Teil 17

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Was ist, wenn aus dem verhassten Gedanken ein schönes Erlebnis wird?

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Am Freitagmorgen bin ich ein Wrack. Ich habe kaum geschlafen und mich immer wieder im Bett herumgedreht. Um 5 Uhr habe ich den Kampf aufgegeben und bin aufgestanden. Jetzt ist es 9 Uhr und ich sitze in Physik. Mit jeder weiteren Minute frage ich mich wieso ich dieses Fach nicht einfach abgewählt habe.

Der Lehrer versucht uns irgendwas über Wellenbrechung und Dopplereffekt zu erzählen aber ich habe bereits in der ersten Stunde abgeschaltet. Ich sitze zurück gelehnt auf meinem Stuhl und starre auf meinen geöffneten Planer vor mir. Die Zeilen vor mir verschwimmen, meine Augen werden immer Schwerer und ich höre nicht mehr dem Lehrer zu. Ich kämpfe darum nicht einzuschlafen, da fällt plötzlich ein Stück Papier auf meinen Platz.

Müde greife ich danach und entfalte es vorsichtig.

Wilde Nacht gehabt? Steht mit pinkem Filzstift draufgekritzelt. Skeptisch schaue ich nach links und rechts. Alle scheinen entweder tief in Gedanken versunken zu sein oder sind fleißig am Mitschreiben. Gerade will ich mich den Zettel zerknüllen und ignorieren als ein weiterer Zettel auf meinem Tisch landet. Diesmal sehe ich das er von hinten geworfen wurde. Ich drehe mich um und sehe in das Gesicht einer breit grinsenden Kim.

Sie hat ihre Haare gefärbt und strahlen mich heute in einem knallen Türkis an. "Miss Müller, drehen sie sich bitte nach vorne." mahnt mich der Lehrer. Augenrollend drehe ich mich nach vorne, falte den zweiten Zettel auseinander und beginne zu lesen.

Du solltest mal mit mir feiern gehen :) Schmunzelnd krame ich mir aus meinem Mäppchen ebenfalls einen Stift und kritzle untendrunter eine Antwort.

Wie kommst du darauf das ich gestern Feiern war? Ohne mich umzudrehen reiche ich den Zettel nach hinten weiter. Kim nimmt ihn mir aus der Hand nur um ihn kurze Zeit später wieder auf meinen Tisch fallen zu lassen.

Du siehst müde und abgekämpft aus. Normal sehe ich so aus, wenn ich auf einer miesen Party war.

Ich war nicht feiern, konnte nur nicht schlafen. Vielleicht sehe ich nach einer Party Nacht mit dir auch so aus...wer weiß.

Das glaube ich nicht. Mit mir zu feiern macht ausschließlich immer Spaß und garantiert dir am nächsten Tag ganz bestimmt ein müden aber durchaus befriedigten Gesichtsausdruck.

Ist das ein Angebot? Kim, du bist zwar total heiß aber echt nicht mein Typ....

Hinter mit beginnt Kim zu kichern und ich kann es mir ebenfalls nicht verkneifen zu schmunzeln.

Und du nicht meiner ;)

Kommt ein letztes Mal der Zettel geflogen bevor es endlich zur Pause klingelt.

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Nach dem kurzen Zettel Gespräch mit Kim ist meine Laune um einiges gestiegen. Ich weiß nicht was das Mädchen an sich hat aber es bringt mich zum Lachen und gibt mir das Gefühl dazuzugehören.

Die nächsten Stunden gehen irgendwie rum und bevor ich mich richtig darauf vorbereitet habe ist die Schule schon aus und ich stehe vor der Schule und warte auf Kenan.

Obwohl...warten kann ich das nicht nenne. Ich laufe hin und her und bin fieberhaft am Überlegen welche Ausrede ich mir überlegen kann oder ob ich einfach verschwinden soll und sagen soll ich habe es verpeilt. Aber irgendwas, wahrscheinlich das schlechte Gewissen, lässt mich zögern.

"Ich dachte schon du wirst vorher die Flucht ergreifen." Erschreckt mich wie aus dem Nichts Kenans Stimme. Vor Schreck weiche ich zurück und halte mir eine Hand auf mein Herz. "Hatte ich um ehrlich zu sein auch vor." gestehe ich ihm. Auf meiner Ehrliche Antwort lächelt er nur mich an und nickt dann zum Parkplatz. "Na komm, du wirst es schon nicht bereuen."

"Da wäre ich mir nicht so sicher." Unsicher lache ich auf.

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Wir fahren nicht lange. Nach 10 Minuten biegt Kenan schon in eine Wohnsiedlung ein die in der Nähe der Lagerhalle ist. Am Straßenrand befinden sich Doppelhaushälften, Mehrfamilienhäuser und sogar ein Plattenbau. Wir fahren die Straße entlang, Kenan muss immer wieder anhalten um keine Kinder umzufahren. Die rennen hier einfach über die Straße und spielen Ball oder fangen.

Die Straßen sind belebt. Von draußen dringen die Stimmen der Kinder rein und überall laufen Erwachsene mit Schüsseln oder Kisten rum. Kenan schweigt und lässt mich alles anschauen. Er parkt sein Auto vor einer Garage einer Doppelhaushälfte. Bevor Kenan allerdings aussteigt halte ich ihn am Arm fest. Fragend schaut er erst meine Hand die seine hält an und danach mich. Sofort ziehe ich die Hand zurück in meinen Schoß.

"Was machen wir?" frage ich. Kenan dreht sich um und schaut durch den Kofferraum nach draußen, dann wieder zu mir. "Nach was sieht es denn aus?" fragt er mich grinsend. "Es sieht nach einem...Straßenfest aus." "Ja und was ist jetzt das Problem?" "Wie? Ihr feiert echt ein Straßenfest?" Meine Augen beginnen zu funkeln. Ich beherrsche meine aufgehende Freude jedoch.

"Ja, jedes Jahr kommen alle aus der Straße zusammen. Um zusammen zu Essen, zu feiern und sich zu unterhalten. Dir wird es gefallen, na komm." Kenan löst seinen Gurt und öffnet die Tür. Sobald er draußen ist atme ich einmal tief durch um mich zu beruhigen. Alles wird gut. Das ist ein ganz normales Straßenfest. Ich war noch nie auf einem Straßenfest aber ich habe schon davon gehört.

Kenan klopft gegen meine Scheibe. "Kommst du?" fragt er und gestikuliert zur Tür. Schnell schnalle ich mich ab und steige aus dem Auto. Draußen bläst eine sanfte brise. Irgendwo höre ich leise Musik und das Lachen von Kindern. Ich wische mir meine schwitzenden Finger an meiner Hose ab und folge mit Abstand Kenan die Straße entlang. 

The DifferenceWhere stories live. Discover now