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Sebastian| Gelangweilt lehnte ich mich an die Stuhllehne und überkreuzte meine Beine, um eine geeignete Sitzposition zu finden. Grummelnd gähnte ich vor mich hin und versuchte mühsam, die Augen offen zu halten. Einen so anstrengenden Tag wie heute hatte ich lange nicht mehr hinter mir, und nun musste ich mich auch noch durch die Nacht schlagen, ohne ein Auge zuzumachen.

Jedoch fühlte ich mich sofort besser, als ich an Taylor dachte und wie viel Spaß er auf seinem Date haben musste. Er liebte Isabella wirklich und die beiden waren wie ein Herz und eine Seele, obgleich sie sich noch nicht lange kannten. Doch so wie sie sich ansahen, war mir bewusst, dass sie bald zusammenkommen würden.

Da in meiner Wohnung niemand auf mich wartete und ich allein lebte, vermisste mich auch niemand und ich konnte ohne Bedenken auch über Nacht hierbleiben. Natürlich wäre es mit einem Mitbewohner schöner - möglicherweise würde ich bald sogar einen haben. Meine feste Freundin Riley und ich waren bereits seit über zwei Jahren zusammen, bald hatten wir sogar Jahrestag. Ich liebte sie über alles und würde unheimlich gern mit ihr zusammenziehen. Dies hatten wir bereits angesprochen und würden es demnächst in Angriff nehmen. Im Moment war sie bei ihren Freundinnen in einer Kleinstadt zu Besuch, welche zwei Stunden entfernt von hier lag, weshalb ich sie wirklich vermisste.

Jedoch erwischte ich mich immer wieder dabei, wie meine Augenlider schwer wurden und ich die Augen schloss. Kopfschüttelnd richtete ich mich auf und beschloss, ein wenig durch die Gänge zu laufen und nach dem Rechten zu sehen. Normalerweise war dies völlig unnötig, denn was sollte schon passieren? So konnte ich mir jedoch wenigstens sicher sein, dass ich nicht einschlafen würde.

Eigentlich war diese Nachtschicht ebenfalls nicht wirklich nötig, denn wohin sollte Sullivan schon gehen? Er war eingesperrt und hatte keine Möglichkeit, zu entkommen. Am morgigen Tag in der Frühe würde er sowieso in den Hochsicherheitstrakt eingeliefert werden, also wo lag das Problem? Jedoch setzte ich mich natürlich nicht über die Anordnungen meines Vorgesetzten hinweg. Ich würde die Nacht schon irgendwie überstehen.

Gähnend vertrat ich mir die Beine auf den Gängen. Alles was zu hören war, schien das Geräusch meiner Schritte auf dem Fußboden zu sein, bis ich ein lautes Klopfen aus dem unteren Stockwerk vernahm.
Stirnrunzelnd hielt ich inne. Dort müsste Sullivan's Zelle sein. Nach kurzem Überlegen beschloss ich, einmal nachzusehen. Ich setzte mich also in Bewegung und fand mich in einem spärlich beleuchteten Gang wieder. Noch immer ruhig betrachtete ich die leeren Zellen am Anfang des langen, trostlosen Ganges, bis ich am Ende ankam.

Zwar war es dunkel in der kleinen Zelle, dennoch konnte ich eine menschliche Silhouette auf dem Klappbett liegen sehen. Verwirrt schüttelte ich den Kopf. Er schlief wahrscheinlich. Doch was hatte ich dann im Flur gehört? Schulterzuckend wollte ich mich gerade wieder umdrehen, als eine raue, tiefe Stimme hinter mir ertönte.

„Guten Abend, Seb.", hörte ich jemanden hinter mir raunen und musste leicht schlucken, denn diese Stimme konnte schließlich nur einer Person gehören. Einer Person, die 38 Menschen aus Vergnügen ermordet hat. Vorsichtig drehte ich mich um und runzelte dann die Stirn.

„Woher kennen Sie meinen Namen?", fragte ich leise und verwirrt, was den Schwarzhaarigen auflachen ließ. Ein mulmiges Gefühl breitete sich in meinem Magen aus, da ich ihn aufgrund der spärlichen Beleuchtung nicht sehen konnte. So betätigte ich den Lichtschalter und das erste was ich sah, waren smaragdgrüne Augen, welche mich amüsiert anfunkelten.

Er stand direkt hinter den Gitterstäben, nicht weit von mir entfernt. Seine Augen glänzten wie Edelsteine, als er mich ansah. Ich räusperte mich leicht und trat ein paar Schritte zurück, woraufhin ich sein regelrecht spöttisches Lachen hörte.

„Wenn man ihn in einer solchen Lautstärke ausspricht, kann man nicht erwarten, dass er geheim bleibt. Übrigens.. denkst du, Taylor wird sein Date gefallen?", witzelte er und schenkte mir ein überlegenes Grinsen, was mich die Stirn runzeln ließ. Ich formte meine Augen zu schmalen Schlitzen und verschränkte die Arme vor der Brust.

„Du scheinst ein einzigartiger Mensch zu sein. Sehr klug und ehrgeizig, dennoch kümmerst du dich so wenig um dich selbst. Wie ist es, von niemandem vermisst zu werden, während man seine Zeit in einer Polizeistation allein mit einem Serienmörder absitzt? Huh, Seb?", versuchte er mich zu provozieren, weshalb ich gereizt die Zähne zusammenbiss.

„Sie wissen nichts über mich!", warf ich ich ihm vor und trat wieder näher an seine Zelle heran. Was ich nicht bedacht hatte, war, dass ich mich damit unbewusst auf sein mieses Spiel eingelassen hatte. Wieder ertönte seine raue Lache, bevor er näher an mich herantrat, bis uns lediglich noch die Gitterstäbe voneinander trennten. Ich fühlte seinen heißen Atem auf meiner Haut, er sah mir direkt in meine Augen. Dieses glänzende Smaragdgrün.. eine solch intensive Augenfarbe hatte ich noch niemals gesehen.

„Nicht viel.. Noch nicht.", hauchte er und fuhr sich dabei mit einer Hand durch die pechschwarzen Haare. Er trug ein edles, weinrotes Hemd und schwarze Lackschuhe. Sein Gesicht war bleich, dennoch strahlten mich seine Augen förmlich an. Unglaublich, dass er der meist gesuchte Verbrecher Oregon's war.

Ich spürte den Drang in mir, zurückzuweichen, jedoch war dies ein Zeichen der Schwäche und ich wollte ihm nicht diese Genugtuung gönnen.

Er hob seine Hand und streckte seinen Zeigefinger leicht nach mir aus, mit dem er dann den Buchstaben ‚Z' vor meinem Brustkorb in die Luft zeichnete. Als ich mich jedoch an die Bilder seiner Opfer erinnerte, rief ich mir ins Gedächtnis, dass er ihnen oftmals ein ‚Z' in die Brust geritzt hatte. Diese Erkenntnis ließ mich leicht zurückschrecken, woraufhin er grinste.

„Du bist ein Polizist, doch dir fehlt die gewisse.. Dominanz und das Selbstbewusstsein, weißt du? Du wirkst regelrecht angespannt und.. ängstlich. Ich mag es, wenn meine Opfer ängstlich sind und um ihr Leben flehen.", offenbarte er mir mit einem bösartigen Unterton in seiner gefährlich klingenden Stimme.

„Nun wird es keine Opfer mehr geben. Dafür habe ich schließlich gesorgt.", erwiderte ich ihm trotzig und eine gewisse Wut flammte in mir auf, als ich an meine Vergangenheit denken musste. Wieder kehrte dieses Bild in meinen Kopf zurück, als hätte es sich in meine Netzhaut eingebrannt. Die Flammen.. das meterhohe Feuer.. die Schreie..

Mein Atem wurde hektischer und ich wich weiter von der Zelle zurück, was mein Gegenüber mit einer gewissen Faszination und Belustigung beobachtete. Schlussendlich bildete sich dann ein unheilvolles Grinsen auf seinen Lippen. Ich versuchte mich an seine Akte zurückzuerinnern. Wenn er sich ein neues Opfer auserkoren hatte, verbrachte er seine Zeit damit, alles über die Person herauszufinden. Er verfolgte sie und trieb sie damit in den Wahnsinn, dabei versuchte er eine gewisse Sache zu entdecken.

Was sie am meisten fürchtete - damit er diese Angst wahrmachen und sein Opfer das schrecklichste Leid erfahren lassen konnte, das für denjenigen möglich war. Mir wurde mulmig zumute, als ich daran dachte, was für ein Scheusal ich eigentlich vor mir hatte.

„Sie sind ein Monster..", murmelte ich eher zu mir selbst als zu ihm, dennoch wurde sein Grinsen noch breiter und er wackelte provozierend mit den Augenbrauen. „Und du ein Genie, Seb.", erwiderte er darauf frech und durchlöcherte mich mit einem intensiven Blick. Ich gönnte ihm diese Genugtuung nicht, den Blick abzuwenden, weshalb ich ihm einfach in die Augen starrte.

„Jeder Mensch fürchtet etwas. Ich fühle, dass in den tiefen Abgründen deiner geschundenen Seele ebenfalls etwas lauert, das nur darauf wartet, an die Oberfläche zu kommen. Eine Angst, so unglaublich stark, dass du sie um jeden Preis verbergen willst. Doch ich werde herausfinden, was es ist, und dann werde ich dein angsterfülltes Schreien und Flehen genießen.", hauchte er ihn einer angsteinflößenden und drohenden Tonlage, sodass sich Schweißperlen auf meiner Stirn bildeten, was er mit einem zufriedenen Grinsen zur Kenntnis nahm.

„Ach ja? Und.. wie wollen Sie das tun, wenn Sie bis an ihr Lebensende eingesperrt sind?", erwiderte ich darauf. Meine Stimme zitterte, doch ich versuchte es zu überspielen. Jedoch schien er es trotzdem zu bemerken und grinste mich an.

„Ich werde dich an diese Worte erinnern, wenn du vor mir kniest und um dein jämmerliches Leben bettelst."

Let's take Revenge togetherWo Geschichten leben. Entdecke jetzt