29. Kapitel

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Nicht wirklich überzeugt zogen sich die Zwerge zu einer Besprechung zurück, bei der sie sich flüsternd mit ihrem Nebenmann austauschten.

Glóin suchte Blickkontakt mit dem Elbenfürsten. Die Spannung war beinahe in der Luft zu greifen, als der rothaarige Zwerg die Situation mit einem versöhnlichen Satz entschärfte: „Nun gut. Wenn das so ist, geht voran."

Nicht Elrond, sondern Lindir führte sie durch die Säulengänge von Bruchtal und es ging auch nicht in Richtung Essen, sondern erst in einen Gästeflügel, wie sie bald feststellten.

Linda tauchte einfach in der Gemeinschaftsmenge unter, von niemandem wirklich beachtet, worüber sie froh war. Weder neugierige Elben noch misstrauische Zwerge – so schön konnte es manchmal sein.

Schön war auch Bruchtal, durch das sie geführt wurden, nur in solch einem Tempo, dass genaues Betrachten beinahe unmöglich wurde.

Linda war dazu geneigt, wieder die Augen zu verdrehen. Bei jeder Kleinigkeit!

Ihr elbischer Führer schritt weit aus und natürlich mussten die Zwerge beweisen, dass sie nicht langsamer waren als das Spitzohr.

Leises Getuschel erfüllte den überdachten Gang, dessen Bögen von vollendeter Mathematik, Baukunst und Symmetrie zeugten, während die gelegentlichen argwöhnischen Blicke die Atmosphäre nicht beruhigten.

Diese wurden sowohl von den Kindern Aules als auch von den Bewohnern Rivendells auf den jeweils anderen geworfen. Lindas Augen huschten hin und her, da niemand ihr große Bedeutung schenkte, konnte sie ohne Schwierigkeiten alles beobachten.

Lindir hielt nach einer weiteren Biegung am Anfang eines schlichten, aus weißem Stein gefertigten Flurs mit vielen Türen zu der linken Hand an. Rechts waren den geschwungenen Holztüren gegenüberliegend die für Bruchtal typischen Bögen zu erkennen, welche einem ermöglichten, hinaus in die Gärten zu treten.

„Eure Zimmer, euch stehen alle hier zur Verfügung, zehn an der Zahl", erklärte der Elb kurzgebunden. „Wenn ihr fertig seid, geht den Gang zurück, durch den ich euch eben geleitet habe, und haltet nach einem großen Platz mit reich gedeckten Tischen Ausschau."

Noch einmal ließ er seinen Blick über die Gemeinschaft schweifen, ohne eine Gefühlsregung im fein geschnittenen Gesicht erkennen zu lassen. Thorin schaute genauso neutral zurück, ein Anflug eines spöttischen Lächelns war für den genauen Beobachter zu erahnen.

Lindir beendete den Blickkontakt mit ihrem Anführer, dann eilte er den Gang hinab, durch den sie gekommen waren.

Thorin verfolgte anders als die junge Frau den Elben nicht mit seinen Blicken, sondern wies sie sofort an: „Das Mädchen und ich bekommen jeweils ein Zimmer allein, ihr anderen, immer zu zweit."

Nur weil Thorin sie beachtet hatte, hieß das nicht, dass seine Miene ihr gegenüber freundlich war. Die junge Frau nickte ihm kurz zu, als Zeichen des Verständnisses.

Linda schritt den gesamten Flur entlang, denn sie wollte den letzten Raum in Beschlag nehmen. Die Frontseite dieses Flügels wurde durch einen wunderbaren Ausblick über die Elbensiedlung geschmückt. Die Fensteröffnung wurde nur durch ein Gitter geschützt, das den Zwergen und Linda bis zur Brust gehen müsste.

Sie blieb vor der fast zimmerhohen Türe stehen. Diese war aus weißem Holz gezimmert und mit detailreichen Schnitzereien versehen. Vorsichtig drückte die junge Frau die eisengefertigte Klinke auf ihrer Kopfhöhe hinunter. Lautlos wurde der Eingang zu ihrem Gemach geöffnet.

Linda betrat den langgezogenen Raum, während sie gedankenverloren die Tür hinter sich schloss. Dieses Zimmer war nicht auf Zwergengröße ausgelegt, war das Erste, was ihr dazu einfiel. Zwei Betten waren in diesem Gästezimmer, beide auf je einer Seite der Fensteröffnung. Ausstaffiert waren diese mit federgefüllten, weißen Kissen und mit von ihrer Weichheit kündenden, ebenso gefertigten Decken.

Tochter der Menschen - Hobbit-FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt