9. Kapitel

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Summer:

Langsam schlenderte ich durch die Schulgänge, ich hatte ja nichts zu tun. Eigentlich liebte ich Musik, aber richtige Musik, mit mehr Instrumenten. Gitarrengedudel war nichts für mich. Naja, jedem das seine. Ich überlegte, ob ich Lend suchen sollte, denn ich wollte noch nicht im Zimmer herumhocken. Da kam es mir gerade recht, dass Spring meinen Weg kreuzte. Ich zog sie beiseite. "Hey, Spring. Wer war denn der Junge mit dem du neulich spazieren gegangen bist?" Sie fing an verträumt zu  lächeln. "Das war Travis", seufzte sie und ich ließ sie kopfschüttelnd im Flur stehen. Mehr Sinnvolles würde sie wahrscheinlich heute nicht mehr von sich geben. Da kehrte ich doch lieber zum Zimmer zurück.

An dessen Tür lehnte jemand. "Liam?" "Hallo Summer, da bist du ja endlich!", wurde ich begrüßt, "komm mit!" "Aber Kiera wird mich suchen, wenn sie zurückkommt und ich nicht da bin. Außerdem wohin denn überhaupt?" Er schaute mich ungeduldig an: "Wir werden rechtzeitig zurück sein. Versprochen!" Mit diesen Worten ergriff er meine Hand, um mich hinter sich herzuziehen. Meinen Protest überhörte er einfach. Also stolperte ich hinter ihm her - blieb mir denn etwas andres übrig? Auf jeden Fall mochte ich das Gefühl von meiner Hand in seiner. Ich schaffte es, nicht zu stürzen, bis wir das Gebäude verließen - auch nicht auf der Treppe, worauf ich ziemlich stolz war.

Draußen war es etwas frisch, aber nicht bewölkt. Liam zog mich zielstrebig einen Weg entlang, als auf einmal ein Mädchen wie aus dem Nichts hervorsprang und zwar genau so, dass ich gegen sie knallte. "Hey Liam!", sie kicherte kokett. Während ich mir die Haare wieder zurechtzupfte, musterte ich sie: Orangefarbenes welliges Haar, freche blaue Augen und ziemlich viele Sommersprossen im Gesicht. Sie war etwas kleiner als ich und insgesamt wirkte sie jünger als sie wahrscheinlich war. "Hallo, Valerie", antwortete er und schenkte ihr ein Lächeln. Mit großen Augen strahlte sie zurück, als ihr Blick jedoch auf mich fiel, verdüsterten sich ihr Gesichtsausdruck. "Wer ist das?", erkundigte sich Valerie forsch. Liam wollte mich vorstellen, aber ich war schneller: "Ich bin Summer Wood. Und du anscheinend Valerie?"

 Währenddessen starrte das Mädchen auf unsere Hände, dann nickte sie und warf mir noch einen drohenden Blick zu, als sie sagte: "Ich muss jetzt wieder, es war wie immer schön, dich zu sehen, Liam." Und schon war sie wieder verschwunden. Unheimlich. "Zum Glück ist sie weg, ich dachte schon sie würde mich gleich töten", seufzte ich und erntete dafür einen verwunderten Blick von meinem Begleiter. "Was meinst du? Valerie ist doch nett..." Ich schüttelte nur den Kopf und sagte zu ihm: "Ach egal... Ich glaube Jungs verstehen sowas nicht." Tatsächlich wusste er wirklich nicht was ich meinte, aber ich hatte keine Lust darüber zu reden, also lenkte ich ab: "Wo wollten wir denn eigentlich hin?" "Ach ja, komm mit!", und schon ging es weiter.

Er zeigte mir schließlich, wie man über eine Leiter auf das Dach der Schwimmhalle gelangen konnte. Der Ausblick auf das Schulgelände war wirklich zauberhaft, wir saßen einfach nur da und redeten und ich hätte auch die Zeit vergessen, aber er sagte unvermittelt: "Wir sollten langsam zurückgehen, sonst sind wir nicht vor Kiera da. Schätze ich." Gemeinsam machten wir uns zu den Wohntrakten auf und trennten uns schließlich am Eingang von meinem Gang. "Hat es dir denn gefallen?", fragte er noch und ich antwortete: " Ja, es war wundervoll. Ich freue mich schon auf das nächste Mal", und zwinkerte ihm zu.

Als ich gerade dabei war die Zimmertür zu öffnen, glaubte ich einen Schatten aus dem Augenwinkel gesehen zu haben und drehte mich um. Direkt vor mir stand Valerie, unsere Nasen berührten sich fast. "Du!", fauchte sie, "bleibst in Zukunft von Liam weg, ich kenne ihn schon seit dem Kindergarten und er gehört mir!" "Na aber hör mal! Du kannst doch keine Besitzansprüche auf...", wandte ich empört ein, aber da war sie schon wieder verschwunden. Wie zur Hölle machte sie das nur? "Wer macht was?", erschrocken fuhr ich herum. Kiera stand hinter mir. "Du kannst das auch?" "Was denn?" "Plötzlich auftauchen und verschwinden", erwiderte ich und musste auf einmal lachen. "So wie das komische Mädchen da eben?" Ich nickte, wir mussten noch mehr lachen und gingen endlich in unser Zimmer.

