5.

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Am nächsten Tag wirkte die Schule viel kleiner und freundlicher auf mich.

Selbst Blondie wirkte etwas netter.
Alice hat mich wie ein blindes Hündchen am Zipfel meines Ärmels zu ihrem Tisch gezogen, als ich unschlüssig am Eingang stand.
Und hier saß ich nun.

Ich hatte nicht wirklich Hunger und ganz ehrlich, bezahlen würde meine Mutter mir das Mensa Essen eh nicht.
,,Nimm dir einfach einen Apfel mit.", hätte sie mir gesagt und genau das habe ich getan.

Das klingt seltsam, aber wieso schmeckt der Apfel geschnitten so, als wäre er weniger.
Wenn ich einen Apfel schneide, kann ich ihn in Sekunden verschlingen.
Wenn ich einfach so abbeißend, scheint es Stunden zu dauern und der Apfel will einfach nicht enden.

Mein Blick schweift durch den Raum.
Überall sitzen kleine Gruppen an weißen Tischen.
Es ist laut und chaotisch. Ich liebe es.
Mein Blick bleibt bei einem Mädchen hängen.

Neben ihr sitzt Jai.
Ich traue mich nicht rüber zugehen und er bemerkt mich genauso wenig, also beiße ich stumm in meinen Apfel.
Trotzdem kann ich nicht aufhören immer wieder hinzusehen.

Ihre Haare sind jetzt gekämmt und sie trägt Kleidung, die sich an ihren Körper schmiegt und...wow. Sie hat einen schönen Körper.
Sie trägt Schminke. Ein dunkelblaues Shirt, das eng anliegt und schwarze Jeans.
Sie hat sich das Haar hinter die Ohren gestrichen.

Sie schaut mich an. Direkt in die Augen.
Ihr Gesicht wirkt anders. Sanfter, als gestern.
Aber dennoch ist da etwas in ihrem Blick, dass mir Angst macht.
Sie kann mich nicht ausstehen.
Sie hasst mich, dass weiß ich ganz genau.

Ich habe gerade erst die Schule gewechselt und schon hasst mich jemand.
Was habe ich ihr überhaupt getan?

Blondie merkt es nicht.
Sie beschwert sich lautstark über irgendetwas.
Alice nickt ab und zu, währen sie sich Früchte in den Mund schiebt.
Ich spiele an meiner Halskette rum.

Manchmal fühlen sich ein paar Minuten wie eine Ewigkeit an.
Die Zeit vergeht unendlich träge und als endlich die Klingel ertönt, spring euch aufgeregt auf und renne dabei sofort die nächstbeste Person um.

Ich bekam es gar nicht so richtig mit.
Ich war so erleichtert, dass es vorbei ist, schnell und panisch.
Ich konnte den Aufprall üblen und das laute, plumpe Geräusch des Tabletts in ihren Händen, als es zu Boden fiel.
Die leere Schüssel, die auf dem Boden einrollte und mit einem leisen Klappern liegend bleibt.

Und ich auf dem Boden, komplett verdutzt und verwirrt.
Und alles was ich tun kann, ist sie anzustarren.

Was ist gerade passiert?
Und dann sah ich sie.

Wie sie nur da steht und mich anstarrt.
Nicht wirklich schuldig, eher überrascht.
Sie hat ihre Lippen zu einem erstaunten ,,Oh" verzogen. Ihre Stimme ist rau und leise.
,,Es tut mir leid."

Es klingt nicht sehr überzeugend.
Meine Bluse ist mit Kartoffelbrei und Erbsen bekleckert. Es ist erst neun Uhr und ich kann wohl kaum nach Hause gehen und mich umziehen.

Sie hält mir zögernd die Hand hin.
,,Hier.", sie zieht mich sanft nach oben.

Ich verbringe den Rest des Tages in einem bekleckertem T-Shirt.
Die Leute starren, aber keiner bietet mir ein sauberes Oberteil an.
Das ist echt alles andere als hilfsbereit.

Wow - EffectWhere stories live. Discover now