Der Anfang vom Ende?

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Seit einer Stunde saßen Fangs und ich nun schon im Wartezimmer und warteten auf irgendeine Nachricht von dem Doktor. Archie ist direkt, nachdem er mich ins Krankenhaus gebracht hat, wieder weggefahren, wahrscheinlich um die andere aufzuklären oder so. 

Jughead ist bis jetzt noch nicht im Krankenhaus aufgetaucht. Ich wusste auch nicht wo er war und natürlich machte ich mir Sorgen um ihn, doch Sweet Pea nahm gerade den meisten Platz in meinen Gedanken ein. Ich hatte meinen Kopf an Fangs Schulter angelehnt, als Toni ins Wartezimmer reingestürmt kam. "Wo ist er?!" "Er wird grad operiert. Wir wissen selbst nichts", erklärte ich und setzte mich richtig auf. "Wie konnte es nur soweit kommen?", fragte sie völlig aufgewühlt. 

Das war das erste Mal, dass ich Toni so aus der Fassung gesehen hatte. Sonst war sie immer so gechillt, aber ich konnte sie vollkommen verstehen. Vorsichtig ging ich auf sie zu und schloss sie in eine feste Umarmung, die sie auch erwiderte. Fangs stand auf und umarmte sie auch. Auf einmal kam eine Krankenschwester zu uns und fragte: "Sind sie die Angehörigen von Jordon Connor?" "Ja, das sind wir", erklärte ich. "Gut, ich soll ihnen ausrichten, dass sie lieber nach Hause gehen sollten, denn es würde sich noch um Stunden handeln, bis wir ihnen irgendwas sagen können." Fangs schüttelte seinen Kopf. "Wir werden warten." Eigentlich wollte ich Fangs zustimmen, jedoch würde es uns nicht gut tun hier zu bleiben. Ich legte beruhigend meine Hand auf seine Schulter und meinte: "Du musst dich ausruhen. Die Schlägerei hat dich auch ordentlich mitgenommen." "Verfickt Anni! Mein bester Freund stirbt vielleicht. Wie soll ich mich da ausruhen können?!" "Tu nicht so, als wärst du der Einzige, den das Ganze hier mitnimmt. Er ist mein Freund. Ich hab genauso viel Angst wie du!" 

Toni sagte jetzt auch etwas dazu: "Anni hat Recht. Geh nach Hause." Fangs verstummte. Wahrscheinlich hatte er keine Kraft mehr dafür uns umzustimmen. Die Krankenschwester verließ das Zimmer und wir drei liefen raus zum Parkplatz. Toni war mit ihrem Motorrad da. "Kann ich mit dir mitfahren?", fragte ich Fangs. Er nickte, immer noch stumm. Also stieg ich zu ihm ins Auto. Fangs wusste wo ich wohnte, deswegen musste ich ihn nicht navigieren. Doch statt mich nach Hause zu fahren, fuhr er zur Schule, wie ich schon bald feststellen musste.

 "Was wollen wir hier?" Fangs beachtete meine Frage nicht und bog mit quietschenden Reifen auf den Parkplatz ein. Er ließ das Auto direkt vor dem Eingang stehen, stieg aus und sprintete in die Schule. Ich stieg ebenfalls aus und rannte ihm hinterher, doch er war viel schneller als ich, sodass ich ihn aus den Augen verlor. Wie schon im Krankenhaus ignorierte er meine Rufe und rannte immer weiter. Wo wollte er bloß hin?

Der einzige logische Einfall, der mir kam, war, dass er zu den Bulldogs wollte. Ich hoffte es jedoch nicht. Die Bulldogs waren wahrscheinlich gerade auf dem Football-Feld und trainierten. Deswegen lief ich nach draußen und sah von weitem einen kleinen schwarzhaarigen Typen. Fangs... Was hatte er nur vor? Von Weitem hörte ich ihn schreien: "Wie konntet ihr nur? Ihr Arschlöcher habt vielleicht Sweet Pea umgebracht und es juckt euch einfach nicht!" Ich hörte nicht auf zu rennen, bis ich in der Nähe von ihm stand. Jason antwortete ihm: "Fangs, ich schwöre dir, dass keiner von uns auf Sweet Pea geschossen hat." "Bullshit! Wer denn sonst?! Er selbst vielleicht?!" Fangs schien richtig wütend zu sein, verständlicherweise.

