Die Kolibris

2.2K 98 3
                                    

Ein paar Tage nachdem Randy mit mir Schluss gemacht hat sind bereits vergangen. Ein paar Tage nur, dabei hat es sich so angefühlt als wären es viele Tausende mehr gewesen. Über meine Zeitwahrnehmung mache ich mir aber die geringsten Gedanken, viel lieber, schwelge ich in Selbstmitleid.

Ich gebe zu, dass ich armselig bin.

Die Tage nachdem er mit mir Schluss gemacht hat, fühlte ich mich wie ein Zombie, der leidend durch die Gegend lief und sah wahrscheinlich auch so aus. Dennoch muss ich heute zum Cheerleader Training, denn ich kann meine Mädels nicht einfach so hängen lassen. Sie zählen auf mich.

Ich habe mich heute Morgen aus dem Bett gequält, geduscht und versucht mich ein wenig zu schminken. Dennoch sehe ich nicht so aus wie immer. Es fehlt die Frische in meinem Gesicht. Es fehlt der Teil den mir Randy genommen hat und den wieder zu bekommen, ist schwieriger als ich dachte. Ich hatte es bisher immer leicht im Leben und jetzt wo ich eine harte Zeit durchmache, finde ich mich gar nicht mehr zurecht. Ich meine, meine Mama hat mir alles erlaubt und alles gekauft, nachdem mein Vater sie verlassen hat. Hauptsächlich um ihre Schuldgefühle zu stillen, da sie gewissermaßen selbst Schuld an seinem Verschwinden hatte. Sie hätte nicht immer so ehrgeizig sein sollen. Als ich 2 Jahre alt war, hat sie mich in einen Balletkurs gesteckt, weil sie wollte dass ich eine berühmte Tänzerin werde. Ich habe keine Ahnung wie man mit zwei Jahren schon tanzen lernen soll, mein Vater wahrscheinlich auch nicht. Nach ungefähr zwei Jahren kam ihr ein Sinneswandel und sie hat versucht mich bei diversen Singshows für Kinder anzumelden, wohl wissend, dass ich einfach nicht die Stimme eines Superstars habe.  Das wollte sie aber nicht wahrhaben. Schließlich gab sie es auf mich zu einer Sängerin zu machen, als ich überall bei der ersten Runde schon rausflog. Mir war das egal, ich hatte Spaß so viele neue Freunde kennen zu lernen. Als ich ungefähr 9 Jahre alt war und anfing mich zu einer wahren Schönheit zu entwickeln, kam ihr die Idee, dass ich Model werden sollte. Sie begann mich aufzuhübschen und mich bei Castings anzumelden. Darauf hatte ich keine Lust und das sahen die Kunden mir auch an. Dennoch schaffte ich es für eine einzige Kinderwerbung engagiert zu werden. Ich sollte den Giftzwerg spielen, der alles blöd fand. Das passte zu mir. Meine Mutter fand das nicht so lustig wie ich und versteckt das Video von dieser Werbung in der hintersten Schachtel im Wohnzimmer. Es wurde nie wieder angesehen. Tja, so vie zu meiner Lebensgeschichte. Mittlerweile hat sie begriffen, dass ich das Cheerleading liebe und sie mich nicht zu irgendeiner Karriere zwingen kann, die ich nicht will. Nur mein Vater hatte von dem ganzen Schwachsinn genug und verließ uns als meine Mutter gerade den Flug nach Paris buchen wollte, um meine Karriere zu entfachen. Da war ich 10. Ich sah ihn von meinem Fenster aus, aus der Tür spazieren, mit einem Koffer in der Hand. Seitdem habe ich ihn nicht mehr gesehen. Seine Schuld wenn er meint, mich nicht mehr zu brauchen.

Aber zurück zu meinen tatsächlichen Problemen.

Die Fröhlichkeit, die ich jeden Tag an den Tag gelegt habe, ist einfach verschwunden und das sieht man mir einfach an. Meine Mama hat gesagt, dass nach ein paar Wochen alles wieder in Ordnung sein wird und, dass ich dann auch wieder schön bin. Abgesehen davon, dass darin einen Beleidigung enthalten ist, glaube ich ihr. Sie weiß wovon sie redet denn bevor sie meinen jetztigen Stiefvater kennen gelernt hat, hatte sie auch so einige Fehlstarts in Sachen Liebe. Ich sehne mich nach der Zeit, in der ich über Randy und mich lachen kann. Ich sehne mich danach zu lächeln und es auch ehrlich so zu meinen.

Jetzt muss ich mich erstmal mit meinem nicht so fröhlichen Ich zufrieden geben. Ich binde mir die lockigen Haare zu einem Zopf, damit sie mir beim Cheeleadertraining nicht daurernd im Gesicht kleben und mache eine Schleife darum. Das Outfit, habe ich auch schon an, dann kann es ja losgehen.

Wenigstens fühle ich mich sexy und geliebt in meinem Cheerleaderoutfit.

Ich nehme mir mein Handy zur Hand während ich mich auf den Weg zur Schule mache und beantworte einige Nachrichten. Am Sportplatz angekommen, lasse ich meine Tasche auf den Boden fallen und gehe zu meinen Mädels, die sich gerade aufwärmen. Als sie mich sehen, hören sie jedoch sofort auf und kommen auf mich zugerannt. Ihre Gesichter bedeuten nichts Gutes. Oh nein, ich werde bemitleidet, das kann ich gar nicht gebrauchen.

Youtube StarWo Geschichten leben. Entdecke jetzt