Rehaugen (Band 1)

By VivienWa

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Sie werden kommen. Sie werden dich jagen. Und dann werden sie dich fressen. Fast 50 Jahre ist es nun schon h... More

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- Epilog -
- Danksagung -

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By VivienWa

Über die Mauer klettern wir in den Garten der Zuchtstation und verstecken uns in den Büschen, damit uns die Überwachungskameras nicht sofort auffliegen lassen.

„Ok, also wir hatten hin und wieder zur Übung einen Feueralarm. Alle müssen sich dann in den Hof begeben und sich hier versammeln, bis die Lage wieder sicher ist", erklärt uns Toni.

„Also werden sie mit Sicherheit hierherkommen, ja?", frage ich nach, weil mir Tonis Plan noch nicht sehr sicher erscheint, aber er ist der beste, den wir auf die Schnelle entwickeln konnten.

Er nickt zuversichtlich und ich atme tief ein.

„Ok, na dann los", flüstere ich und Toni verschwindet in den Büschen in Richtung des Hauptgebäudes. Tami, Aurora und ich folgen ihm ein Stück, warten dann aber am vereinbarten Punkt – in einem Busch - darauf, dass die anderen aus der Zuchtstation kommen müssen. Toni läuft weiter zum Gebäude. Es ist stockdunkel und dauert deshalb nicht lange, bis er außer Sichtweite ist. Sekunden später geht der Alarm los. Toni kommt zu uns zurück geschlichen und wir warten darauf, dass alle Menschen und Besetzer das Gebäude verlassen.

„Achtet darauf, ob ihr irgendwo Linda seht. Wenn sie nicht hier ist, befindet sie sich wirklich auf der Krankenstation. Das ist nämlich ein Extragebäude und somit vor einem möglichen Feuer in diesem geschützt", erklärt uns Toni.

Ich sehe alle möglichen Menschen. Sogar viele, die ich während den zwei Wochen da drin kennengelernt habe. Aber nirgendswo sehe ich Linda.

„Seht ihr sie?", flüstert Toni und ich würde ihm am liebste eine verpassen, weil er redet, während keine paar Meter von uns entfernt Starke und Zarte stehen. Doch das Klatschen meiner Hand in seinem Gesicht könnte womöglich etwas zu laut sein ... jedenfalls wenn ich ihn so fest schlage, wie er es verdient hätte. Stattdessen sehe ich ihn streng an und schüttle meinen Kopf.

Doch kaum rege ich mich über Toni auf, macht Tami prompt dasselbe. „Da drüben ist Nala", sagt sie und deutet dabei auf eine Zarte nur etwa drei Meter von uns entfernt. Ich sehe sie überrascht an. Die Zarten sehen doch fast alle gleich aus. Woher will sie wissen, ob das nicht vielleicht Nika oder eine andere ist?

„Woher weißt du das?", frage ich sie leise.

„Es steht auf ihrer Uniform."

Tatsächlich. Als die Zarte sich etwas zu uns dreht, kann ich es auch erkennen. Auf ihrer Brust steht ‚Nala'. Ich hoffe einfach mal, dass es davon nicht allzu viele hier gibt und das die richtige Nala ist.

Sie sieht sich nervös um, als würde sie etwas oder jemanden suchen. Linda? Uns?

Es gibt nur eine Möglichkeit, um das heraus zu finden.

Ich drücke Tami meine Waffe in die Hand und flüstere „Ihr bleibt hier und keinen Mucks". Ehe sie mich aufhalten können, bin ich auch schon weg. Es ist dunkel genug, dass niemand mitbekommt, als ich plötzlich aus dem Busch emporsteige.

Ich berühre Nala vorsichtig an ihrem Arm und sie zuckt zusammen. Mit großen Augen starrt sie mich an. „Adam? Geht es dir gut? Wo sind die anderen?", sagt sie in der monotonen Sprechweise, wie sie nur die Besetzer draufhaben.

„Die anderen haben sich versteckt ... naja, Tami, Aurora und Toni haben sich versteckt."

Wir sind nur ein Mensch und eine Zarte, die miteinander reden. Es kommt mir komisch vor, aber das ist es scheinbar nicht. Denn obwohl ich furchtbare Angst habe, dass uns jemand entdecken könnte, scheine ich niemanden weiter zu interessieren.

„Und was ist mit Lukas?", fragt Nala.

Ich hole tief Luft. „Er hat etwas von der Henkersmahlzeit gegessen. Damik hat versucht ihm noch zu helfen, aber es war schon zu spät", erinnere ich schmerzhaft zurück.

In Nalas Gesicht spiegelt sich tatsächlich sowas wie Überraschung und Trauer wider. „Linda wird diese Nachricht zerstören."

„Ich weiß. Ich habe versprochen, ihr Lukas heil wieder zu bringen und ich habe versagt."

