Down in Albion

By diekleineelisabeth

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Emma Simon ist Kunstgeschichtsstudentin aus Leidenschaft, Scones-Enthusiastin aus Prinzip (weil dieses Gebäck... More

Kapitel 1 - I LOVE LONDON
Kapitel 2 - BEGGIN' FOR THREAD
Kapitel 3 - THIS IS WHERE I BELONG
Kapitel 4 - HEROES
Kapitel 5 - DON'T YOU FIND
Kapitel 6 - HEART OUT
Harry POV - SHE'S ELECTRIC
Kapitel 7 - THAT DON'T IMPRESS ME MUCH (Part II)
Kapitel 8 - DRIFTING
Kapitel 9 - I WANNA BE YOURS
Kapitel 10 - HAPPILY
Kapitel 11 - ALL ALONG THE WATCHTOWER
Kapitel 12 - FALLING
Kapitel 13 - BATTLES
Kapitel 14 - I AND LOVE AND YOU
Kapitel 15 - YOURS TO SHAKE
Kapitel 16 - SLOW LOVE
Kapitel 17 - SAFE AND SOUND
Kapitel 18 - YOUNG BLOOD
Kapitel 19 - YOUNG FOLKS
Kapitel 20 - AMERICAN MONEY
Kapitel 21 - BAD BLOOD
Kapitel 22 - MUSHABOOM
Kapitel 23 - YOUR BODY IS A WONDERLAND
Kapitel 24 - IT'S THE MOST WONDERFUL TIME OF THE YEAR
Kapitel 25 - JEALOUS
Kapitel 26 - CEREMONY
Kapitel 27 - GIVE ME A TRY
Kapitel 28 - YOU ARE FIRE
Kapitel 29 - DEPTH OVER DISTANCE
Kapitel 30 - TONIGHT
Kapitel 31 - MIND OVER MATTER
Kapitel 32 - EVER SINCE NEW YORK
Kapitel 33 - BRIDGES
Kapitel 34 - DARLINGS
Harry POV - GOLD
Kapitel 35 - STILLE
Kapitel 36 - SHUT UP KISS ME
Kapitel 37 - ALL NIGHT

Kapitel 7 - THAT DON'T IMPRESS ME MUCH (Part I)

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By diekleineelisabeth

Surprise, surprise!
Ich dachte ich überrasche euch mal mit einem Vor-Mittwochs-Update :)
Kapitel 7 (Part I und II) spielen am selben Tag wie Harrys POV, nur damit ihr nicht verwirrt seid. Viel Spaß!

+++

Kapitel 7 - THAT DON'T IMPRESS ME MUCH (Part I)

Okay, so you're Brad Pitt...

That don't impress me much.

So you got the looks but have you got the touch?

(Shania Twain - That don't impress me much)


In dem Moment, in dem ich am nächsten Morgen meine Augen öffne, habe ich das leise aber nervige und ziemlich bestimmte Gefühl, dass dieser Tag irgendwie einfach nur scheiße werden kann. Und als ich dann über die Schuhe, die ich gestern Nacht achtlos ins Zimmer geschmissen habe, stolpere und äußerst unfreiwillig den Boden küsse, fühle ich mich in meiner Vorahnung bestätigt. Stöhnend rapple ich mich auf und trotte zur Kaffeemaschine, meiner Lebensretterin in allen Lebenslagen.

Ich habe viel zu wenig geschlafen, aber nachdem ich meiner Schwester letzte Nacht noch mein Herz ausgeschüttet habe, geht es mir zumindest in dieser Hinsicht etwas besser. Auf jeden Fall, weiß ich jetzt, dass ich dringend mit Tom sprechen muss. Das Ganze ist allerdings leichter gesagt als getan, da er bis jetzt auf keine meiner Nachrichten und auch nicht auf meine zwei Anrufe reagiert hat. Ich weiß absolut nicht, was los ist, aber zuversichtlich stimmt mich die Situation nicht. Dieses Verhalten entspricht so gar nicht Toms Art, der sich in der Vergangenheit fast sogar ein bisschen exzessiv gemeldet hat. Mir ist klar, dass es den letzten Monat nicht wirklich gut zwischen uns gelaufen ist und die letzten Tage haben mich ehrlich gesagt weiter von ihm weggetrieben, als die Dinge wieder gerade zu rücken, aber sein untypisches Benehmen ist noch einmal eine ganz andere Sache.

