34. Kapitel

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Summer:

Auch wenn heute Dienstag war und wir somit mein Lieblingsfach hatten, konnte ich das Unterrichtsende kaum erwarten. Dann konnten wir endlich diesen geheimnisvollen Umschlag öffnen, der eigentlich Morgana gehörte. Zudem war es ziemlich anstrengend, dafür zu sorgen, dass Freddie und Hörnchen sich nicht zeigten. Doch leider zogen sich die Stunden hin wie Kaugummi. Sekunden dauerten so lang wie Minuten und Minuten wie Stunden. Sogar Musik, was heute unser letztes Fach war, schien doppelt so lang zu dauern. Aber irgendwann hatten wir es hinter uns und eilten zu unserem Zimmer.

Als wir jedoch dort ankamen, mussten wir feststellen, dass die Tür nur angelehnt war. Dabei hatte ich sie vorhin ganz sicher abgeschlossen. Kiera und ich wechselten einen besorgten Blick, ehe sie vorsichtig die Tür aufstieß. Langsam traten wir ein und sahen uns geschockt um. Alles war verwüstet. Hätte mir jetzt jemand erzählt, ein Tornado hätte in unserem Zimmer gewütet, wäre mir das glaubhaft erschienen. Unsere Sachen waren aus Schränken und Regalen geworfen worden, Kissen und Decken aufgerissen - die Füllung war schön dekorativ im Raum verteilt - und Stühle und Schreibtische verschoben beziehungsweise umgeschmissen worden. Außerdem fehlte das Bodenbrett, unter dem Morgana in der Vergangenheit den Umschlag verstaut hatte.

Ein paar Minuten starrten wir geschockt auf das Chaos, zu keiner Reaktion fähig. Jemand hatte allem Anschein nach, etwas gesucht. "Denkst du, sie haben sie gefunden?", rief Kiera aufgeregt und rannte zu unserem guten, alten Sessel, der nun schon den Umschlag und den Kompass enthielt. Er war in eine Ecke geschoben worden, sah aber nicht weiter beschädigt aus. Zum Glück war Rosalie oder wer auch immer das gewesen war nicht drauf gekommen, dass die wertvollsten Gegenstände in diesem Raum in einem alten Möbelstück platziert worden waren, denn sowohl Kompass als auch Umschlag waren noch da. Wir seufzten erleichtert.

Trotzdem nahm ich es Rosalie übel, was sie mit unserem Zimmer angestellt hatte. Erst musste ich mich gestern so aufregen wegen Morgana und heute wegen ihrer Tochter, das war doch ungeheuerlich. Ich war also schon leicht angesäuert, aber als mein Blick auf mein Buch fiel, das mutwillig zerfleddert worden war, wurde ich fuchsteufelswild. Dazu muss gesagt werden, dass ich normalerweise nicht so schnell wütend werde, aber wenn es um Bücher geht, mache ich keine Späße. "Das geht zu weit!", knurrte ich, packte die Überreste meines Lieblings und stürmte auf den Gang, zu ihrem Zimmer. Um unsere Feindin im Auge zu behalten, hatte wir uns informiert, wo sie schlief.

Zornig hämmerte ich mit der Faust gegen ihre Tür, bis sie sie öffnete. Kiera war mir gefolgt und wollte mich wegziehen, aber ich gab nicht nach. Rosalie starrte uns mit weit geöffneten Augen an. "Wie kannst du es wagen?", schrie ich und gestikulierte wild mit dem kaputten Buch, "Warum brichst du bei uns ein und warum zerstörst du unsere Sachen? Schau dir das an!" Ich hielt ihr das Buch unter die Nase, aber sie ließ sich davon nicht beeindrucken. "Ich wollte das noch lesen", einzelne Seiten fielen wie Blätter im Herbst zu Boden, "Aber jetzt kann ich es praktisch wegwerfen!" Erbost funkelte ich sie an. "Also entschuldige dich gef-", wollte ich verlangen, aber da überkam mich ein plötzlicher und sehr intensiver Kopfschmerz. "Aaah!", mit schmerzverzehrtem Gesicht sank ich in die Knie. Die Schmerzen waren unerträglich. Doch da gab es das laute Geräusch von irgendetwas, das auf dem Boden aufschlug und die Attacke war vorüber.

Ich rieb mir kurz die Schläfen und blickte dann auf. Kiera stand neben mir und lachte, was ich nicht sehr nett fand, da ich gerade das Opfer eines Transmitistenangriffs gewesen war. "Was ist los?", fragte ich leicht desorientiert. Vor mir lag eine stöhnende Rosalie, die sich den Kopf hielt. Meine beste Freundin half mir auf die Füße und zog mich fort, immer noch kichernd. Nachdem wir einen sicheren Abstand zum Ort des Geschehens hatten, erklärte sie mir, was passiert war: "Rosalie hat dich attackiert. Ich wollte die Verbindung unterbrechen, aber ich wusste nicht, wie. Aber das war gar nicht nötig, denn in dem Moment, in dem sie dich angegriffen hat, hattest du gerade mit dem Buch ausgeholt. Und als du dann aufgrund der Schmerzen losließt, flog es geradewegs weiter und klatschte Rosalie an den Kopf. Geschieht ihr total recht!"

Midnight Academy - Spiel mit dem SchicksalWo Geschichten leben. Entdecke jetzt