Sie antwortet nicht darauf. Ein Mensch würde jetzt vielleicht sowas sagen wie „Du kannst nichts dafür". Aber da sie ein Besetzer ist, kann ich schon froh sein, dass sie mir nicht zu stimmt und mich damit komplett vernichtet.

„Wo ist Linda?", frage ich Nala, „Ich sehe sie nirgends."

„Sie ist auf der Krankenstation."

Also doch!

„Warum das?"

Sie ist zusammengebrochen. Es geht ihr inzwischen wieder besser, aber ich bin mir nicht so sicher, ob sie schon wieder in der Lage ist, mit euch zu flüchten."

„Aber wir können sie doch auch nicht zurücklassen."

„Adam, das könnte sie ihr Leben kosten."

Ich überlege. „Ist sie wach?"

„Ja, ist sie. Warum?"

„Dann bring uns einfach zu ihr und wir fragen sie selbst", schlage ich vor.

„Adam. Ich bin mir sicher, sie wird mit euch gehen wollen. Aber das bedeutet nicht, dass das auch das Beste für sie ist."

„Und ich glaube nicht, dass das hier das Beste für sie ist."

Nala seufzt. Ich kann halt auch ein Sturkopf sein, wenn ich will. Nur gegen Tami habe ich keine Chance. Wenn Tami dieses Gespräch mit Nala geführt hätte, wäre wir wahrscheinlich schon längst über alle Berge.

Inzwischen ist allen klar, dass das nur falscher Alarm war mit dem Feuer und die Menschen und Besetzer sind dabei sich wieder in das Gebäude zu begeben.

„Bitte, bring uns zu Linda", flehe ich Nala an. Sie zögert eine Weile, bevor sie endlich nickt.

Ich gebe Tami, Aurora und Toni ein Zeichen, dass sie aus dem Busch kommen können. Nala wird beinahe ausfallend, als sie Aurora sieht. „Adam, wir dürfen nicht mit der Kleinen hier gesehen werden. Nie würde man sie in die Zuchtstation geben. Wenn sie irgendjemand entdeckt, fliegen wir alle noch auf."

„Ich lasse sie hier nicht allein", antworte ich ihr.

„Wenn die Kameras euch aufnehmen, schaffe ich es ja vielleicht noch mich raus zu reden, um nicht wegen Beihilfe zur Flucht eingesperrt zu werden. Aber das wird unmöglich sein, wenn sie dabei ist."

Es ist mir eigentlich scheißegal, ob Nala eingesperrt wird oder nicht. Aber sie hat uns schon so viel geholfen, dass ich ihr das einfach schuldig bin.

„Na gut. Tami? Versteckst du dich hier irgendwo mit Aurora und wartest auf uns?"

„Was? Ihr lasst uns hier in der Dunkelheit allein?", fragt Aurora ängstlich.

„Ich pass schon auf dich auf", versucht Tami ihr Mut zu zusprechen.

„Du hast meine Waffe noch?", frage ich sie und sie nickt.

Toni reicht ihr die Karte. „Falls irgendwas passiert, was ich nicht hoffe. Aber damit ihr hier zur Not rausfindet."

„Und was ist, wenn ihr sie braucht?"

„Ich habe sie inzwischen im Kopf. Keine Angst wir finden hier schon raus", beruhigt er sie und dafür bin ich ihm sehr dankbar.

Ich falte die Karte auf. „Falls wir uns wirklich trennen müssen, treffen wir uns dort wieder, ok?" Ich zeige auf eine alte Burgruine, die vor den Stadtmauern eingezeichnet ist. „Toni, hast du die auch im Kopf?"

„Sie ist südlich von hier. Wir werden sie schon finden."

Ich falte die Karte wieder zusammen.

„10 Minuten oder wenn ihr ein lautes Geräusch oder irgendwas anderes Verdächtiges beobachtet, dann verschwindet ihr von hier, verstanden? Vielleicht holen wir euch ja auch wieder ein", sage ich Tami und sie nickt tapfer. Ich sehe ihr genau an, dass ihr das nicht passt und mir genauso wenig. Aber wir haben keine andere Wahl.

Ich umarme und küsse Tami. Falls irgendwas schiefgeht, könnte das das letzte Mal sein. Aber das kann es ja theoretisch immer. Aurora umarmt mich zum Abschied. Nicht ich sie – sie mich.

Dann verschwinden die beiden wieder im Gebüsch.

„Versucht keine Aufmerksamkeit auf euch zu ziehen", belehrt Nala uns dann und dreht sich um. Wir folgen ihr. Die ganzen Menschen und Besetzer sind schon längst wieder im Gebäude.

Nala führt uns um die Ecke in ein Nebengebäude. Ich vermute einfach mal, dass das die Krankenstation ist. Es ist alles so weiß und steril so wie alles in dieser Stadt.

Wir müssen nicht lange laufen, bis sie vor einer Tür hält und sie öffnet.

Linda liegt wach im Krankenbett und springt fast auf, als sie uns sieht. Ich freue mich, dass es ihr so gut geht. Doch augenblicklich werde ich wieder von der harten Wahrheit getroffen.

„Wo ist Lukas?", fragt sie verwirrt.

„Linda, er ...", setze ich an und werde dann von Toni unterbrochen.

„Er wartet draußen und passt auf Tami und Aurora auf. Wir konnten Aurora nicht mit reinnehmen, Ein kleines Mädchen auf einer Zuchtstation würde zu sehr auffallen."

Ich starre Toni an - entsetzt darüber, wie leicht es ihm scheinbar fällt, zu lügen. Nala starrt ihn ebenfalls mit hochgezogenen Augenbrauen an, sagt aber nichts dazu.

„Warum hat Toni nicht auf die beiden aufgepasst?", fragt sie skeptisch. Scheiße, sie scheint seine Lüge zu durchschauen.

„Wir dachten einfach, bei Lukas wären sie sicherer."

Linda mustert uns von oben bis unten. Was für ein verdammt unangenehmes Gefühl, wenn man gerade mitten in einer Lüge steckt.

„Irgendetwas stimmt doch hier nicht. Lukas würde nicht irgendwo draußen auf mich warten. Erstrecht nicht, wenn er wüsste, dass ich auf der Krankenstation liege. Er würde mit aller Macht versuchen mich hier selber rauszukriegen."

„Nala hatte uns bereits versichert, dass es dir schon wieder besser geht, nach dem du heute zusammengebrochen bist und so konnten wir ihn überzeugen, draußen mit Tami und Aurora zu warten. Ist doch so oder Nala?" Toni sieht sie mit großen Augen an und hofft, dass sie ihn bei seiner Lüge unterstützt.

„Das habe ich", antwortet sie schließlich und ich atme erleichtert, aber dennoch still, aus.

„Na schön, dann bringt ich hier raus. Ich will zu ihm", sagt Linda und es schmerzt so sehr, sie das sagen zu hören.

Nala reicht Linda ihre Sachen. Toni und ich drehen uns ganz Gentleman-like um, während sie sich anzieht.

„Fertig", sagt sie dann. Nala stützt sie, weil sie noch sehr schwach auf den Beinen ist. Na toll, denke ich, eine weitere Schwachstelle. Nala übergibt Linda förmlich an Toni und die beiden machen sich schon langsam auf den Weg nach draußen.

„Adam", setzt Nala an, „ihr findet doch bestimmt selber raus, oder?"

„Ich denke schon."

„Würdest du mir dann einen Gefallen tun und mir zum Abschied eine runterhauen?" Wie sie das so sagt mit ihrem Besetzerlächeln im Gesicht ... ich bin mir nicht sicher, ob sie das ernst meint oder mich verarscht? Aber wann hat schon jemals ein Besetzer einen Witz gemacht? Ich frage dennoch, nur um sicher zu gehen.

„Soll das ein Scherz sein?"

„Nein. Für die Kameras. Wenn du mich zu Boden schlägst, wird es auf den Bändern so aussehen, als hättet ihr mich überwältigt und ich wäre aus dem Schneider."

Klingt logisch. Das bin ich ihr schuldig. Und wir oft hat man schon die Chance einem Besetzer mit seiner eigenen Erlaubnis eine zu verpassen?

Für die Kameras versuche ich so bedrohlich auszusehen wie es nur geht. Ein steinerner Blick, ein aufrechter Gang, die Hände zu Fäusten.

„Nala, ich danke dir für deine Hilfe und den Beweis, dass nicht alle Besetzer Menschenfresser sind."

„Es war mir ein Vergnügen, euch helfen zu dürfen."

Ich schlage sie nicht hart. Um ehrlich zu sein berühre ich kaum ihr Gesicht. Doch sie spielt die Rolle der Geschlagenen sehr gut und geht sofort zu Boden.

„Lebwohl, Nala", verabschiede ich mich von ihr und verlasse das Krankenzimmer.

Toni und Linda sind schon fast draußen.

„Wo warst du denn noch", fragt Toni mich, als ich die beiden eingeholt habe.

„Ähm, Nala bat mich zum Abschied noch um einen kurzen Gefallen."

Ich schaue auf meine Uhr. 10 Minuten sind noch nicht vorbei. Theoretisch müssten Tami und Aurora noch da sein. Doch kaum freue ich mich darüber, dass mal etwas nach Plan verläuft, rächt sich das Universum auch schon wieder an mir.

„Bleib stehen, Adam", höre ich plötzlich hinter mir eine Stimme sagen.

Dieser sarkastische Unterton.

Ich muss mich gar nicht umdrehen und nach dem Namensschildchen suchen, um zu wissen, dass es Nika ist.

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