16. Kapitel

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 Summer:

"Na, wo bist du denn hinentschwunden?", rief ich fröhlich, als Kiera ins Zimmer kam. Ich hatte sie beim Abendessen ab und zu beobachtet und James schien sie wirklich zu mögen - und sie ihn natürlich auch. Aber als ich keine Antwort erhielt, sah ich von meinen Notizen auf und wunderte mich über Kieras Gesichtsausdruck. Sie schien verwirrt, bewegt und vielleicht auch traurig zu sein. "Was ist passiert?", wollte ich sofort wissen und sie erzählte mir alles was vorgefallen war. Nach diesem Bericht war natürlich nicht mehr ans Lernen zu denken und ich setzte mich neben sie auf ihr Bett. "Ein Lied das ist ja süß! Und dann hat er dich geküsst? Aber Nathan hat alles gesehen und gehört - das hört sich schon fast an wie eine dieser Highschoolserien!" Sie nickte nur. "Hmm, eigentlich gibt es da nur ein paar Fragen, die du beantworten musst. Erstens: Wen magst du mehr?"

Weil Kiera so gequält schaute, wollte ich die Frage schon überspringen, aber sie warf ein: "Ich mag James wirklich. Aber Nathan war in letzter Zeit auch nett zu mir..." "Naja, nach der Sache heute ist er wohl leicht angepisst..." "Ja, du hast Recht, sollte ich mich mehr an James halten?" Sie sah ziemlich verzweifelt aus und ich war froh, dass ich es nicht so schwer hatte. "Du weißt ja, was ich von Nathan halte", ich zuckte mit den Schultern, "deshalb würde ich, wenn ich du wäre, den Ball einfach hinter mich bringen und dann das mit James weiter ausbauen, wenn du weißt, was ich meine." Ich zog meine Augenbrauen hoch und runter und Kiera musste lachen. "Ach Summer, so hilfst du mir wirklich nicht!" Sofort machte ich ein ernstes Gesicht: "Nein, das war wirklich so gemeint;  du stehst zwischen den beiden, aber Nathan ist extrem temperamentvoll und unausgeglichen... von James hast du bis jetzt nur positives gesehen; du fühlst dich zu beiden hingezogen, weshalb du noch Zeit brauchst, um zu erkennen, wer für dich der Richtige ist. Nun fühlst du dich aber von ihnen gedrängt dich zu entscheiden und hast Angst die falsche Wahl zu treffen." Einen Moment lang herrschte Stille, dann meinte Kiera erstaunt: "Du solltest Psychologin werden!" "Nein, nein, Freunden helfe ich zwar gern aus, aber die Probleme von anderen, das brauch ich nicht unbedingt", winkte ich ab. Wir diskutierten noch lange über die Problematik, und als wir dann schließlich schlafen gingen, hatte ich den Eindruck, dass sich Kiera immer noch nicht sicher war.

Sie tendierte eigentlich mehr zu James, wollte aber Nathan nicht verletzen. Ich konnte sie verstehen. Es gab an dieser Schule einfach verdammt viele gutaussehende und auch meist nette Jungs. Nathan verabscheute ich eigentlich wie zuvor, aber manchmal konnte er auch eine gute Seite zeigen und dann schien er Kiera auch gern zu haben. Das war einfach alles sehr kompliziert. Leider war meine beste Freundin dagegen gewesen, Lend mit ein zu beziehen, ich hätte gerne seine Meinung gehört. Aber ich hätte es ihm wahrscheinlich auch nicht erzählt - so sehr ich ihn auch mochte, er war einfach eine kleine Tratschtante, die nichts für sich behalten konnte. Wahrscheinlich lag die arme Kiera noch ewig lang wach, weil sie einfach noch nicht wusste, was das richtige war. Wobei ich immer noch nicht verstehen konnte, was sie an Nathan toll fand, aber naja er schien mich nicht zu mögen, warum sollte ich ihn also sympathisch finden? Bei diesem ergreifenden Gedanken schlief ich schließlich ein.


Am nächsten Morgen gingen wir frisch, putzmunter und gut gelaunt zum Frühstück - nun ja, Kiera war nicht ganz so gut gelaunt, aber das war ziemlich verständlich. Aber wenn ein köstliches Sonntagsfrühstück in Aussicht stand, war es da überhaupt möglich schlecht drauf zu sein? Mir ging es jedenfalls nicht so. Zumal es wohl durch eine unausgesprochene Abmachung zum ersten Mal in diesem Schuljahr dazu kam, dass wir beim Essen nicht mehr zu dritt waren. Francesco, Sue, Adam, Christopher und Molly beschlossen sich uns an zu schließen und somit besetzten wir zu acht einen kompletten Tisch.

Lend freute sich wohl am meisten darüber und strahlte die ganze Zeit von einem Ohr zum anderen. Es war sehr lustig und wir verstanden uns alle super. Ich merkte allerdings, dass Kiera noch nicht ganz wieder bei der Sache war, sie schaute die meiste Zeit nachdenklich in die Ferne. Komischerweise bekam sonst niemand etwas davon mit oder sie wollten nicht fragen, weil sie sie noch nicht so gut kannten. Ich dachte mir, dass sie wohl einfach Zeit braucht, um nachzudenken und es wäre seltsam gewesen sie vor den anderen darauf anzusprechen. Meine Gedanken glitten ab, als gerade über ein Thema gesprochen wurde, bei dem ich nicht mitreden konnte.

Midnight Academy - Spiel mit dem SchicksalWo Geschichten leben. Entdecke jetzt