen Fingern meinen nackten Arm herunter, was mir eine Gänsehaut bereitet.

»Okay.«

Die nächsten Wochen vergehen wie die davor. In der Woche arbeite ich bei Roy in derTankstelle und am Wochenende in der Kletterhalle. Bei beiden kündige ich einen Monat bevor ich mein Geld für den Kondensator zusammen habe.

Eins ist jedoch anders. Roy und ich scheuen uns nicht mehr, uns gegenseitig unsere Zuneigung zu zeigen. Von den anderen scheint das aber keinen zustören.

Im Gegenteil. Eddies und Hillarys Reaktion auf unsere Beziehung fiel wie erwartet aus. Beide gaben ein ›Na endlich!‹ von sich, was mich zum Schmunzeln brachte. Sie haben ja recht. Wir haben uns wirklich viel Zeit gelassen. Und tun es noch.

Trotzdem bringe ich irgendwann den Mut auf und frage Roy nach dem Grund seiner plötzlichen Abreise, als er schnell zu seiner Familie nach Portland musste.

»Mein Bruder hatte zwei Tage zuvor einen Motorradunfall gehabt und als Mum und Dad schließlich anriefen, ging es ihm nicht gut. Es stand zwar nicht in Lebensgefahr, aber als ich ankam, war er auch nicht außer Gefahr. Zum Glück verbesserte sich die Lage vier Tage später und ich blieb noch zwei Tage dort. Dann war meine Sehnsucht nach dir zu groß«, war seine im Nachhinein doch recht unspektakuläre Antwort darauf. Trotzdem kann ich verstehen, dass ihn die Nachricht fertig gemacht hat und ich bin froh, dass sein Bruder noch lebt.

Viereinhalb Wochen später bringe ich das Wohnmobil zusammen mit Roy, der in seinem Auto vorausfährt, schließlich in eine Werkstatt, in der man mir sagt, dass ich es in fünf Tagen wieder abholen könne, was ich ebenfalls gemeinsam mit Roy tue.

Als ich auf dem Raststättenparkplatz zu ihm umsteige, blickt er mich für einen kurzen Moment wehmütig an. Bis jetzt haben wir jegliche Konversation darüber, wie es mit uns weitergeht, wenn mein Womo wieder repariert ist, vermieden. Nun ist sie unausweichlich geworden.

»Ich weiß, woran du denkst.« Und Roys Reaktion zeigt mir, dass er weiß, wovon ich rede. Unbehaglich setzt er sich gerader hin und versucht den Blick auf die Straße gerichtet zu halten. Ich merke, dass er diese Unterhaltung immer noch nicht führen möchte. »Die letzten Wochen sind wir beide ziemlich gut im Todschweigen gewesen.«

Ein tiefes Seufzen entweicht ihm nun und seine Körperhaltung sackt wieder ein wenig in sich zusammen. Er merkt selbst, dass er nicht um diese Unterhaltung drumherum kommt. »Da hast du recht. Und am liebsten würde ich es auch weiter verdrängen.«

Einfühlsam aber trotzdem nachdrücklich antworte ich ihm. »Du weißt, dass das nicht geht. In zwei Tagen werde ich weiterfahren. Mir ist genug Geld geblieben, mit dem ich mir an meinem nächsten Reiseziel eine kleine Pension leisten kann.«

Wieder seufzt er und setzt den Blinker, um auf einem kleinen Parkplatz zu fahren. Dort stellt er den Motor ab und wendet sich mir zu. »Ich weiß. Aber diese Erkenntnis bringt uns auch nicht weiter. Das war mir doch von Anfang an klar. Wie oft habe ich mir versucht zu sagen, dass das zwischen uns nichts werden kann. Du wohnst hunderte von Kilometern von hier entfernt. Doch mein Herz wollte nicht auf mich hören. Und irgendwann hat mein Kopf es aufgegeben und verdrängt, einfach ganz weit von sich geschoben. Oder sich eingeredet, dass du dich vielleicht dafür entscheidest, einfach hier zu bleiben.

Die Zurückweisung, nachdem wir nach unserem ersten Date den Hubschrauber haben fliegen lassen, die ist auch darauf zurückzuführen. Eigentlich hatte mein Kopf schon längst kapituliert, aber als du mich umarmen wolltest, ich weiß auch nicht, da kam in einem kurzen Moment nochmal mein Verstand an die Macht, der mich vor einem dritten Liebeskummer bewahren wollte.«

Das wirft ein gänzlich anderes Licht auf die Sache. Der eigentliche Grund war nicht der, dass er sich Liebeskummer ersparen wollte, weil er glaubte, dass ich ihn vielleicht nur benutzen könnte, sondern die Angst davor, dass ich gehen würde, obwohl ich ihn verliebt wäre.

Und sein unglaubwürdiges ›Genau‹ vor der Kletterhalle, mit dem er das Thema schnell vom Tisch wischen wollte, ist nur darauf zurückzuführen, dass er sich nicht mit einer möglichen Trennung oder Fernbeziehung auseinandersetzen wollte.

»Ich will einfach nicht einsehen, dass das hier«, Roy greift nach meiner Hand, hebt sie hoch und verflechtet meine Finger mit seinen, »jetzt einfach so zu Ende sein soll.«

Bei seinen Worten wächst ein Kloß in meinem Hals heran, der durch mein verzweifeltes Schlucken nur noch größer zu werden scheint.