Kiera:

Das restliche Wochenende verbrachten Summer und ich die meiste Zeit in unserem Zimmer, um all die Hausaufgaben, die wir immer wieder aufgeschoben haben, zu machen. Lend bekamen wir nur zu den Mahlzeiten zu Gesicht, aber er schien auch ganz schön beschäftigt zu sein - steckte da etwa ein Junge dahinter? Ehe wir uns versahen, war es auch schon wieder Montag. Heute begannen offiziell die AGs - bei mir die Rockband und bei Summer das Reiten. Wir beide konnten unsere Freude kaum verbergen, denn ich freute mich auf James, von dem ich ihr erzählt habe gleich nachdem wir in unser Zimmer gegangen waren, und ihr Herz schlug für Liam schneller. In der ersten Stunde hatten wir Physik, was zusammen mit unserem fröhlichen Lend aushaltbar war. ,,Na, ihr grinst ja von einem Ohr zum anderen", sagte er, als er sich zu uns setzte. ,,Wir freuen uns schon so auf unsere AGs!", schwärmte Summer. ,,Uhh, ich wette das hat was mit den süßen Jungs da zu tun, hab ich recht?", er zog eine seiner Augenbrauen fragend hoch. ,,Wie konntest du das nur erraten?", witzelte ich und begann ihm von James zu erzählen. ,,Ein Gitarrist? Den musst du mir unbedingt zeigen!", rief er aufgeregt und erntete dafür einen tadelnden Blick unseres Lehrers. ,,Reden wir beim Mittagessen weiter...", flüsterte ich ihm ins Ohr und er nickte mir freudig zu.
Als wir nach fünf qualvollen Stunden, die wir ohne Lend ertragen mussten, im Speisesaal ankamen, ließen wir uns erschöpft auf Stühle, die er uns freigehalten hat, fallen. ,,Puh, mir kommt es so vor, als würden wir heute viel mehr Hausaufgaben aufbekommen als sonst...", sagte ich leidend. ,,Oh ihr Armen, bei mir ist es genauso. Aber ich finde meine Mittel und Wege den Unterricht schneller vorrübergehen zu lassen...", erwiderte er mit einem schämischen Grinsen. ,,Was meinst du?", hakte Summer nach. ,,Okay, ich erzähls euch. Also...da ist dieser Typ, dieser superheißemegagutaussehende Junge namens Francesco...ein Italiener", er seufzte und schaute uns verträumt an. ,,Oh, das sind ja gute Neuigkeiten, oder?", fragte ich ihn. ,,Ja, aber er weiß nicht, was ich für ihn fühle...", sagte Lend traurig. Summer wechselte schnell das Thema, um Lend wieder aufzuheitern und so redeten wir über alles mögliche, was wir heute erlebt haben.
Nach dem Essen trennten sich unsere Wege und wir alle drei machten uns auf den Weg zu unseren AGs. ,,Viel Spaß mit deinem Liam!", rief ich Summer noch zu, ehe ich ins Schulgebäude zu den Musikräumen lief. Als ich die Tür zu dem Musikraum 1 öffnete, fand ich James mit seinen Bandkollegen vor. ,,Hey Kiera! Wie geht's?", begrüßte er mich freundlich. ,,Gut und dir?" ,,Mir auch. Das sind Tyler- Drums, Jackson- E-Gitarre und Ricky- Keyboard", stellte er mir seine Kumpels vor. ,,Nett euch alle kennenzulernen!", rief ich ihnen zu. Tyler musterte mich kritisch und mir kam es so vor, als würde er mich irgendwie nicht mögen. Lass das! Das bildest du dir doch nur ein! ,,Du willst also unsere Sängerin werden", sagte einer der Jungs mit einer auffordernden Stimme. ,,Ja...", gab ich verunsichert zurück. ,,Na dann zeig mal was du drauf hast!", rief mir Tyler zu und James gab mir ein Mikrofon. Als ich anfing zu singen, verstummten die Jungs und ihr Blick - besonders der von James - ruhte auf mir. ,,Wow, sie ist besser als ich dachte", hörte ich Tylers Stimme in meinem Kopf. Der Schlusston saß genauso wie ich ihn haben wollte und die Jungs begannen zu klatschen und jubelten. ,,Ich denke wir sind uns einig", sagte James und schaute sich in der Runde um ,,Ich darf hiermit verkünden, dass Kiera unsere neue Sängerin ist!" Ich konnte nicht anders als lächeln und war froh darüber, dass den Jungs meine Performance gefallen hatte. Zusammen probten wir noch ein paar Lieder, die die Jungs selbst geschrieben haben und hatten insgesamt total viel Spaß. Leider war die Stunde nun um und ich verabschiedete mich von allen. Gerade als ich zur Tür heraus verschwand, hörte ich Schritte hinter mir und jemand rief: ,,Kiera! Warte!" Ich blieb stehen und sah, dass James mir hinterher rannte. ,,Ich hatte gedacht...vielleicht...nur wenn du willst...ähm", er wuschelte sich verlegen durch seine Haare und schaute auf den Boden. Würde er mich fragen, ob ich mit ihm zum Herbstball gehen will? Nein. ,,Wie würdest du es finden, wenn wir zusammen einen Song schreiben?" Einen Song schreiben? Meinte er das ernst? ,,Was sag ich denn da...sie denkt jetzt bestimmt ich bin ein Idiot..." ,,Das wäre super!" antwortete ich enthusiastisch. ,,Wirklich? Zum Glück, ich dachte du würdest das für eine blöde Idee halten", er lächelte und ich erwiderte sein Lächeln. ,,Nein überhaupt nicht!" ,,Okay, dann schätze ich sehn wir uns morgen? Wie wär es um 15 Uhr?" Ich nickte. ,,15 Uhr ist klasse!" ,,Gut! Dann bis morgen!" Mit diesen Worten verschwand er um die nächste Ecke und ich machte mich auf den Weg zurück zu meinem Zimmer. Ich konnte es kaum erwarten Summer von dem Date zu erzählen und war gespannt, wie es wohl bei ihr gelaufen ist. Ob sie mit Liam wohl Spaß gehabt hat? Bestimmt.

Midnight Academy - Spiel mit dem SchicksalWo Geschichten leben. Entdecke jetzt