Ezra war kein einziges Mal gekommen.

Die Sonnenaufgänge schwanden von einem Zeitpunkt der Hoffnung zu einem Ort der Qualen, die Cassian still ertrug und sein blutendes Herz in seiner Brust umherschleppte. Cassian's illusionierte Runen, die er in seinen Träumen antraf wie sie sich in eleganten silbrigen Schnörkeln auf seiner Haut rühmten, erstrahlten in ihrer schönsten Pracht, verzauberten die harmonische Stimmung und das verdankte er dem Menschen, der seine zersplitterten Bruchstücke fein säuberlich zu einem atemberaubenden Mosaik zusammenfügte und dieses heillose Chaos an Farben dorthin setzte, wo zuvor das blutende Herz den Qualen erlag. Jetzt leuchtete Cassian wirklich wie ein Stern, der das Himmelszelt verließ um einzig und allein für die korallbraunen Augen zu strahlen. Diese Romanze überschritt die Grenze zwischen den Welten, überbrückte die Feindseligkeiten und fand im ärgsten Sturm ihren Beginn. Die Liebe brannte ihre Abstammung nieder, riss mit einem lechzenden Flammenmeer die Vergangenheit in Fetzen um aus der Asche eine neue Zukunft zu formen. Eine, in der Cassian mit seinem Menschen zusammen sein durfte. Und so hell, so klar das Licht strahlte, so matt und farblos hinterließ es den Ozeaner als der Zauber verstrich. So unmessbar himmlisch dieses falsche Trugbild auch war, umso brutaler fiel das Erwachen aus eben jenem aus. Cassian reckte sich nach dem Menschen, nach dem Halt dem er ihm bot. Aussichtslos. Die korallbraunen Augen verblassten und ein kümmerliches Wimmern war das einzige, zu was der vom Liebeskummer zerflossene Elternteil fähig war. Es tat zu weh, schon wieder seine besondere Person zu verlieren. Zuzusehen, wie ihm das einzige was ihm lieb und teuer war entrissen wurde.

Clayton kam nicht. Die Kinder kamen nicht. Ezra kam nicht. Ezra würde nicht mehr kommen. Nie wieder. Cassian hätte nicht untätig zusehen sollen wie ihm das Liebste genommen wurde - deswegen machte er sich schreckliche Vorwürfe. Weil Ezra für ihn kämpfte und Cassian, zu paralysiert von dem Schock, im Moment des Ernstfalles nur reglos dastand und zuließ, dass der Vater seiner Kinder mit ungemeiner Selbstlosigkeit zu einem schlimmen Schicksal in der Welt verschwand, die unter den majestätischen Wellen lauerte.

Und wieder verstrichen die Wochen so leise und zügig, als tickte der Zeiger der Wanduhr die Sekunden ab.

Sekunden. Minuten. Stunden. Tage. Wochen. Monate. Zeit schien nicht mehr existent zu sein.

*

*

*

Es war eine Nacht wie alle anderen, ununterbrochen derselbe Kreislauf, immer und immer wieder auf's Neue quälte sich Cassian mit einem unruhigen Schlaf und noch unruhigeren Nerven durch die langen, einsamen Stunden der dunklen Finsternis. Da gab es nämlich kein Licht, kein Fünkchen Licht das ihm beistand in dieser tristen Einöde seiner eigenen Gedanken. Es kam nicht selten vor, dass sich Cassian aus Melancholie und Wehmut aus dem elterlichen Bett erhob und es verließ, flüchtete. Zuflucht im reglosen Wohnzimmer suchte, irgendwo Hauptsache er würde nicht so bizarr daran erinnert werden, wie allein er war. Wie einsam.

Seine Kinder waren fort.

Ezra war weg.

Guiseppe weilte inzwischen seit einem vollen Mondwechsel nicht mehr unter ihnen. Er war heimgekehrt, heimgekehrt zu seiner Wendy, von der er sich vor so vielen Jahren verabschieden hatte müssen. Jeder verließ ihn, jeder der Cassian wichtig und an's Herz gewachsen war verließ sein Leben wie er es betreten hatte. Unverhofft, leise und viel zu rasch. Einfach so. Die Konsequenzen, die Spuren die von den Abschieden übrig blieben, prangten für ewig auf der geschundenen und drangsalierten Seele. Narben für die Ewigkeit.

„Ju-Ezra...", schniefte er wehleidig und zog sich die Laken weiter über den dunklen Haarschopf, kuschelte sich an Tata, versteckte sich darunter wie er es als kleines Kind immer getan hatte, wenn er traurig war und von Mutter getröstet werden wollte. „...k-komm endlich heim". Vermissen war das Härteste, mit dem er jeden Tag konfrontiert wurde, mit dem er irgendwie umgehen musste...er vermisste das Leben, das zusammen mit den korallbraunen Augen von ihm fortgegangen und nicht mehr wiedergekommen war. Vermissen kostete Kraft, Vermissen kostete Zuversicht.

Ocean Eyes  [MERMAID!AU]Dove le storie prendono vita. Scoprilo ora