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Meine Tasche schleppend ging ich durch ein weites Land. Vor mir erkannte ich hohe Berge, neben mir waren weite Felder. Ich hatte keine Ahnung, wo ich war. 
Ich wusste nur, dass ich auf jemanden warten sollte. Das hatte jedenfalls George gesagt, als ich ihn das letzte Mal gesehen hatte. Wann war das nochmal gewesen? Es kam mir wie eine Ewigkeit vor. Ich hatte nur Glück, dass in der Tasche eine Menge Geld zu finden gewesen war. Damit hatte ich mir Essen und Wasser kaufen können. Ab und zu schlief ich in einem Motel wenn ich eines finden konnte. Sonst schlief ich in dem kleinen Zelt, was ebenfalls in der Tasche gewesen war. Dementsprechend war sie schwer. 

Gegen Mittag setzte ich mich in eines der Felder und holte ein Brot heraus. Genüsslich aß ich es und trank ein wenig Wasser. Dies war noch von dem letzten kleinen Vorort übrig. Lange würde es nicht mehr reichen, ich musste nur hoffen, dass bald ein weiteres Dorf kam in dem ich einkaufen gehen konnte. Duschen wäre auch nicht schlecht.

Schon oft war ich kurz davor gewesen, einfach aufzugeben. Einfach wieder zurück zu gehen oder sonst was. Aber George hatte gesagt, ich soll von New York so weit wie möglich wegbleiben. Also blieb mir nichts anderes übrig als immer weiter zu gehen. Im Hinterkopf die letzten geflüsterten Worte von George. Sie gaben mir die Kraft weiterzumachen. Doch wer sollte mich finden? 
Mir fiel beim besten Willen niemand ein, der mich finden und mir helfen sollte. 

"Hallo, Laura." 
Ich schreckte hoch und ließ dabei einen kleinen Schrei los. 
Nachdem ich mich beruhigt hatte, lachte ich kurz auf. 
"Natürlich... wer sonst. Sie sind es, oder? Sie sollten mich finden und mir helfen."
"Da hast du Recht." 
Ich lachte wieder. "Und warum tauchen Sie erst jetzt auf?" 
"Tja, Laura. Ich war immer da und habe dich beobachtet. Zuerst wollte ich wissen ob du aufgibst, aber du warst jetzt lange genug alleine und hast gekämpft." 
Ich schüttelte den Kopf. 
"Bitte erklären Sie mir, was passiert ist? Seit der Sache mit dem Vater, habe ich niemanden mehr angefasst oder sonst etwas." 
"Es geht nicht darum, dass du jemanden anfasst oder nicht. Das Problem ist Lucy." 
Traurig dachte ich daran, dass nicht einmal Lucy mit mir reden wollte. "Sie redet nicht mehr mit mir", sagte ich müde. "Das kann sie auch gar nicht mehr. Als der Mann dich mit dem Hinterkopf gegen die Wand geschmissen hatte, ist Lucy und ihre Kraft ausgebrochen." 
Mit gerunzelter Stirn sah ich ihn an. "Was bedeutet das?" 
"Dass du kein Mensch mehr bist. Du hast durch den Unfall Kräfte erhalten, die du noch nicht beherrschen kannst. Du bist gefährlich, für dich selbst und andere." 
"Und dann haben Sie mich so lange alleine gelassen?" 
"Wie gesagt, du warst nie alleine. Bevor etwas passieren konnte, war ich da und habe es aufgehalten." 
Wieder schüttelte ich den Kopf und eine Träne rannte meine heiße Wange hinab. "Ich verstehe gar nichts mehr. Ich vermisse meine Familie und Freunde. Ich vermisse Peter. Kann ich wieder zurück?" 
"Zuerst musst du lernen mit deinen Kräften umzugehen." 
Er nahm mich in den Arm. Es war eine warme Umarmung und seit langer Zeit fühlte ich mich nicht allein. 
"Danke, Doctor Strange. Dass Sie für mich da sind." 
Sanft, wie ein Vater, streichelte er meine Haare und flüsterte: "Nenn mich Stephen." 

"Und wo gehen wir jetzt hin?", fragte ich neugierig. 
"An einen Ort, an dem du üben und du selbst sein kannst." 
Ich fragte nicht weiter nach.

Als wir uns auf den Weg machten, dachte ich an die letzten geflüsterten Worte von George. 

"Gib niemals auf, Schwesterherz. Ich warte auf dich." 

You're real...Where stories live. Discover now