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Über die Mauer klettern wir in den Garten der Zuchtstation und verstecken uns in den Büschen, damit uns die Überwachungskameras nicht sofort auffliegen lassen.

„Ok, also wir hatten hin und wieder zur Übung einen Feueralarm. Alle müssen sich dann in den Hof begeben und sich hier versammeln, bis die Lage wieder sicher ist", erklärt uns Toni.

„Also werden sie mit Sicherheit hierherkommen, ja?", frage ich nach, weil mir Tonis Plan noch nicht sehr sicher erscheint, aber er ist der beste, den wir auf die Schnelle entwickeln konnten.

Er nickt zuversichtlich und ich atme tief ein.

„Ok, na dann los", flüstere ich und Toni verschwindet in den Büschen in Richtung des Hauptgebäudes. Tami, Aurora und ich folgen ihm ein Stück, warten dann aber am vereinbarten Punkt – in einem Busch - darauf, dass die anderen aus der Zuchtstation kommen müssen. Toni läuft weiter zum Gebäude. Es ist stockdunkel und dauert deshalb nicht lange, bis er außer Sichtweite ist. Sekunden später geht der Alarm los. Toni kommt zu uns zurück geschlichen und wir warten darauf, dass alle Menschen und Besetzer das Gebäude verlassen.

„Achtet darauf, ob ihr irgendwo Linda seht. Wenn sie nicht hier ist, befindet sie sich wirklich auf der Krankenstation. Das ist nämlich ein Extragebäude und somit vor einem möglichen Feuer in diesem geschützt", erklärt uns Toni.

Ich sehe alle möglichen Menschen. Sogar viele, die ich während den zwei Wochen da drin kennengelernt habe. Aber nirgendswo sehe ich Linda.

„Seht ihr sie?", flüstert Toni und ich würde ihm am liebste eine verpassen, weil er redet, während keine paar Meter von uns entfernt Starke und Zarte stehen. Doch das Klatschen meiner Hand in seinem Gesicht könnte womöglich etwas zu laut sein ... jedenfalls wenn ich ihn so fest schlage, wie er es verdient hätte. Stattdessen sehe ich ihn streng an und schüttle meinen Kopf.

Doch kaum rege ich mich über Toni auf, macht Tami prompt dasselbe. „Da drüben ist Nala", sagt sie und deutet dabei auf eine Zarte nur etwa drei Meter von uns entfernt. Ich sehe sie überrascht an. Die Zarten sehen doch fast alle gleich aus. Woher will sie wissen, ob das nicht vielleicht Nika oder eine andere ist?

„Woher weißt du das?", frage ich sie leise.

„Es steht auf ihrer Uniform."

Tatsächlich. Als die Zarte sich etwas zu uns dreht, kann ich es auch erkennen. Auf ihrer Brust steht ‚Nala'. Ich hoffe einfach mal, dass es davon nicht allzu viele hier gibt und das die richtige Nala ist.

Sie sieht sich nervös um, als würde sie etwas oder jemanden suchen. Linda? Uns?

Es gibt nur eine Möglichkeit, um das heraus zu finden.

Ich drücke Tami meine Waffe in die Hand und flüstere „Ihr bleibt hier und keinen Mucks". Ehe sie mich aufhalten können, bin ich auch schon weg. Es ist dunkel genug, dass niemand mitbekommt, als ich plötzlich aus dem Busch emporsteige.

Ich berühre Nala vorsichtig an ihrem Arm und sie zuckt zusammen. Mit großen Augen starrt sie mich an. „Adam? Geht es dir gut? Wo sind die anderen?", sagt sie in der monotonen Sprechweise, wie sie nur die Besetzer draufhaben.

„Die anderen haben sich versteckt ... naja, Tami, Aurora und Toni haben sich versteckt."

Wir sind nur ein Mensch und eine Zarte, die miteinander reden. Es kommt mir komisch vor, aber das ist es scheinbar nicht. Denn obwohl ich furchtbare Angst habe, dass uns jemand entdecken könnte, scheine ich niemanden weiter zu interessieren.

„Und was ist mit Lukas?", fragt Nala.

Ich hole tief Luft. „Er hat etwas von der Henkersmahlzeit gegessen. Damik hat versucht ihm noch zu helfen, aber es war schon zu spät", erinnere ich schmerzhaft zurück.

Rehaugen (Band 1)Where stories live. Discover now