Elijah war kurz davor, die Augen zu verdrehen, beherrschte sich aber gerade noch rechtzeitig. Klaus benahm sich kindisch, wenn er noch irgendeinen Beweis dafür gebraucht hätte, dass ihn etwas quälte, dann wäre er damit erbracht.

„Ich dachte, ihr seid glücklich miteinander."

„Waren wir auch."

„Aber?" Jetzt, da Klaus endlich mit seiner Ausweichtaktik aufhörte, würde Elijah erst recht nicht locker lassen.

„Es gibt kein ‚Aber'!", fuhr Klaus ihn an. Zum ersten Mal, seit Elijah den Balkon betreten hat, sah sein jüngerer Bruder ihm direkt in die Augen und der Schmerz und die Wut, die in seinem Blick loderten, trafen Elijah unvorbereitet. „Sie liebt mich. Fünf Jahre hat es gedauert, damit sie es sich eingesteht und jetzt endlich, da es soweit ist, sollte man meinen, dass es keinerlei Schwierigkeiten mehr gibt, nicht wahr?"

„Du liebst sie." Es war keine Frage.

„Natürlich tue ich das", entgegnete Klaus bitter. „ Aber genau dort liegt das Problem." Ruckartig wandte er sich ab und stürmte aufgebracht über den Balkon, bis er einige Schritte entfernt mit dem Rücken zu Elijah am Geländer stehen blieb. Sein Atem ging schwer und es dauerte eine Weile, bis er sich wieder unter Kontrolle hatte.

Sein plötzlicher Zorn erkaltete wie Asche im Schnee und zurück blieb nichts, bis auf ein hohles Gefühl in seiner Brust.

Klaus starrte auf die letzten, langsam verblassenden Sterne am Firmament, während er leise sagte: „Ich kann sie nicht beschützen. Ich kann alle meine Feinde töten, ich kann sie unter Bewachung stellen und trotzdem wird sie immer noch nicht in Sicherheit sein. Jeder getötete Feind beschert mir zwei neue und wir beide wissen, dass sie niemals ihre Unabhängigkeit aufgibt und sich auf Schritt und Tritt überwachen lässt. Was blieb mir also für eine Wahl?"

„Was hast du getan?"

Stille trat ein. Klaus umklammerte das Geländer fester, doch seinen zusammengepressten Lippen entwich kein Ton. Sein Bruder hatte genug davon, jedes Wort einzeln erzwingen zu müssen. Mit wenigen Schritten war er bei ihm, zog ihn von dem verdammten Geländer weg und packte ihn an beiden Schultern.

„Was hast du getan, Niklaus?", fragte Elijah leise, aber nachdrücklich, der unterschwellige Ton einer Drohung in seiner Stimme.

„Das einzige, das ich tun konnte", murmelte Klaus heiser. Langsam hob er den Blick, den Ausdruck eines Mannes, den pure Verzweiflung zu seiner Tat getrieben hatte, in den Augen.

„Sie alles vergessen und sie gehen zu lassen. Wenn ich nicht an ihr interessiert bin, werden sie es auch nicht sein. Es war der einzige Weg."

Er wandte sich von ihm ab und kehrte zum Geländer zurück. Elijah ließ ihn gewähren, den Blick nachdenklich auf den Boden gerichtet. Um ehrlich zu sein hatte er mit einigem gerechnet, aber dass sein Bruder sie einfach gehen ließ, erwischte ihn kalt. Als er das nächste Mal aufblickte, hatte Klaus die Hände hinter dem Rücken verschränkt und blickte aufrecht dem heller werdenden Morgenhimmel entgegen.

„Bist du sicher, dass du damit umgehen kannst?" Er trat neben ihn und warf ihm einen Seitenblick zu.

„Wenn es bedeutet, dass sie sicher ist, ja." Klaus erwiderte seinen Blick ruhig, die Emotionen, die noch vor kurzem darin geflackert hatten, inzwischen wieder tief verborgen. Mit tonloser Stimme fuhr er fort, während sein Gesicht sich wieder gen Osten wandte. „Sollte ich sie jemals durch Zufall wiedersehen, wird es genauso sein, wie damals in Mystic Falls. Sie wird mich hassen, sobald sie herausfindet, wer ich bin und ich werde sie aus der Ferne lieben."

Elijah kämpfte einen Moment lang mit den richtigen Worten, dann legte er ihm eine Hand auf die Schulter. „Tut mir leid."

„Das muss es nicht." Klaus schüttelte seine Hand ab. „Ich mag sie verloren haben, aber sieh dir an, was ich dafür gewonnen habe - ein Königreich." Er lächelte bei den letzten Worten, doch seine Augen blickten hohl, bar jeglicher Emotion.

Elijah musterte ihn einen Moment, dann schnaubte er und machte Anstalten, wieder hineinzugehen. Am Durchgang drehte er sich noch einmal um. „Herzlichen Glückwünsch. Ich hoffe, du wirst glücklich damit."

Klaus erwiderte nichts, ja, er rührte sich nicht einmal. Die ersten Strahlen der Morgensonne erhellten das French Quarter, während sein König alle Gedanken an ein viel helleres Licht in eine tiefschwarze Schlucht stieß, aus der es bisher kein Entrinnen gegeben hatte.

Party in New OrleansWhere stories live. Discover now