Remember me

By xxbimbamxx

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„Bleib von mir fern", hauchte er in mein Ohr und ging an mir vorbei. „Ich kann nicht", flüsterte ich und hie... More

Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
Kapitel 18
Kapitel 19
Kapitel 20
Kapitel 21
Kapitel 22
Kapitel 23
Kapitel 24
Kapitel 25
Kapitel 26
Kapitel 27
Kapitel 28
Kapitel 29
Kapitel 30
Kaptel 31
Kapitel 32
Kapitel 33
Kapitel 34
Kapitel 35
Kapitel 36
Kapitel 37
Kapitel 38
Kapitel 39
Kapitel 40
Kapitel 41
Kapitel 42
Kapitel 43
Kapitel 44
Kapitel 45
Kapitel 46
Kapitel 47
Kapitel 48
Kapitel 49
Kapitel 50
Kapitel 51
Kapitel 52
Kapitel 53
Epilog

Kapitel 1

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By xxbimbamxx

Wenn wir uns erinnern, beleben wir ein Stück unserer Vergangenheit. Erinnerungen sind anders als Träume. Sie liegen in der Vergangenheit, während Träume sich in der Zukunft befinden. Dennoch können die Erinnerungen zu Träumen werden und die Träume zu Erinnerungen.

„Sie ist wach", hörte ich eine leise und erschöpfte Stimme. Sie kam mir bekannt vor, doch ich konnte sie nicht einordnen. Mein Kopf schmerzte und ich konnte keinen klaren Gedanken fassen, geschweige denn etwas tun. Wieder hörte ich diese Stimme, nun etwas lauter. „Emily alles wird wieder gut."

~„Alles wird wieder gut Beth. Du wirst schon sehen. Ich bleibe bei dir. Ich bleibe bei dir..." ~

Wieder zog ein stechen durch meinem Kopf. Was war nur los mit mir? Meine Augenlider waren so schwer, sie ließen sich nicht öffnen. Nicht einmal meine Arme konnte ich heben, geschweige denn meinen kleinen Finger.

Ich nahm mir Zeit, brauchte mehrere Anläufe um meine Augen zu öffnen, doch es gelang mir nur sehr schwer. Meine Sicht war verschwommen, doch ich erkannte leichte Umrisse, schwache und blasse Farbeindrücke. Im Hintergrund hörte ich Geflüster, mehrere Stimmen, ein gleichmäßiges piepen, aber ansonsten herrschte stille.

Ein wenig Gefühl kam in meinem Körper, dennoch brauchte es alle Anstrengung meine Hand anzuheben.

„Mein Kind", sagte eine zierliche Frau, welche müde und nervös an meiner Bettkante saß und mehrmals ihre Hand unbeholfen über das Bettlaken striff. Ich schaute in ihr erschöpftes Gesicht und Augenblicklich fing sie bitterlich an zu weinen. Sie nahm meine Hand in ihre und eine Träne, die ihre Wange hinunter rollte, fiel auf mein Handrücken. Sie zitterte und ihre Hände waren eiskalt. Aus Reflex entzog ich ihr meine Hand, schaute sie mit Tränen in den Augen an und blickte in die anderen Gesichter in diesem Raum. Fremde Gesichter und eine fremde Umgebung.

„Emily, du weißt doch noch wer ich bin, oder?", schluchzte sie und schaute mir flehend in die Augen. Wie gern hätte ich sie nicht enttäuscht. Wie gern hätte ich ihr gesagt, dass ich wusste wer sie war, doch ich konnte es nicht. Ich wusste es nicht. Nichts an diesen Menschen berührte mich, oder ließ mich an etwas erinnern. Sie waren niemand, deren Hände meine Hände hielten oder halten sollten.

„Durch den schweren Unfall erlitt sie schwere Kopfverletzungen. Die Erinnerungen werden vielleicht irgendwann, durch neue, beziehungsweise alte Eindrücke wiederkommen. Manchmal kann es auch hilfreich sein, an Orte zu gehen, an denen sie früher mal gewesen ist, oder auch bekannte Gerüche oder vertraute Stimmen können helfen", sagte ein Mann im weißen Kittel und notierte sich etwas auf seinem Klemmbrett. Das erste was mir auffiel, waren seine hellen stechenden Augen, seine dunklen Haare und sein markantes Kinn.