 Jetzt kam Reggie zu Wort: "Chill mal. Du hast doch selbst gesehen, dass wir alle mit etwas Anderem beschäftigt waren. Wir alle hatten noch nicht mal eine Chance dazu." "Es ist mir scheiß egal, ob ihr keine Chance dazu hattet. Es ist passiert und jetzt kämpft Sweet Pea um sein Leben. Euch Pisser kümmert es einen Dreck!", rief Fangs mit halber Stimme und er hatte verdammt nochmal recht. "Wir alle machen uns auch Sorgen um ihn, doch wir halten uns fern, um euch Freiraum in dieser scheiß Situation zu geben. Wir haben wirklich nichts damit zu tun, Fangs." Es war Archie, der gerade gesprochen hat. Die anderen Jungs nickten ihm zustimmend zu. 

Fangs sah so aus, als würde er über etwas nachdenken, doch dann schüttelte er seinen Kopf, drehte sich um und lief los. Ich wollte ihm hinterher, jedoch kam Jason angelaufen. "Anni, falls ihr irgendwas braucht, können wir helfen." Ich sah ihn gar nicht erst an, doch er versuchte meinen Blick einzufangen. "Nein Danke, ihr habt genug angerichtet." "Aber-" "Hättest du Sweet Pea nicht provoziert, hätte es keine Schlägerei gegeben und ihm wäre nichts passiert!", schrie ich ihm ins Gesicht. Meine Tränen liefen über meine Wangen und hörten gar nicht mehr auf. Nun war Archie schon gekommen und zog Jason von mir weg. Dafür war ich ihm sehr dankbar, denn so konnte ich endlich weg von hier.

Ich fand Fangs an seinem Wagen wieder. Als ich mich zu ihm stellte, bewegte er sich nicht von der Stelle und blickte nur nach vorne. Nach ein paar Minuten kam ein Motorrad angefahren und ich wusste direkt wer es war. Jughead stieg ab, setzte den Helm ab und lief direkt auf mich zu. Er nahm mich fest in den Arm und flüsterte: "Es tut mir Leid. Es tut mir einfach verdammt Leid." "Du kannst nichts dafür", versuchte ich ihm weis zu machen. "Ich hätte die Schlägerei stoppen können. Wäre ich doch nur nicht mit Sweet Pea zurück zur Schule gegangen." "Was meinst du?" "Nach dem Unterricht, wollten wir eigentlich zum Whyte Whyrm, doch ich hatte meine Schlüssel im Spint vergessen, deshalb mussten wir nochmal zurück. Dann haben wir dich und Jason gesehen." "Das ist doch lächerlich. Du kannst dir für die Schlägerei nicht die Schuld geben."

 Er ließ mich wieder los. "Ich konnte nicht mal im Krankenhaus bleiben, so schuldig hab ich mich gefühlt." "Es ist für uns alle schwer... Wollt ihr vielleicht zu mir. Niemand von uns sollte gerade alleine sein." Ich bekam ein schwaches Nicken von ihm und Fangs. "Anni, hier sind Sweet Peas Schlüssel. Fahr du mit seinem Bike, damit das hier nicht einfach so rum steht", sagte Jughead und warf mir die Schlüssel zu, die ich geschickt auffing. Ich war schon öfters mit Sweet Peas Motorrad gefahren, trotzdem lief ich mit wackeligen Beinen zu den Parkplätzen. Es brach mir das Herz nicht zu wissen, ob er jemals wieder damit fahren könnte. Trotzdem schaffte ich es heil bei mir zu Hause anzukommen, genauso wie Fangs und Jug. Ich parkte das Motorrad in der Garage und lief rein. Meine Mutter war nicht zu Hause, deshalb hatten wir das ganze Haus für uns allein.

Niemand sagte etwas. Wir saßen einfach nur regungslos im Wohnzimmer und ließen die Ruhe über uns ergehen. Ich denke, es wusste einfach keiner von uns, was er sagen sollte. So hatte ich auch gar nicht gemerkt, dass ich eingeschlafen war. Erst als Fangs' Handy spät in der Nacht klingelte, schreckten wir auf und waren sofort hellwach.

Losing YourselfWhere stories live. Discover now