Seltsamerweise habe ich das Gefühl, dass, wenn ich nur mit Tom reden könnte, wenn wir uns nur richtig aussprechen könnten, möglicherweise alles wieder besser werden würde. Ich schüttle den Kopf, während ich mir Kaffee in meine Tasse einschütte – zu viel Konjunktiv in meinen Gedanken. Die Wahrscheinlichkeit dafür, dass alles den Bach runter geht ist höher als die Alternative und trotzdem will ich nicht einfach so eineinhalb Jahre Beziehung und Jahre der Freundschaft aus dem Fenster werfen. Ich will wissen, ich will mir sicher sein, dass es einmal kein Fehler ist, meinem Herz eine Entscheidung zu überlassen. Ich fluche nach dem ersten Schluck meines Kaffees – natürlich habe ich mir die Zunge verbrannt.

Ich ziehe mich an, ein bisschen adretter als sonst, da ich heute Mittag Dianas Eltern und ihre kleine Schwester kennenlernen soll – und mein untrüglicher Instinkt mir sagt, dass diese Familie möglicherweise auf mein Äußeres achten könnten. Nach kurzem Überlegen wähle ich eine schwarze Skinny Jeans, schwarze Leder Chelsea-Boots mit leichtem Absatz, eine süße, langärmlige blaue Bluse mit Bubikragen zusammen mit einem etwas dickeren, dunkelgrauen Wollmantel aus – es wird nämlich immer kälter; der Herbst ist in London angekommen und hat die Stadt fest im Griff.

Und dann passiert bereits der nächste Mist dieses fatalen Tages – die scheiß Kontaktlinsen wollen absolut nicht in meine Augen. Ich versuche es eine geschlagene viertel Stunde, bevor ich aufgebe, da ich sonst definitiv zu spät zur Arbeit komme. Ich seufze und ziehe meine runde, hellbraune Hornbrille auf. Dann eben so. Ich schnappe mir meine Tasche und spurte los, damit ich die U-Bahn zur Gallery noch rechtzeitig erwische.

Dort angekommen erwartet mich schon die zweite Überraschung des Tages: Diana ist krank – was Tessa zu einem kleinen Freudentanz hinreißt. Ohne Witz.

„Gibt es einen besonderen Grund dafür, dass du dich so über Dianas Abwesenheit freust?", frage ich sie, als wir später im Pausenraum sitzen und einen wohlverdienten Kaffee trinken (Nummer 5 für den heutigen Tag, nicht, dass ich mitzählen würde...)

Sie grinst mich an – ihre gute Laune ist schon fast beängstigend, „Hörst du das?"

Ich blicke sie verwirrt an und ziehe meine Augenbraue hoch, „Äh? Was?" – ich habe überhaupt keine Ahnung worauf sie hinaus will. „Ich höre nichts Besonders..."

„Exakt!", antwortet sie und seufzt zufrieden, „Kein nerviges Gelaber in überhöhter Stimmlage und vor allem keine fünfstündige Detailbeschreibung einer ganz bestimmten Boyband – und glaub mir, das wäre heute zehntausend Mal schlimmer ausgefallen als sonst, weil sie auf dieses komische Konzert geht, von dem sie gestern erzählt hat... Wenn du mich fragst: Ich vermute, dass sie einfach nur vorgibt krank zu sein, um den ganzen Tag Super-Groupie spielen zu können.", sie lehnt sich sichtlich amüsiert zurück und nimmt einen weiteren Schluck aus ihrer Tasse.

Ich muss kurz lachen. „Kann es sein, dass du eine ausgewachsene Abneigung gegen diese ominöse „One Direction" Band hast?"