Ein weiterer Mann im Anzug stand neben der weinenden Frau, hatte seine Hand auf ihrer Schulter liegen und schaute undurchdringlich zum Arzt. Keinerlei Emotionen waren in seinen tiefblauen Augen zu erkennen und keine Miene war verzogen. Lediglich eine Falte hatte sich zwischen seinen Augenbrauen gebildet.

„Miss Johnson können Sie uns hören?", fragte nun wieder der Arzt und sein Blick fiel auf mich.
„Ja", krächzte ich, wobei mein Hals anfing zu schmerzen und ich kaum schlucken konnte. Die Frau neben mir reichte mir sofort ein Glas Wasser, welches ich ihr dankend abnahm und schmerzerfüllt mein Gesicht verzog, als die Kälte des Wassers in meinem Rachen zu spüren war.

„Haben sie Schmerzen?", fragte der Arzt, worauf ich leicht nickte und er etwas mit seinem Stift auf seinem Klemmbrett notierte. „Wissen sie noch wer sie sind?"

Die Frau neben mir nannte mich Emily und der Arzt sagte Miss Johnson. In der Erinnerung rief jemand Beth, welcher wohl mein Spitzname zu sein schien.
„Emily Johnson", flüsterte ich, was eher nach einer Frage klang.
„Und wissen sie auch wie alt sind Sie?"
„N-ein."

Wieder fing die Frau neben mir fürchterlich an zu weinen und wieder stach es in meinem Kopf, weshalb sich automatisch meine Hand an meine Stirn legte.
„Mein Kopf...", sagte ich und blickte den Arzt an.
„Wir haben ihnen Schmerzmittel verabreicht. Es sollte gleich besser werden. Könnte ich sie kurz bitten hinauszugehen?", fragte er an die anderen beiden gewendet, welche sich langsam erhoben und den Raum verließen. Die Frau sah so schwach und zerbrechlich aus, aber auch der Mann musste einige Tage wach gelegen haben.

„Wissen sie wer die beiden waren?"
Die beiden kamen mir zwar bekannt vor, doch ich konnte nicht genau sagen wer sie waren, weshalb Ich den Kopf schüttelte. Was sollte ich auch schon sagen? Es gab keinen Grund zu lügen oder zu raten. Ich wusste es einfach nicht.
Der Situation entsprechend müssten es Verwandte gewesen sein, vielleicht sogar meine Eltern, aber das kam mir zu absurd vor. Ich hätte sie erkennen müssen.

„Es waren ihre Eltern", sagte er, lief um das Bett und machte irgendwas an meinem Arm und an meinem Gesicht.
„Wieso kann ich mich nicht an meine eigenen Eltern erinnern?"

„Sie hatten einen sehr schweren Unfall und lagen knapp sechs Monate im Koma. Es ist ein Wunder, dass sie sich erholt haben", sagte er und setzte sich auf einem rundem Drehstuhl.
„Was für einen Unfall?"
Er zögerte, schaute auf seine Notizen, bis er schließlich aufblickte und "Autounfall" sagte. Wieder schaute er in mein Gesicht, doch ich konnte nicht so ganz verstehen.

„Was meinen sie mit Autounfall? Ist noch jemand zu Schaden gekommen?", fragte ich und leichte Angst schwang in meiner Stimme mit.

„Nein. Sie sind von der Straße abgekommen und erlitten starke innere Verletzungen, sowie auch Kopfverletzungen. Doch sie haben sehr viel Glück gehabt. Es ist zwar möglich keine Folgen-Schäden zu haben, aber durchaus selten. Wir hatten bereits Patienten, welche das laufen, sprechen, essen, sogar schlucken neu erlernen mussten, wenn sie denn noch dazu fähig waren.
Sie erliegen der Amnesie, doch ihr Gehirn zeigt bis jetzt noch keine weiteren Anzeichen, wie unteranderem Sprachverlust, auf, was also bedeutet, ihr Sprachzentrum wurde nicht beschädigt. Und nun sagen Sie mir, ob sie das fühlen können", sagte er und stach mit einen kleinen Nadel leicht in meinem Fuß. Ich merkte es sehr leicht, aber es tat nicht weh, weshalb ich nickt und er weitere solcher Tests durchführte.

