Andreas & Robin | Teil 2

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»Wir sind Zuhause!«, rief Kilian und ließ hinter ihnen die Haustür ins Schloss fallen. Gemeinsam mit Robin, der still und bleich war wie ihre Badezimmerfliesen, brachte er die Einkaufsbeutel in die verlassen wirkende Küche; es stand noch einzelnes Geschirr vom Frühstück herum, zusammen mit ein paar Zeitschriften und Dokumenten, die auf der kleinen Eckbank verteilt waren, jedoch war von den anderen Bewohnern weit und breit nichts zusehen. Vielleicht auch besser so, denn wenn sie Robin so gesehen hätten, hätten sie gewusst, dass etwas nicht stimmte. Oder besser, dass etwas passiert war. Weil ich vielleicht auf dich stehe. Diese Worte hallten seit vorhin unaufhörlich in seinem Kopf und sein Gehirn nahm sie auseinander, analysierte sie, doch konnte einfach nichts mit ihnen anfangen. Kilian war aufgestanden, nachdem er sie gesagt hatte, und meinte, sie sollten langsam nach Hause gehen. Als wäre nichts gewesen. Wenn Robin es nicht besser wüsste, hätte er gemeint, sich dieses Geständnis nur eingebildet zu haben, aber so war es nicht. Kilian mochte ihn. Und das brachte kleine Schmetterlinge in seinem Bauch zum kribbeln, jedoch ... es fühlte sich weitaus nicht so gut an, wie es Robins Meinung nach sein sollte. Zwar war er leicht hibbelig und auch etwas aufgeregt, aber nicht so als würde er jetzt wild durch die Wohnung tanzen wollen - stattdessen packte er vollkommen ruhig mit Kilian ihre Einkäufe raus. Und eigentlich juckte es ihn auch nicht groß, dass sie sich dabei recht nahe waren und sich ihre Arme ab und zu streiften. War das normal so? Sollte er jetzt irgendwas anderes fühlen? Und sollte er Kilian vielleicht sagen, was gerade in ihm vorging? Aber eigentlich hatte sein Mitbewohner ja nur gesagt, dass er vielleicht auf Robin stand, nicht etwa, dass er mit ihm zusammen sein wollte oder generell etwas von ihm erwartete ... Vielleicht musste Robin also gar nichts dazu sagen und konnte es einfach vergessen, bis Kilian ihm irgendwann sagte, dass er ihn doch nicht so mochte. Oder aber, es würde ihn verletzen, wenn Robin einfach so tat, als wäre nichts passiert. Gott, diese Sache war so kompliziert, er spürte förmlich, wie sein Kopf zu rauchen begann. Um sich davon abzulenken, begann er, das dreckige Geschirr vom Tisch abzuräumen und dabei viel sein Blick auf den Papierstapel, den wahrscheinlich Laura und Valentina hier liegen gelassen hatten.
»Mann, wieso können die beiden ihre Unterlagen nicht einfach als Word-Dateien speichern? Das hier ist Papierverschwendung pur.«
Er griff nach ein paar Zetteln, aber bevor er auch nur dazu kam, sie zu ordnen oder überhaupt zu lesen, fasste Kilian ihn am Arm.
»Warte!«
Erschrocken sah Robin ihn an und sein Mitbewohner wirkte plötzlich ebenso verlegen und unsicher, was er jetzt sagen sollte.
»Also ... ich ... ähm, sorry ...«, stotterte Kilian zusammenhanglos und seufzte kurz, wie um sich zu sammeln, bevor er Robin plötzlich ohne Vorwarnung küsste. Wusch! Die Papiere segelten zu Boden, doch Robin spürte nur warme, sanfte Lippen auf seinen und bekam so auch nicht mit, wie Kilian währenddessen ein gewisses kompromitierendes Handout mit seinem Fuß unter den Küchentisch schob.
»Was zur Hölle!«, ertönte in diesem Moment von der Seite eine vertraute Stimme und die beiden fuhren hastig auseinander. Es war Andreas, der in der Tür stand und die beiden ungläubig ansah. Robin fühlte, wie sich sein Magen krampfhaft zusammen zog und er wischte sich schnell über den Mund, wobei er sein Herz überlaut und schnell in seiner Brust pochen hörte.
»Ich geh dann mal«, sagte Kilian schnell, bevor er in einem Wahnsinnstempo aus der Küche rauschte. Kurz darauf hörten sie seine Zimmertür knallen. Robin konnte spüren, das seine Wangen rot anliefen und spielte nervös mit dem Saum seines dunkelblauen Hoodies, der eigentlich von Andreas war, ihm aber inzwischen nicht mehr so gut passte. Die ganze Situation war irgendwie surreal und er wusste nicht recht, was er sagen sollte, bis Andreas ihm diese Frage schließlich abnahm:
»Wieso habt ihr euch geküsst? Ich dachte immer ... Kilian wäre hetero.«
Er sah Robin fragend an und jener zuckte nur mit den Schultern; sein Herz flatterte immer noch wie wild und er konnte nicht einordnen, wieso.
»Naja, i-ich weiß es eigentlich gar nicht, er hat nur gesagt, dass ... er mich m-mag«, erklärte er schließlich stotternd und konnte Andreas dabei nicht so richtig ansehen.
»Und magst du ihn?«
»Ich weiß es nicht ...«
»Verstehe. Komm doch nachher, wenn du magst, in mein Zimmer, dann kannst du mir alles erzählen. Das erste Liebesgeständnis zu bekommen ist doch aufregend.«
Der Brünette lächelte jetzt locker und ein kleiner Stich durchfuhr Robins Herz.
»Okay, mach ich ... aber erstmal geh ich duschen.«
Er versuchte sich ebenfalls an einem müden Lächeln, was nicht so recht gelang und rannte dann vorbei an seinem Mitbewohner ins Badezimmer. Das war zu seinem großen Glück gerade auch frei und er knallte hinter sich die Tür zu, bevor er abschloss und sich kraftlos auf den kalten Fliesenboden sinken ließ. Plötzlich war es gar nicht mehr so aufregend und irgendwie kribbelig, dass Kilian ihn geküsst hatte. Wieso fühlte er sich jetzt nur so miserabel?

Verschlossen verschossenWhere stories live. Discover now