"Vielleicht.", erwidert sie, zuckt dann jedoch belustigt mit den Schultern, „Ach, keine Ahnung. Ich hab' noch nicht einmal eine so extreme Abneigung gegen die Jungs, es ist nur eben nicht so wirklich mein Musikgeschmack. Ich finde es zugegebenermaßen einfach nur lustig, Diana aufzuziehen – und sie reagiert ja auch wirklich immer sofort, wenn man nur einen klitzekleinen Piep gegen ihre zu Götter hochstilisierten Idole sagt. Tief in mir drin weiß ich, dass das böse ist, aber da ich eine abgrundtief schlechte Person bin, kann ich nicht damit aufhören."

Sie grinst frech und ich grinse zurück, während ich meinen Kopf schüttle. „Mensch Tessa, du Devil in Disguise!", ich schütte mir eine weitere Tasse ein und ignoriere Tessas besorgten Blick. „Keine Ahnung, wieso ich noch nie etwas von dieser Band gehört habe...", sage ich schnell, bevor sie fragen kann, warum ich mir den Kaffee nicht einfach intravenös spritze.

„Das ist wirklich ein Wunder.", kommentiert Tessa schmunzelnd, bevor sie ergänzt: „Aber es liegt vermutlich daran, dass du auch noch nie etwas von Social Media gehört hast."

„Hey! Nur, weil ich kein Facebook oder Twitter oder was auch immer habe, heißt das nicht, dass ich überhaupt nichts davon mitkriege, was in dieser Welt geschieht!", antworte ich gespielt schmollend, aber dennoch amüsiert. Ich weiß, dass meine Einstellungen zu diesen ganzen Webseiten und Apps vermutlich eher denen einer 60-Jährigen als einer 21-Jährigen ähneln, aber ich habe bis jetzt ehrlich gesagt noch nicht wirklich das Bedürfnis verspürt, mich auf diesem Wege der ganzen Welt mitzuteilen. Das einzige, das ansatzweise in diese Richtung geht, ist der kleine Kunst-Blog auf wordpress.com, den ich in der Zeit meines Paris-Praktikums geführt habe – und für den sich außer Tom, meiner Schwester und ein paar meiner Kommilitonen niemand interessiert hat. Ganz ehrlich – die Leute, die mir etwas bedeuten und mit denen ich in Kontakt bleiben möchte, haben meine Handynummer und meine Emailadresse... Meine Gedanken wandern unweigerlich zu Tom und der Tatsache, dass die eine Person, mit der ich eigentlich Kontakt halten will, momentan keinen mit mir haben zu wollen scheint.

In diesem Moment meldet sich mein Handy – erwartungsvoll schaue ich drauf doch werde erneut enttäuscht, als ich sehe, dass es lediglich Diana ist, die mir eine SMS geschickt hat.

Liebe Emma. Ich bin heute leider krank und kann dich deshalb nicht mitnehmen. Meine Eltern möchten, dass ich dir ausrichte, dass sie sich freuen würden, wenn du heute dennoch bei uns vorbei kommst, um Ella kennen zu lernen und dich vorzustellen. Wir wohnen 14 Queensberry Place. Diana.

„Mmh, sie scheint tatsächlich krank zu sein.", sage ich zu Tessa und halte ihr das Handy vor die Nase.

„Ach, wer's glaubt.", winkt sie ab, bevor sie mich interessiert anblickt. „Aber jetzt zu den wirklich wichtigen Themen! Wie lief's eigentlich mit deinem ,Nicht-Date' im Plattenladen, gestern Abend?", fragt sie und zwinkert mir zu. Ich stöhne auf und stütze meinen Kopf auf meine Hände.

„Ohhoh – ich ahne, es gibt eine Story – los, erzähl schon!"

„Also...", beginne ich langsam, hebe meinen Kopf und lasse meine Arme auf den Tisch sinken, „Ich habe ihm gesagt, dass ich einen Freund habe, was irgendwie seltsam war – aber am Ende war es trotzdem ein unfassbar famoser Abend: Ich hab ein paar tolle neue Schallplatten ergattern können, wir haben uns super verstanden... Er hat extrem viel Ahnung von Musik... er macht sogar Musik... obwohl er irgendwie nicht so darüber reden wollte."