„Können sie ihren Fuß auch bewegen?", fragte er, worauf sich mein Fuß aber nur sehr langsam und kurz bewegte und der Arzt sich wieder etwas auf seinem Klemmbrett notierte. „Das sieht sehr gut aus. Keine Lähmung oder Begrenzung der Bewegungsmöglichkeiten. Nun Ihre Erinnerungen sind nicht mehr da, aber es ist möglich, dass die einen oder anderen wiederkommen können, wie ich es zuvor schon sagte. Durch Stimmen, bekannte Orte, Gerüche und so weiter und so fort. Sie werden noch einen Plan bekommen, bei welchem ihre Muskulatur langsam wieder aufgebaut wird, aber weiteres wird Ihnen noch erklärt werden."

„Wie alt bin ich?"
„Sie sind 19 Jahre alt geworden." 19? In meinem Kopf waren so viele Fragen, doch ich wusste gar, nicht was ich zuerst fragen sollte. Wer war ich? Was machte ich? Was bin ich für ein Mensch? Was hielt ich von Politik?

„Haben sie ein Spiegel?"
„Natürlich", sagte der Arzt, ging in den Raum nebenan und kam mit einem kleinen Spiegel in der Hand wieder. Als ich ihn nahm und hinein schaute, hatte ich dieses Gesicht im Spiegel erwartet und doch wusste ich es nicht. Ich habe dieselben blauen Augen wie der Mann und dieselben braunen Haare wie die meiner Mutter.

„Ich möchte ehrlich zu Ihnen sein. Ich war von Anfang an für sie zuständig und habe ihre Operation geleitet. Wir wussten nicht, ob sie wieder aufwachen würden, oder ob wohlmöglich mit starken Einschränkungen. Nach der Operation lag es ganz an ihnen, ob sie weiter leben oder nicht und sie haben den Kampf gewonnen. Dafür sind sie sehr zu bewundern", sagte er und erhob sich. Ich wusste nichts zu erwidern, weshalb ich weiterhin schwieg.

„Wenn sie noch Fragen haben oder Schmerzen, dann sagen sie bitte Bescheid. Rechts neben ihnen ist ein roter Druckknopf. Wenn sie ihn drücken, ist sofort jemand zur Stelle", sagte er noch und legte seine Hand zum Abschied auf meine Schulter. Ich nickte ihm zu und mit einem leichten Lächeln verließ er das Zimmer und ich befand mich nun ganz alleine hier.

In meinem Kopf war so viel, doch all dies brachte mir nichts. Es war, als wenn dort nur leere wäre. Ich ließ mich zurück in mein Kissen sinken und schaute mich ein wenig um.

Der ganze Raum war weiß und es standen ein ebenso weißer Tisch und drei Stühle drin. Links waren zwei große Fenster mit babyblauen Gardinen, welche ein wenig wehten, durch den Wind der durch das knapp geöffnete Fenster kam. Wahrscheinlich sollten sie dazu dienen, dass dieser Raum nicht ganz so trostlos aussehen sollte, doch die Farbe wirkte hier nur blass und müde.

Auf dem Tisch standen viele Blumen und bunte Geschenke, die sich bereits stapelten. Zwei Bilder mit einer Landschaft im pointillistischem Stil hingen an der fahlen Wand und gaben so dem Raum zu mindestens ein wenig Farbe.

Langsam merkte ich, wie kalt der Wind wurde und ich bemerkte, dass ich ein weißes Nachthemd trug, welches meine blasse Haut noch kränker wirken ließ.

Als ich versuchte die Bettdecke zu richten, die ein wenig verrutscht war, fielen mir die Kabel auf, die mit mir verbunden waren. Sie waren mir bis jetzt noch gar nicht aufgefallen.

Die Tür zu diesem Zimmer öffnete sich und eine kleine, runde Frau kam mit einem leichten Lächeln auf den Lippen auf mich zugelaufen. Ihre Zähne und ihre Kleidung wirkten strahlend weiß im Kontrast zu ihrer dunklen Haut. Sie hatte ein sehr hübsches Gesicht.

