Niklas & Lennard

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Gewidmet an Bittersweet_rebell
Danke für den tollen Titel <3

Niemals hatte Niklas sich vorgestellt, wie schlimm sein Leben mal werden könnte. Und jetzt saß er hier allein mit dem total asozialen Bruder seines besten Freundes für zwei Wochen in Quarantäne. Dabei hatte alles nur damit begonnen, dass Theo seine Freundin in Stuttgart besuchen wollte - ihre Fernbeziehung hielt nun schon überraschend lang - und ihn gebeten hatte, ab und zu seine Katze Cleo zu füttern, weil sein Bruder das immer vergaß und er bei der Heimkehr nicht schon wieder ein totes Tier vorfinden wollte. Blöd nur, dass einer der lieben Bewohner dieses Neubaublocks möglicherweise eine gewisse Krankheit aus China eingeschleppt hatte und irgendwer sich dachte, dass es eine tolle Idee wäre, niemanden auf die Krankheit zu testen und einfach alles für vierzehn Tage abzuriegeln. Sprich hockte Niklas jetzt nicht gerade begeistert neben Theos Bruder Lennard auf der Couch und versuchte, nicht durchzudrehen. Das war nämlich so eine Sache mit ihm und Lennard; Niklas konnte ihn einfach nicht ausstehen. Seine lockere Kleidung, seine nicht existierende Körperpflege, ebenso wie seine total mürrische, rechthaberische Art, die in der Vergangenheit zwischen ihnen schon öfter zu Konfrontationen geführt hatte. Irgendwann hatten sie schließlich ganz aufgehört, miteinander zu reden und sich erfolgreich fast fünf Jahre ignoriert. Bis jetzt zumindest. Jetzt saßen sie gerade auf der Couch, auf dem Fernseher der neuste Bericht der Tagesschau laufend, und Niklas presste sich eins der Sofakissen an die Brust, um nicht die Kontrolle zu verlieren und durchzudrehen. Er und Lennard, für zwei Wochen allein (mit der Katze) ... Er wollte den Bruder seines besten Freundes ja schon jetzt umbringen, weil seine Atemgeräusche so schrecklich laut an den Neubauwänden wiederhallten.
»Was guckst du so?«, fragte Lennard in genau diesem Moment und kniff misstrauisch die Augen zusammen. Niklas spürte, wie ihm vor Peinlichkeit heiß wurde, doch tatsächlich beim Starren auf diesen Typen erwischt worden zu sein.
»Nichts«, brachte er etwas flappsiger und irgendwie aggressiver hervor als er sich fühlte. Und schon jetzt spürte er, dass er damit ihren ersten Streit herauf beschwor. Großartig.
»Aber du hast mich angestarrt.«
Lennard verschränkte die Arme vor der Brust und funkelte ihn genervt an.
»Ich war halt in Gedanken.«
Schon spürte Niklas, wie es auch in ihm zu kochen begann - diesmal aber vor Wut. Lennard sah es aber auch nie ein!
»Wenn es dich so sehr stört, angestarrt zu werden, solltest du vielleicht öfter mal duschen und dir was frisches anziehen.«
»Wie bitte?!«
Der Brünette war aufgesprungen.
»Als ob du eine Ahnung von irgendwas hättest!«
»Tjah, ich weiß wenigstens, wie man eine Dusche benutzt.«
Niklas stellte sich ebenfalls hin und baute sich vor ihm auf.
»Außerdem lasse ich nicht die Katze meines Bruders sterben, weil ich sie außversehentlich in der Abstellkammer eingesperrt habe.«
»Und wenigstens bin ich nicht so ein gemeiner Penner, der sich über alles beschwehrt! Diese Sache geht dich gar nichts an«, fauchte Lennard und wirkte dabei als hätte Niklas einen wunden Punkt gefunden.
»Oh doch, dass geht mich was an, immerhin habe ich ihm Milki geschenkt! Und dir fällt zwei Wochen nicht auf, dass sie weg ist. Du hast ja nichtmal daran gedacht, ihren Napf zu füllen, selbst wenn das mit dem Einschließen ein Versehen war. Diese Katze hast du auf dem Gewissen!«
Zugegeben, jetzt ging er etwas zu weit, aber er hatte diese total süße, schneeweiße Katze geliebt. Und nur weil dieser Idiot zu dumm war, sich bei Schließen einer Tür nochmal umzudrehen und sich keine zwei Sekunden daran erinnerte, das Theo ihm gefühlt zehntausend Mal gesagt hatte, er solle die Katze füttern, während er weg war.
»Ganz ehrlich, gleich fliegst du raus, egal ob ich dann Ärger mit irgendeinem Institut kriege. Meinetwegen stirb doch einfach an diesem Virus!«
»Das wären dann ja schon zwei Tode, die auf deine Kappe gehen. Ich bin sicher, Theo wird sich freuen!«
Sie waren immer lauter geworden und funkelten sich jetzt einen Moment still böse an, um wieder zum Atmen zu kommen. Das Adrenalin wich langsam aus Niklas' Körper und ebenso langsam begriff er, dass es falsch gewesen war, diesen Streit zu beginnen. Überhaupt mit dieser Katzen-Sache anzufangen. Er wollte sich fast schon dafür entschuldigen, als Lennard schließlich schnaubend sagte:
»Kein Wunder, dass dir deine Freunde immer davon laufen, wenn du so drauf bist.«
Und das legte bei ihm wieder den Schalter um; sich zurecht über eine tote Katze zu beschwehren war ja noch okay, aber dafür auf seinen Beziehungen herumzureiten?!
»Ach, du hast da natürlich mehr Ahnung als ich! Mister Klischee-Bisexuell, der all seine Partner betrügt. Großartig! Tjah, für dich mag das vielleicht funktionieren, aber ich kümmere mich wenigstens um den Typen, mit dem ich zusammen bin!«, fauchte er verletzt und stampfte dann in den Flur, zu Theos Zimmer - seinem einzigen Zufluchtsort für die nächsten zwei Wochen. Schon jetzt würde er lieber einfach an Corona sterben als diese zwei Wochen mit Lennard zu leben.

Verschlossen verschossenOù les histoires vivent. Découvrez maintenant