Tessa schnaubt und zuckt mit den Schultern, „Naja, wahrscheinlich ist er einfach scheiße und das ist ihm peinlich. Wir sind hier in England, jeder Typ, der auch nur ansatzweise eine Gitarre in der Hand halten kann, ist in einer verdammten Band – und glaub mir, ein Großteil von denen ist mehr als absolut grottig."

Ich schüttle lachend den Kopf, „Ich glaube nicht, dass es daran liegt. Er kann verdammt gut singen.", erwidere ich.

Tessa hebt eine Augenbraue an, „Und woher weißt du das so genau?", fragt sie.

Ich beiße auf meiner Unterlippe herum, „Wir haben möglicherweise zusammen in einem leeren Plattenladen auf die Stones getanzt und er hat möglicherweise dazu gesungen und ich habe ganz möglicherweise ein bisschen gefangirlt, weil er so gut gesungen hat.", murmle ich und spüre, wie die Hitze in mein Gesicht steigt.

„Okay...", sie grinst, „Emma, sorry, aber das hört sich verdammt nach einem Date an. Nach einem extrem kitschigen obendrein. Fehlt nur noch, dass er was für dich bezahlt hat!"

Ich lächle gequält auf, denn dieser Idiot hat es tatsächlich irgendwie geschafft, mir das Geld für die Schallplatten zurück in meinen Rucksack zu stecken – was mir natürlich erst aufgefallen ist, als ich wieder in meiner Wohnung war.

Tessa schaut mich ungläubig an. „Oh. Mein. Gott! Er hat für dich bezahlt!", sie lacht auf. „Verdammt, wieso lernst du Typen kennen, die dich in einen Plattenladen einladen und dann auch noch etwas für dich bezahlen, während ich nur Deppen treffe, die selbst für einen Kaffee zu geizig sind!"

„Unwissentlich!", rufe ich wild gestikulierend aus. „Er hat angeboten, die Platten für mich zu bezahlen, ich hab's abgelehnt, aber er hat's irgendwie geschafft mir danach mein Geld wieder unterzujubeln...", stelle ich klar.

„Ohhh der Typ gefällt mir immer mehr.", Tessa klatscht in die Hände während ich fast verzweifle. Das Problem ist nämlich, dass es mir genau so geht.

Ich lasse meinen Kopf auf die kalte Tischplatte sinken, „Das Ganze bringt mich einfach nur komplett durcheinander.", ich kneife meine Augen zu, „Gott, ich muss wirklich dringend mit Tom reden.", murmle ich und kann einen frustrierten Aufschrei nicht unterdrücken. Tessa schreckt zusammen. „Warum meldet sich dieser Idiot nicht?", frage ich in den Raum.

„Weil Männer grundsätzlich prädestiniert sind, sich so dumm wie möglich zu benehmen?", antwortet Tessa bevor sie mir aufbauend auf Schulter klopft. „Das regelt sich schon alles irgendwie. Glaub mir!" Ich schnaube ungläubig, denn ehrlich gesagt bezweifle ich das.

„Ich will einfach nur, dass alles wieder normal wird...", flüstere ich, so leise, dass ich sicher bin, dass Tessa es nicht gehört haben kann.

„Ich kenne dich zwar noch nicht lange Emma, aber ich bin mir ziemlich sicher, dass du die letzte Person auf der Welt bist, die „Normal" will.", antwortet sie dann allerdings einige Sekunden später. Ich bleibe stumm. Ich bin mir momentan nicht mal mehr sicher, ob sie Recht hat und ich falsch liege oder umgekehrt.

Bevor sie oder ich noch etwas sagen können, kommt Mrs Colter in den Raum, um uns für die Tagesbesprechung abzuholen.

Nachdem der Arbeitstag vorbei ist, fahre ich mit dem Bus in Richtung des Hauses von Dianas Familie, definitiv froh über das bisschen Ablenkung von der ganzen Harry-Tom-Situation. Nach einigem Suchen finde ich schließlich ein typisches Londoner Backsteinhaus mit weißen Fensterläden – und verdammten SÄULEN unter der Adresse, die Diana mir mitgeteilt hat. Das Gebäude sieht unglaublich schön aus und es ist für Londoner Verhältnisse nicht gerade klein geraten. Ich will gar nicht wissen, wie viel diese Immobilie vor mir wert ist...