„Mein Name ist Anna und ich bin deine zuständige Pflegerin. Ich habe mich in den letzten 6 Monaten um dich gekümmert", stellte sie sich vor und richtete die Decke, welche ich gerade vergebens versucht hatte, ordentlich über mich zu legen.
Ihr Lächeln wirkte aufrichtig und ehrlich. Sie hatte eine angenehme und Warme Stimme, die einen sicher fühlen ließ und der man lange zuhören konnte.
„Danke", sagte ich und stellte fest, dass sie vorhatte, das Fenster zu schließen.

„Ich bin wirklich froh, dass du endlich wach bist. Dein Zustand war vor einem Monat noch ziemlich kritisch", sagte sie und reichte mir einen lauwarmen Tee, welcher sich in einer roten Tasse befand. Es war noch ein wenig schwer sie zu halten, weshalb ich sie auf meinen Bauch setzte und sie so festhielt.

„Aber wie kommt es, dass es mir auf einmal so viel besser ging?", fragte ich und merkte, wie meine Hände sich langsam aufwärmten. „Ich glaube, dass wenn man im Koma liegt, auch etwas von der Außenwelt mitbekommt. Wahrscheinlich kannst du dich nicht mehr daran erinnern, aber vielleicht gab es einen Grund, weshalb du gekämpft hast. Viele wachen aus dem Koma nicht mehr auf. Manchmal sind sie zu schwach, oder wollen auch nicht mehr kämpfen", sagte sie und lief zu dem Tisch mit den Geschenken. Kämpfen war schwierig, aber überleben war härter.

„Hast du sie dir schon angeschaut? Deine Freunde haben sie hierhin gestellt."
„Die sind alle für mich?", fragte ich und konnte es nicht glauben. „Ja, das sind alles deine. Sie sagten, dass sie sie dir am liebsten selber gegeben hätten", sagte sie und in ihrer Stimme klang ein Hauch von Traurigkeit.

„Du bekommst in ein paar Tagen von ihnen Besuch, aber erstmal ist Ruhe angesagt. Du solltest dich ein wenig ausruhen kleines und Energie sammeln. Du wirst in den ersten Tagen erstmal im Rollstuhl bleiben.
Dann werden wir es mit Krücken versuchen und anschließend, wenn alles gut läuft, bist du schon bald hier raus. Es ist möglich, dass deine Feinmotorik oder andere Dinge beeinträchtig sind, aber das können wir erst sehen, wenn wir weiter schauen. Du wirst in den nächsten Tagen, Wochen wieder zu Kräften kommen müssen und das verlangt Arbeit", sagte sie und schluckte, ehe sie weiteres zu erklären begann.
„Wenn man länger im Koma lag, bilden sich die Muskeln zurück, weshalb wir versuchen werden, sie langsam wieder aufzubauen. Genauso wird es mit dem Essen sein. Anfangs wirst du nur Tee und stilles Wasser trinken und später fangen wir mit Kartoffelbrei und Gemüsebrei an. Aber egal was auch passiert, denk immer daran wie viel Glück du hattest", sagte sie und ging wieder mit einem leichten Lächeln aus dem Raum, nachdem sie mir ihre Hand kurz auf die Schulter legte. War wohl hier eine verbreitete Geste.

Ein "Schlaf gut" war noch zu hören, ehe das Licht ausging und ich müde meine Augen schloss. Zwar war ich müde, vielleicht mehr erschöpft, doch meine Gedanken waren viel zu laut, um auch nur ein Fünkchen Ruhe zu finden.

Wie waren meine Eltern so? Würden die Erinnerungen wirklich wiederkommen? Und wie bin ich so? Wie sind meine Freunde? Warum hatte ich so viel Glück gehabt? Ich könnte schon längst tot sein, gelähmt oder geistig beeinträchtig.

Und dann kamen meine Ängste. Was, wenn ich niemanden habe. Wenn ich nicht wieder in mein altes Leben finde. Wenn ich andere verletze. Wenn ich ein schlechter Mensch bin.

Ich war so aufgeregt, dass ich ganze zwei Stunden brauchte, bis ich vor Erschöpfung einnickte und in einen traumlosen, langen Schlaf fiel.

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