Twenty-third Chapter

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William

Der Mann vor mir sah aus als ob er nächtelang kein Auge zubekommen hatte. Oder er war auf Drogen, das würde ich ihm eher zu trauen. Das einzige was ich tat, war rot zu sehen. Er wollte tatsächlich an ihr Grab? Heute?

„ Was machst du auf einmal hier?" In meiner Stimme ebbte ein gewisser Ton nach, der mich stolz auf mich selber sein ließ, da ihm mein Ekel ihm gegenüber nicht entgehen konnte. May war schon hinter mir und hielt weiterhin meinen Arm fest, da ich nicht gerade nett klang. Sie wusste, wenn's um ihn ging, dass ich nicht spaßte.

Ein Teil von mir wusste, dass meine Mutter sich aus bestimmten Gründen umgebracht hatte und das er einer dieser war.

William Reynalds. Der Mann der meiner Mutter damals liebe schenken wollte und es am Ende völlig vermasselt hatte.

Ich wusste, dass er sie ebenfalls nicht einfach verdrängen und ohne weiteres ohne sie weiterleben könnte, dennoch war er damals erst nach zwei Tagen nachdem ich meine Mutter tot auffand, abgehauen und keiner wusste wo er war. Als kleines Mädchen verstand ich nicht warum er mich genau in diesem Moment alleine ließ, da uns doch eins verbunden hatte - wir beide liebten sie.

Doch seine Handlungen ließen mich denken, dass er es nach einiger Zeit, in den vier Jahren die sie zusammen waren, nicht mehr tat. Ein übles Gefühl kam in meiner Magengegend auf, ich hatte die Befürchtung wenn ich ihn weiter in die Augen sehen würde, dass ich ihm vor die Füße brechen würde also schaute ich zu Boden.

„ Heute ist ja.. ihr Todestag und ich bringe ihr ihre Lieblingsblumen." Hörte ich seine Stimme, die sich kein Stück in den sieben Jahren verändert hatte.

Mein Blick fiel auf die Blumen. Ich kannte mich kein Stück mit Blumen aus aber das waren aufjedenfall nicht die Favoriten meiner Mutter.
„ Mama mag nur Dahlien. Das sind keine."  Sagte ich.

„ Hör zu, Kleine",  fing er an und ich merkte darauf seine Händen an meinen Schultern ,

„ es tut mir leid was passiert ist, ich weiß ihr wusstest nicht wo ich war aber-"  ein plötzliche Ruckbewegung von Isaiah, der wohl in Windeseile zu uns kam, stieß ihn zurück von mir. Ich sah wie er mit zusammen gezogene Augenbrauen zu mir sah, dennoch William zurückhielt.

„ Wie kommt es das du dich plötzlich hier her traust, huh? Wo warst du die ganzen sieben Jahre, als ich dich als einzige Bezugsperson, die ich neben ihr hatte, gebraucht habe? Wo warst du als sie beerdigt wurde?
Als ich, meine eigene Mutter als elf jähriges Mädchen zu dem Loch, in dem ihr Sarg herabgelassen wurde, bringen musste? Wo warst du als du ihr hättest die letzte Ehre erweisen sollen?
Nein.. wo warst du als sie sich dazu entschlossen hat sich selber ihr Leben zu nehmen! Wo warst du da?!"

Zum Ende hin wurde ich immer lauter und wütender als ich sein Gesicht sah. Betrübt sah er zu Boden. Ich schritt eine Fußlänge näher zu ihm, Isaiah hatte nicht einmal versucht mich zurück zu halten.

„ Also komm mir nicht an und nenn mich erst gar nicht so! Deine kleine ist an dem Tag, mit der Schlinge um den Hals gestorben, genau so wie sie! Leidest du überhaupt nicht, William? Ich frage dich. Ich leide nämlich jeden verdammten Tag. Jeden verdammten Tag, William!" Schrie ich bevor ich weinend zusammen sackte mich jedoch mein Freund auffing.

Ich merkte nur am Rande wie May etwas zu ihm sagte bevor Isaiah mich von ihm weg, in Richtung Auto zog. Ich hatte noch etwas zu sagen. Danach konnte er für immer verschwinden.

Ich drehte mich in Isaiahs Armen um, worauf er mir etwas zuflüsterte ich es jedoch ignorierte. Ich schluckte den Klos in meinem Hals hinunter.

„ Weißt du was sie mir immer erzählt hat? Sie hat immer gesagt, dass sie dich trotz allem über alles lieben wird, für immer. Selbst als du sie nicht mehr lieben konntest, hat sie für dich alles gegeben. Ich glaube, das war der ausschlaggebende Punkt, was ihr am Ende das Leben genommen hat. Ihre unerwiderte und zerbrochene liebe." In diesen grünen Augen, die mich müde und traurig ansahen, sah ich glitzernde Tränen.

„ Also tu ihr einen letzten Gefallen und besorg ihr zumindest ihre wirklichen Lieblingsblumen." Sagte ich bevor ich mich umdrehte während Isaiah mich versuchte zu stützten.

Im Auto war es genau so still wie vorher auch. Gedankenverloren starrte ich aus dem Fenster und wusste nicht genau, ob und wann mein Herz je so schnell in meiner Brust gehämmert hatte, wie zu diesem Zeitpunkt. Die letzten Minuten spielten sich wie ein Film in meinem Kopf ununterbrochen ab und es gab kein Pause - oder Stoppknopf. Ob er die letzten Jahre auch immer an ihr Grab gekommen war und ihr jedes Jahr irgendwelche Blumen geschenkt hatte?

Schon nach einigen Minuten kamen wir wieder am Bahnhof an. Isaiah verabschiedete sich als erstes, als wir ausstiegen bevor May mich innig umarmte. Beruhigend strich sie über meinen Kopf. „ Versuch sie ein wenig abzulenken, ja? Dann muss ich mir keine allzu großen Vorwürfe machen, dass ich sie wieder verlassen muss." Richtete sie an ihn, drückte mir einen Kuss auf den Kopf und trat einige Schritte zurück.

„ Ja, ich pass auf sie auf." Sprach er ihr zu worauf sie uns beiden lächelnd zuwinkte und zum Gleis lief, auf dem gleich ihr Zug kommen würde. Momentan wohnte sie mit dem Zug noch eine Stunde entfernt, da sie von der Arbeit aus immer ihre Standorte wechseln musste.

Mit lautem Quitschen hielt der Zug an und bevor sie Einstieg drehte sie sich nochmal um und warf uns mit der Hand einen Luftkuss zu. Binnen Sekunden war der Zug auch schon wieder davon gefahren worauf Isaiah und ich uns wieder ins Auto setzten und den Heimweg fortsetzten. Keiner von uns beiden sagte etwas, was mich etwas beruhigte aber zugleich auch wieder beunruhigte. Jetzt wusste er mehr als davor und wahrscheinlich würde er mehr wissen wollen.

„ Wie wärs wenn wir uns etwas zu essen bestellen?" Fragte er mich und versuchte mich tatsächlich auf andere Gedanken zu bringen. Ich gab ihm mit einem Nicken zu verstehen, dass das in Ordnung für mich war, während er wie jedes Mal seine Hand auf mein legte und leichte Kreisbewegungen ausübte.

„ Ich.. ich bin da für dich, ja?" Sagte er woraus man wieder merkte wie unsicher er momentan war.
„ Ja, ich weiß.. danke." Flüsterte ich und legte meine Hand wieder über seine.

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Das war ein sehr schwieriges Kapitel zu schreiben finde ich
Ich hoffe es gefällt es euch <3

OverdoseWhere stories live. Discover now