Ich klingle an der schwarzen Tür und versuche gleichzeitig den Impuls zu unterdrücken, diesen pompösen goldenen Löwenkopf-Türklopfer vor mir gegen das Holz zu schlagen. Es dauert nur einige Sekunden, bis ich Gepolter und laute Schritte auf der anderen Seite hören kann. Die Tür wird aufgerissen und vor mir steht die Miniaturausgabe von Diana, allerdings blickt das kleine Mädchen nur halb so verbissen. Sie hat vielmehr ein riesiges Grinsen im Gesicht, springt auf und ab und scheint mehr als glücklich darüber zu sein, dass ich da bin. Ich lächle sie an. Das sieht ja nach einem guten Anfang aus!

„Oh du bist da! Wie toll, das ist super! Du rettest mir den Tag! Danke, Danke, Danke!", quietscht die Kleine und umarmt mich stürmisch.

Ich lache auf und erwidere die Umarmung. "Freut mich, dass du dich freust, aber wieso rette ich dir den Tag?"

Aus dem Hintergrund höre ich die belustigte Stimme eines Mannes. „Komm schon Ella, lass Emma erst einmal in das Haus eintreten, bevor du sie mit deinem Enthusiasmus noch verscheuchst. Sie hat auch noch gar nicht „Ja" gesagt, Liebes."

Ella schaut kurz zerknirscht drein, greift dann allerdings energisch nach meiner Hand und zieht mich in den Eingangsbereich des Hauses hinein. Der ist erstaunlicherweise ziemlich offen und hell gestaltet – und mir ist sofort klar, dass hier Geld zu Hause ist. Nun erkenne ich auch den Mann, der gerade gesprochen hat. Er trägt einen dunkelblauen Nadelstreifenanzug, hat leicht ergrautes Haar und sieht insgesamt ziemlich seriös aus – dennoch ist er mir sofort sympathisch. Vielleicht liegt das an den klar erkennbaren Lachfalten, die sich um seine Augen gebildet haben.

Er reicht mir die Hand. „Freut mich dich kennenzulernen Emma. Tut mir leid, dass Diana dich heute nicht mitnehmen konnte, aber sie hat sich eine Grippe eingefangen und der Arzt hat angeordnet, dass sie das Bett für einige Tage nicht verlässt."

„Kein Problem, ich habe das Haus ja auch so gefunden.", antworte ich lächelnd.

„Wunderbar.", er reibt seine Hände aneinander, „Ähm, ja. Kann ich dir vielleicht etwas zu trinken anbieten?", er blickt mich fragend an, doch ich schüttle höflich den Kopf.

„Nein Danke, ich habe keinen Durst."

„Papaaaa, fragst du sie jetzt bitteee?", bettelt Ella und zieht an dem Anzugärmel ihres Vaters. Ich muss beinahe wieder lachen, als ich sehe, wie theatralisch sie mit ihren Augen klimpert. Sie und Harry können sich mit ihrem „Welpenblick" echt zusammentun.

„Was ist denn?", frage ich neugierig, als mich Ellas Vater entschuldigend anlächelt.

„Nun ja... eigentlich war dieser Tag etwas anders geplant, aber wie das mit Plänen so ist – sie werden irgendwie immer durchkreuzt. Diana ist krank und ich muss leider kurzfristig und ziemlich dringend zu meiner Frau in die Kanzlei zurück – wir haben einen Notfall, allerdings hat Ella heute Nachmittag etwas ganz Besonderes vor...", bevor er die Situation jedoch weiter erklären kann, wird er unterbrochen.

„Ich gehe auf das One Direction Konzert samt Signierstunde!!!", platzt es aus der Kleinen hervor.

„Aha...?", ich weiß noch nicht genau, worauf diese Unterhaltung hinauslaufen soll.

