On The Cliffs

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Tief atmete sie die salzige Luft ein. Schmeckte den Geschmack der Luft.
Sie hörte, wie die Wellen unter ihr an den Felsen brachen. Das stetige Rauschen des Wassers. Über ihr flogen Möwen. Sie schrien, als wüssten sie von dem Unheil das bald folgen würde.
Wieder blickte sie nach unten. Das Wasser, das tiefe Blau des Ozean, sahen wunderschön aus.
Sie wünschte sich, sie könnte wie das Wasser sein. Frei sein, ohne Pflichten, Zwang oder Verantwortung.
Der kalte Stein unter ihren nackten Füßen schien sie jedoch festzuhalten. Als wäre sie festgewachsen in dieser tristen Welt und kommt nicht los.
Ihr Atem geht schnell während sie hinab blickt, sie spürte ihren Körper kaum noch. Sie sah nur das Wasser und der Drang in ihr wuchs.
Noch einmal dachte sie an all das Leid zurück, an all die Schläge, die Dunkelheit, die Tränen. Sie erinnerte sich an sein Gesicht, sah sein glückliches Lachen, das er auf ihrer Hochzeit trug. Doch es wurde immer wieder überdeckt. Immer wieder kam die vor Wut verzerrte Fratze zurück, das fremde Gesicht, das der Alkohol ihm auflegte und ihn alles vergessen ließ. Er vergaß, aber sie nicht. Sie konnte sich an alles erinnern und wenn sie es doch einmal vergaß, wurde sie von den blauen Flecken und den Wunden an ihrem Körper wieder erinnert. S
olchen Schmerz vergisst man nicht.

Sie hörte wie eine Autotür zuschlug. Jemand kam auf sie zu und blieb stehen.
Seine Stimme ertönte, er bat sie von den Klippen zu gehen, zu ihm zu kommen.
Er redete immer mehr auf sie ein, erzählte ihr er würde aufhören mit dem Trinken, würde nie wieder die Hand gegen sie erheben.
Nach einer Weile hörte sie auf ihm zuzuhören. Sie lauschte wieder den Wellen, den Möwen und spürte dabei den Wind, der ihr ins Gesicht blies. Tief atmete sie durch und drehte sich zu ihm um.
Ein Stück hinter ihr stand er, scheinbar war er noch nicht den Felsen hinauf geklettert auf dem sie stand.
Er sah sie bittend an. Beinahe sah es so aus als weinte er gleich. Doch sie glaubte nicht das er weinen würde, sie glaubte nicht einmal, das er nüchtern war.

Ein letztes mal strich sie sich durch ihre kurzen Haare. Sie hatte nie gewollt ihre Haare abzuschneiden, doch er wollte es unbedingt und irgendwann hat er sie mit der Küchenschere gekürzt.
An diesem Abend saß sie lange weinend in der Küche, hielt ihre langen Locken in den Händen und dachte nach. Sie dachte an dann sehr viel nach. Und sie redete kaum noch, wahrscheinlich wollte sie einfach nicht reden oder konnte sie es einfach nicht? Die Antwort konnte sie sich nicht einmal selbst geben.

Nochmal sah sie zu ihm, sah in seine wunderschönen, braunen Augen.

Dann wurde es leicht. Ihr Körper spürte keine Schwere mehr, nur den leichten Wind auf ihrer Haut. Sie hörte die Möwen, das Wasser, dachte zurück an ihr Leben.
Sie schloss die Augen und es wurde schwarz. Endlich war sie frei.
Sie ist nun eins, mit dem Meer.

On The CliffsWhere stories live. Discover now