„Fick dich!“, zischte ich so leise wie ich konnte, doch die mit Schminke vollgekleisterte Puppe drehte sich schnell um und funkelte mich böse an. Ich hob eine Augenbraue aus Verwunderung, weil ich dachte, dass sich die Gesichtszüge von Botoxfresse aka Barbie nicht verändern konnten.

Hatte die Fledermausohren oder was?

Jetzt bekam ich von ihr bestimmt keine Cherry Coke mehr. Wie schade. Aber vom coolen Schwuggele-Steward schon. Ich fühlte mich wie im Kindergarten.

Und die Langeweile kam schon angeschlichen.

Ich wurde unsanft von meinem Bruder geweckt, der aufgeregt meinen Arm verkloppte. „Sag mal, geht’s dir noch gut? Ich hab geschlafen!“, fuhr ich ihn an. Zu schlafen war wenigstens eine Möglichkeit dem Ganzen hier für eine Weile zu entfallen. Aber da hatte ich die Rechnung ohne meinen wundervollen Bruder gemacht. „Wusstest du, dass die bei X Factor waren? Das guckst du doch auch immer!“, nervte Chris weiter. „Schön.“, gab ich knapp zurück und stellte auf meinem iPod ein Lied weiter: Radioactive von Rita Ora. 

http://www.youtube.com/watch?v=ANcWjDYCglk

Eigentlich war ich sehr froh zu hören, dass es in diesem Kaff-Land auch gute Sendungen wie zum Beispiel X Factor gab. Ich lehnte mich seufzend zurück. Einen klitzekleinen positiven Aspekt hatte ich schon gefunden, aber dabei blieb es fürs Erste auch.

Mein Blick wanderte im Minutentakt auf die Anzeige, auf der stand, wie viele Stunden wir noch vor uns hatten und jedes Mal wurde ich deprimierter. Einmal, weil die Zeit einfach nicht vergehen wollte und einmal, weil wir uns immer weiter von L.A. entfernten und uns immer weiter der grünen Hölle näherten. Nicht mal meine Gitarre hatte ich hier, geschweige denn etwas zu essen. Das war hier oben ja echt nicht identifizierbar, obwohl wir in der Business Class flogen.

Ich schob Chris mein Essen zu und erntete danach einen geschockten Blick von ihm samt meinem Vater. „Alles okay mit dir, geht’s dir nicht gut?“, fragte er besorgt. Ich schüttelte den Kopf. „Ich geh mir nur kurz die Beine vertreten.“ Mein Bruder schaute mir noch mit riesengroßen Augen hinterher. Normalerweise war ich ein lebender Müllschlucker, aber heute hatte ich einfach keinen Hunger. Ich vermisste meine Freunde jetzt schon unheimlich und war mir nicht sicher, ob sie mich wirklich besuchen kommen würden.

Ich kam vorbei an geschäftig aussehenden Geschäftsmännern, die wie verrückt auf ihre Tastaturen von ihren Gammelobst-Computern hauten und andere, die einfach nur schliefen und dabei die Kissen vollsabberten, die ihnen von den überaus freundlichen Stewardessen gegeben wurden.

Insgeheim hoffte ich, dass die Kissen regelmäßig gewaschen wurden, da sich mir gerade ein Anblick erbot, den ich euch lieber ersparen möchte.

Endlich an den Toiletten am Ende des Flugzeugs angekommen, musste ich warten. Daraufhin sank meine Laune absolut in den Keller. Plötzlich wurde ich von hinten angequatscht. „Bist du  auch aus der ersten Klasse?“ Zischend drehte ich mich um. „Weißt du wie scheißegal mir das gerade ist? Ich will einfach nur auf Klo, mich da runterspülen und als Eisklotz hoffentlich wieder in L.A. landen!“ In dem Moment hätte ich meinem Gegenüber einfach eine knallen können, aber so asozial war ich dann doch nicht. Er konnte ja nichts für meine Laune, die schon längst den Gefrierpunkt überschritten hatte. Außerdem sah er ein Tick zu gut aus.

„Tut mir leid, dass du so scheiße drauf bist, außerdem ist das Klo frei.“, sagte er mit einem fetten Grinsen im Gesicht, was so gar nicht dazu passte, was er gerade gesagt hatte. Komischer Typ.

Schnell schloss ich die Tür hinter mir und blickte in den Spiegel. Was mir da entgegenblickte, war auch nicht wirklich gute-Laune-fördernd. Meine Haare standen in alle Richtungen ab, mein Makeup war nicht mehr da, wo es normalerweise hingehörte und ich sah einfach nur zerknautscht aus.

Mürrisch fuhr ich mir ein paar Mal durch meine braunen, langen Haare und band sie anschließend zu einem lockeren Dutt nach oben. Ich frischte auch mein Makeup noch mal auf und schaute wieder in den Spiegel.

Annehmbar.

Als ich die Klotür wieder aufschieben wollte, knallte ich fast mit dem Typen von eben zusammen, der anscheinend an der Tür gelauscht hatte. „Hast du gelauscht oder was? Was dachtest du denn, was ich da drinnen mache!“, fuhr ich ihn an und wollte mich an ihm vorbeiquetschen. „Du hast dich ja doch nicht runtergespült.“ „Natürlich nicht!“, fauchte ich ihn an. „Und jetzt lass mich durch, sonst spül ich dich gleich runter!“ Er grinste mich breit an und entblößte dabei seine Zahnspange, die ihn aber nicht daran hinderte, noch mehr zu grinsen. Er strich sich kurz eine blonde Haarsträhne aus der Stirn und ließ mich durch. Ohne mich noch einmal umzudrehen, ging ich schnellen Schrittes zu meinem Platz zurück. Trotzdem spürte ich, wie er mir hinterherstarrte. Natürlich musste ich dann auch noch über eine fette Handtasche stolpern, die mitten im Weg stand. Ich fluchte und merkte regelrecht, wie der Typ sich hinter mir darüber amüsierte, wie tollpatschig ich war.

Als ich mich wieder auf meinen Sitz fallen ließ, wurde ich wieder von einem Wortschwall begrüßt und ich sah die erlösenden Lämpchen aufblinken, die anzeigten, dass man sich für die Landung anschnallen sollte. Ich ließ meinen Blick nach draußen wandern und eines war klar: die Farbe Grün war ab sofort aus meinem Kleiderschrank verbannt, da man mich sonst nicht mehr wiederfinden würde.

Zu meinem Erstaunen nahm ich keinen einzigen Regentropfen wahr, als wir aus dem Flugzeug stiegen und die Temperatur war auch ziemlich angenehm. Kein ganz so schlechter Anfang, aber trotzdem wollte ich nicht hier sein. 

What Makes A Green Hell BeautifulWhere stories live. Discover now