Pandemie Diary

Donnerstag, 19. März 2020

Heute beginne ich noch später zu schreiben. Was ist los? Ist das etwa bereits der vielbeschworene und gefürchtete Gewöhnungseffekt, der mich an der Dringlichkeit des Aufschreibens zweifeln lässt? Ich hoffe nicht.

Obwohl ich mit meiner Tochter gestern abgesprochen habe, dass sie und ihr Freund in nächster Zeit für uns einkaufen und die Lebensmittel vor unserer Tür abstellen, habe ich mich heute doch noch einmal zu NETTO gewagt. Die Filiale liegt weit draußen auf dem Land. Eine Fahrt durch menschenleere Landschaften. Auf dem Parkplatz viel Platz. Ich stelle den Wagen ganz hinten ab, lasse rechts und links von mir zehn freie Plätze, als könne ich mich durch die Karosserien  hindurch infizieren.

Der Supermarkt ist schlecht besucht, viele Regale noch immer leer. An der Kasse kleben rotweiß gestreifte Bänder auf dem Boden, die den Sicherheitsabstand von 1,50 m markieren. Das gefällt mir. Niemand fährt mir mehr mit seinem Einkaufswagen auf den Hacken! Bezahlen kann ich nur mit Karte. Bargeld haben sie nicht mehr so gerne, obwohl wir doch inzwischen gelernt haben, dass sich das Krönchen nicht über Münzen oder Papiergeld verbreitet.

Die Wissenschaft warnt im Laufe des Tages immer wieder über TV vom sorglosen Umgang mit den Hygiene- und Abstandsregeln und dem Gebot, auf soziale Kontakte zu verzichten, ansonsten wären Ausgangssperren in naher Zukunft unumgänglich. Ich schlucke schwer. Wie ginge in einem solchen Fall all jenen Menschen, die über keinen eigenen Garten, vielleicht noch nicht einmal über einen Balkon verfügen? Ich sage nur: Höhlenkoller!

Nun ist es schon abends und eine bleierne Müdigkeit überfällt mich. Eigentlich wollte ich noch ein paar Absätze schreiben, doch der heutige Tag ist so unglaublich schnell vergangen.

Ich habe mich mit Schulkram rumgeschlagen: Korrekturen, Noten, Vorbereitung der Abschlussprüfungen. Wie lange muss ich das noch durchstehen? Und dabei bin ich doch erst vier Tage zuhause!