„Eigentlich sollte Diana mit Ella dorthin gehen. Aber da dies nun nicht möglich ist, wollten wir dich fragen, ob du möglicherwiese den heutigen Tag schon hier bleiben kannst und Ella zu der Signierstunde und dem Konzert begleiten könntest. Du würdest Dianas Ticket bekommen.", ich starre ihn überrascht an und mein Blick wandert zu Ella. Ich muss mir ein ungläubiges Schmunzeln verkneifen – wenn ich die Kleine begleite, stehe ich mit absoluter Sicherheit auf der Todesliste ihrer großen Schwester... So wie sie diese Band vergöttert, verzeiht sie es mir nie im Leben, dass ich an ihrer Stelle auf ein Konzert gegangen bin, von dem sie gestern noch so groß getönt hat.

Doch Ella schaut mich mit ihren großen blauen Augen an, und zwar so goldig, dass ich einfach nicht nein sagen kann. Es gibt bestimmt auch Schlimmeres, als ein kleines Mädchen auf ein harmloses Konzert samt Signierstunde zu begleiten.

„Okay, kein Probl-", mir bleibt die Luft weg, denn die Kleine zerdrückt mich fast, bevor ich den Satz überhaupt beenden kann. Na, zumindest ihr kann ich eine Freude machen.

Zwei Stunden später, als ich mitten in der Stadt, eingekesselt zwischen einer Horde wilder, kreischender Teenager stehe, revidiere ich meine Einschätzung: das ist definitiv KEIN harmloses Konzert! Das ist Sodom und Gomorra! Was sind das für Typen, die eine solche Menge Mädchen so dermaßen um ihren Verstand bringen? Wie kann es sein, dass ich noch nie etwas von denen gehört habe?? Eigentlich dachte ich immer, dass mein Musikgeschmack relativ umfassend sei...

Nachdem mir zum fünfzehnten Mal jemand auf den Fuß getreten ist, stöhne ich genervt auf. Ich hätte heute Morgen wirklich im Bett bleiben sollen! Momentan bin ich nämlich schon beinahe damit überfordert, Ella nicht aus den Augen zu verlieren: Mein Blick ist starr auf sie gerichtet, ich habe sie fest an der Hand gepackt und versuche die Ruhe zu bewahren.

Und dann passiert natürlich, was an einem Tag wie diesem passieren muss und zwar so schnell, dass ich es nicht verhindern kann. Ich werde von hinten angerempelt, ein Ellbogen schlägt gegen meinen Kopf, meine Brille fällt auf den Boden, und der nächstbeste Idiot trampelt volle Kanne drauf, so dass das Glas zerspringt. SUPER! Absolut FANTASTISCH!

Laut fluchend bücke ich mich, um die Überreste meiner Brille aufzuheben. Ich stecke sie mir auf den Kopf, etwas dadurch sehen kann ich beim besten Willen nicht mehr – was aber auch bedeutet, dass ich fast blind bin.

„Oh mein Goooooott!! Sie lassen uns rein", schreit Ella – und tausend andere Mädels tun es ihr gleich. Anscheinend haben 200 Glückliche hier Karten für eine Signierstunde und das anschließende, kleine Privatkonzert ergattern können, was die restlichen kreischenden Teenies allerdings nicht daran gehindert hat, ebenfalls vor der Location aufzutauchen. Allesamt tragen sie Plakate mit sich herum, auf denen die verrücktesten Dinge stehen. Von „Marry me Zayn" (ernsthaft? Du bist erst 12!), bis hin zu „Let's make Midnight Memories together!" (Du bist immer noch erst 12!!). Und alle schreien sie im Kollektiv "1D, 1D, 1D, 1D!"

Ich fühle mich wie in einem Paralleluniversum, als ich schließlich zusammen mit Ella in das Gebäude hereingelassen werde. An den Wänden hängen allem Anschein nach Fotos von der Band, die ich Blindfuchs auf die Entfernung und ohne funktionierende Brille beim besten Willen nicht erkennen kann. Ella zieht mich hinter sich her – und wir stellen uns in einer langen Reihe begeisterter Mädchen an. Sie endet an einem Tisch, an dem später höchstwahrscheinlich die Band sitzen wird. Die Spannung in dem Raum ist unglaublich intensiv und fast mit den Händen greifbar. Die ganzen Mädels um mich herum sind kurz davor durchzudrehen, die Schreie werde immer lauter und hysterischer – vor allem, als dann endlich ein Mann auf die Bühne tritt.