Ich will auch nicht, dass es hier jetzt einfach mit uns vorbei sein soll. Und ich hatte eigentlich schon an dem Abend, an dem ich das erste Mal bei Roy geschlafen habe, den Entschluss gefasst gehabt, dass ich versuchen will eine Fernbeziehung mit ihm einzugehen. Dass ich, wenn ich weiterfahre, auf keinen Fall mit ihm Schluss machen möchte. Das würde mir nur das Herz brechen und meinen gesamten restlichen Roadtrip ruinieren.

Aber auch die Vorstellung, dass ich ihn nicht mehr jeden Tag sehen und küssen kann, reicht, um mein Herz schwer werden zu lassen.

»Es wird hier auch nicht einfach so zu Ende gehen. Ich will mit dir zusammenbleiben und dafür nehme ich liebend gerne eine Fernbeziehung mit dir in Kauf. Vorausgesetzt, du möchtest das auch.«

Bei meinen Worten richtet Roy seinen Blick auf die Mittelkonsole und lässt unsere Hände sinken. Eine Angst, die ich bis jetzt erfolgreich von mir geschoben habe, drängt sich bei dieser Reaktion unaufhaltsam in meinen Verstand, und so frage ich verunsichert. »Roy, möchtest du das?« Meine Stimme zittert leicht.

»Ich weiß es nicht.« Das ist ein Schlag in die Magengrube. Bis jetzt habe ich meine Angst, dass er dazu nicht bereit ist, immer schmälern können, indem ich mir gesagt habe, dass das Unsinn ist. Aber - Aber für ihn scheint das anscheinend gar nicht so unsinnig zu sein.

Schmerzerfüllt presse ich die Lippen aufeinander und schaue auf unsere Hände, die Roy zwar sinken lassen hat, die aber immer noch verschränkt miteinander sind. Verzweifelt versuche ich meine Stimme unter Kontrolle zu halten, doch zu mehr als einem »Okay« bin ich nicht fähig.

Offenbar hat aber auch dieses kleine Wort ausgereicht, um Roy meine Verletztheit zu verraten. Er lässt meine Hand los und führt seine sanft an meine Wange, lenkt meinen Blick auf sich. »Hey, es gibt keinen Zweifel, dass ich weiterhin mit dir zusammen sein möchte, aber in diesem Fall muss ich ein Mal an mich denken. Ich weiß nicht, ob ich es ertragen könnte, zu wissen, dass meine Freundin irgendwo durch die USA trampt, ohne dass ich sie berühren oder küssen kann.«

»Und das Gefühlzu wissen, dass das Mädchen, in das du verliebt bist, irgendwo durch die USA trampt und frei ist sich in andere Typen zu verlieben, ist erträglicher?«, antworte ich beinahe spöttisch, weil ich zu verletzt bin. Weil ich nicht glauben kann, dass das seine Begründung ist, warum er eventuell mit mir Schluss macht.

»Um Gottes Willen, nein! Ich - Ich - Wenn ich ehrlich bin, habe ich nie darüber nachgedacht, dass du dich dann in andere Typen verlieben würdest, könntest.«

Würde ich auch nicht. Könnte ich vermutlich gar nicht. Mein Herz würde ihm gehören. Gehört ihm. So oder so. Ob ich nun seine Freundin bin oder nicht.

»Wenn ich wüsste, du würdest nur für den Roadtrip fortgehen, wäre das alles kein Problem, aber es ist ja nicht nur der Roadtrip. Was ist danach? Ich weiß nicht, ob es mir reichen würde, dich einmal im Monat oder sogar noch seltener zu sehen.«

»Das heißt - « Ich bringe die Worte fast nicht über meine Lippen, weil ich zu viel Angst vor der Antwort habe. »Das heißt, du machst mit mir Schluss?« Ich weine nicht, mir stehen nicht mal Tränen in den Augen, aber meine Stimme zittert leicht und mein Herz blutet und ich weiß nicht, wie es reagiert, wenn er diese Frage jetzt mit ›Ja‹ beantwortet.

A/N: Ich weiß, das ist ein mieser Cut, aber keine Sorge, sie werden noch schlimmer :P

Continue Reading

You'll Also Like

13.5K 1.1K 23
Liebe deinen Rivalen ... Für Abby Gillis ist es das Wichtigste, die Beförderung zu gewinnen, für die sie sich bei der Arbeit bewirbt. Zumindest so la...
171K 8.2K 29
Doro hasst ihren neuen Chef und auch Jeremy macht keinen Hehl daraus, dass er sie nicht ausstehen kann. Sie die graue Maus, er der arrogante Womanize...
29.3K 1.4K 27
» Band 2 « 𝐕𝐚𝐥𝐞𝐧𝐭𝐢𝐧𝐚 𝐑𝐢𝐧𝐚𝐥𝐝𝐢, eine junge Studentin, kriegt unerwartete Gefühle für ihren Entführer. Wird sie ihre verborgenen Emotion...
81.3K 7.7K 29
Niemand ist perfekt. Doch als sie Theo das erst mal sieht, ist er genau das. Er wirkt so, als wäre er gerade aus einer Nicholas Sparks Verfilmung en...