„Halloooo!", Gekreische, „Ich weiß, worauf ihr alle gewartet habt!", noch mehr Gekreische (ich hätte mir Ohrenstöpsel mitnehmen sollen...) „Bevor One Direction-", krass übertriebenes Gekreische „-in den Raum kommen, kurz noch etwas zum Ablauf: Jeder von euch hat die Möglichkeit etwas signieren zu lassen. Haltet es bereit. Wenn ihr an der Reihe seid, versucht so zügig wie möglich weiter zu gehen, damit alle die Chance haben, die Jungs zu treffen.", und wie sollte es anders sein: erneut Gekreische.

„Hier sind sie! Liam, Louis, Niall, Zayn und Harry – One Direction, die größte Boyband der Welt!"

Ich schwöre, ich höre mich fast nicht mehr denken! Auch Ella ist ganz aus dem Häuschen. Sie war ziemlich geschockt, als ich ihr gestehen musste, die Band nicht zu kennen und hat mir dann auf dem Weg zur Veranstaltung alles Mögliche über ihr Lieblingsmitglied Liam erzählt. Und damit meine ich wirklich ALLES! Mir klingelt immer noch der Kopf von den ganzen Informationen, die ich innerhalb einer Stunde über eine Person erhalten habe, die ich überhaupt nicht kenne. Haben diese Jungs überhaupt ein Privatleben, wenn die Fans scheinbar alles über sie wissen?

Die Schreie werden noch einmal lauter (obwohl ich das ehrlich gesagt nicht für möglich gehalten hätte), als fünf Personen den Raum betreten. Ich kann nur Schemen ausmachen.

Die Reihe, in der wir anstehen, schiebt sich Schritt für Schritt nach vorne in Richtung Band. Plötzlich bemerke ich, dass mein Handy in meiner Hosentasche vibriert. Ich blicke auf das Display und reiße erstaunt die Augen auf. Mein Mund fühlt sich auf einmal ziemlich trocken an. Es ist Tom. Zur denkbar ungünstigsten Zeit, in mitten einer kreischenden Mädchenmenge, ruft er endlich zurück. Ich beiße mir auf die Lippe – und entscheide mich nach kurzer, innerer Debatte dann doch ranzugehen, denn wir MÜSSEN wirklich miteinander reden.

„Hey", melde ich mich.

„Emma-", beginnt er in aufgebrachtem Ton. Dann unterbricht er kurz – wahrscheinlich, weil er den Geräuschpegel im Hintergrund bemerkt hat. Wieder geht es weiter nach vorne in Richtung Tisch.

„Wo zum Teufel bist du gerade??"

„Auf einer Signierstunde von One Direction.", spreche ich laut in das Handy und hoffe, dass er mich hören kann.

„WAS?!"

„Ja, also ich begleite-", beginne ich zu erklären, weil ich vermute, dass er mich nicht richtig verstanden hat.

„Ich glaub das jetzt nicht!", unterbricht er mich schreiend und ich zucke zusammen. Mit diesem Ton habe ich definitiv nicht gerechnet. „Ich... ich wollte das nicht glauben, aber du – du... sag mal, hast du nun endgültig den Verstand verloren? Du hast tatsächlich was mit dieser beschissenen Boyband zu tun? Du verhältst dich also echt so scheiße?!"

Ich schnappe nach Luft, versuche zu verstehen, was er sagt und bemerke wie mir aufgrund des harschen Tonfalls Tränen in die Augen schießen. Ich habe keine Ahnung, warum er sich gerade so aufregt; das, was er sagt macht überhaupt keinen Sinn – hat er etwas gegen diese Band? Wieso spricht er so mit mir? Ich schlucke die Tränen herunter und gehe automatisch in die Defensive.

„Ich verhalte mich scheiße?! Du bist derjenige, der sich nicht gemeldet hat, obwohl ich seit Tagen versuche, dich zu erreichen!? Also mach mir hier bitte keine Vorwürfe!", pampe ich zurück.

„Dich wundert es tatsächlich, dass ich mich nicht gemeldet habe? Ernsthaft? Lüg nicht, Emma! Du hast dich insgeheim doch sicher gefreut, dass ich mich nicht melde. Der dumme Freund aus Deutschland ist endlich aus dem Weg und du kannst in deinem geliebten London machen, was du willst. ", mir bleiben die Worte weg. What the fuck?!

„Was... wieso sagst du das?"

Mittlerweile sind wir fast an dem Tisch angekommen, aber ich kann mich kein Bisschen auf die Band konzentrieren, weil ich einen verdammten Megastreit mit Tom habe und dummerweise nur die Hälfte von dem verstehe, was er sagt, weil alle um mich herum am Durchdrehen sind. Mein Kopf beginnt zu schmerzen und selbst Ella blickt mich besorgt an – sie versteht zwar nicht wirklich, was ich da auf Deutsch in mein Handy schreie, aber es ist wohl ziemlich eindeutig, dass ich aufgelöst und angepisst bin.

„Emma, ehrlich... Das Ganze regt mich schon seit Monaten auf. London hier, London da, London blablabla – dir war total egal, was das aus unserer Beziehung macht. Alles war wichtiger, als ich – und jetzt sind dir selbst dümmliche Boybandmitglieder wichtiger, als ich. Ich finde, das ist Grund genug, angepisst zu sein und sich nicht melden zu wollen."

Ich atme stockend ein. Jetzt reicht's.

„Hallo!? London ist eine einmalige Gelegenheit für mich, also mach mir deswegen bitte nicht schon wieder Vorwürfe! Und ich hab keine Ahnung, was du die ganze Zeit wegen dieser Band hast! Ich begleite die kleine Schwester meiner Kollegin heute hier hin, weil die krank ist. Ich tue ihr einen Gefallen, ich kenne diese verdammte Band noch nicht einm-", ich stoppe mitten im Satz. Wir stehen nun endlich vor dem Tisch und ich kann sehen, wer da sitzt.

Langsam nehme ich das Handy von meinem Ohr, mein Mund ist vermutlich so weit geöffnet, dass ein scheiß ICE durchpassen würde.

Das kann nicht sein.

Das ist ein Traum.

Ich halluziniere.

Ich kneife mich.

AUTSCH! Verdammt das ist Realität.

Ich stehe tatsächlich hier, mit dem Handy in der Hand, mitten in einem ziemlich verwirrenden Streit mit meinem Freund, eine kaputte Brille auf dem Kopf, Tränen in den Augen und vor mir an diesem verdammten Tisch, Autogramme schreibend, sitzt...

„Harry?!", meine Stimme funktioniert kaum. Was passiert hier?

Er blickt auf, seine grünen Augen weiten sich erschrocken. Kein Zweifel, er ist es, definitiv.

"Fuck...Scheiße.", stammelt er.

Wie in Trance halte ich das Handy kurz an mein Ohr. Tom ist immer noch am Streiten, doch ich höre schon gar nicht mehr, was er sagt. Mit einem „Ich melde mich morgen.", würge ich ihn tonlos ab. Ich kann meinen Blick nicht von dem Mann wenden, der vor mir an diesem Tisch sitzt und allem Anschein nach ein Mitglied von One Direction ist.

+++


Uuuups... Mensch Harry... Hättest du mal nicht so lange gewartet!
Sorry für den Cliffhanger... aber irgendwelche Ideen und Vermutungen, wie Emma jetzt reagieren wird?
Und... irgendeine Vermutung warum Tom ein kleeeein wenig überreagiert?
Wie findet ihr Dianas Schwester? :)
Und einfach mal eine dumme Frage zwischendring: Was ist euer Lieblingslied von One Direction? Meine Schwester und ich führen gerade eine äußerst hitzige Diskussion und mich würde eure Meinung interessieren :)

Außerdem freue ich mich über jede Nachricht und jede noch so kleine Review!!!


Ganz liebe Grüße! XXX

PS: ich werde jetzt den Abend damit verbringen, auf "That don't impress me much" durch's Zimmer zu hüpfen! Gott, was für ein genialer Popsong!

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