Tag 15, Visionen

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Der Löffel liegt kalt in meiner Hand. Ich umklammere ihn, verbiege ihn fast. Unruhig schwebt er so über dem kleinen Topf, das rote Pulver darauf droht, in den kleinen Kessel zu fallen. Es ist der letzte Versuch, wenn er schief geht werde ich es kein weiteres mal versuchen. Ich werde dann nur für den Rest meiner Tage Albträume haben und kaum je ein Auge zu machen können. 

Die Glocke der große Turmuhr auf der gegenüberliegenden Straßenseite schlägt, es ist vier und die ersten Sonnenstrahlen fallen durch die dreckigen Fenster. Ich sollte die dringend mal wieder Putzen, schießt es mir durch den Kopf. In der letzten Zeit war ich so von meinen Experimenten abgelenkt, dass ich zu nichts mehr gekommen bin. 

Ich lasse das rote Pulver langsam in den Kupfertopf rieseln und rühre schnell dreimal um. Es zischt kurz un eine kleine weiße Dampfwolke steigt auf. Mit einer Kelle schöpfe ich etwas ab und fülle es in eine Phiole.  Ich hebe sie zum Mund und trinke. Brennend rinnt mir die Flüssigkeit die Kehle hinunter und ich ziehe den Kreis mit der Kreide. Ich hebe den Saum meines Mantel hoch, um die Linie nicht zu verwischen und trete in den Kreis. Den folgenden hellen Lichtblitz sehe ich auch mit geschlossenen Augen.

Der Geruch von Feuer und getrockneten Kräutern ist verschunden, ich kann nicht identifizieren. Es hat funktioniert! Euphorisch öffne ich meine Augen und werde von seltsamen grellen Röhren an der Decke geblendet. Meine Träume waren also wirklich Visionen. Drinian hat mich gerufen, er hat mir die Zutaten gezeigt und ich sah einen kleinen Hund, er war fast noch ein Welpe. Es ist die einzige Spur, die ich seit zehn Jahen von meinem Freund habe, also werde ich diesen Hund suchen.

Die Umgebung ist mir fremd. Ich stehe in einem großen Raum. Überall stehen Tische mit komischen, flachen, Kästen darauf. Sie strahlen unnatürlich hell, also muss Magie im Spiel sein. Vor den Tischen stehen komische Dinger, die entfernt an Stuhle erinnern. Alles ist so seltsam und kommt mir dennoch vertraut vor. Es muss der Ort sein, den Drinian mir in den Träumen gezeigt hat.

Hinter mir höre ich Geräusche und eine Gruppe Menschen kommt durch eine Glastür. Die Tür sieht so ebenmäßig aus, ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, wie man sie gefertigt hat. Die Menschen tragen seltsame Kleidung, keine Mäntel, auch keine Waffenröcke. Ich muss dem ersten aufgefallen sein, denn er bleibt wie angewurzelt stehen und starrt mich an. Einer seiner Freunde läuft in ihn hinein und kann seinen Blick nun ebenfalls nicht mehr von mir lösen.

Einer ruft etwas, es ist mir völlig unverständlich, aber es klingt nicht besonderst freudig. Ich drehe mich um und laufe los, schlängele mich an den Tischen vorbei. Ich höre ein Kläffen und bleibe abrupt stehen. In einer Ecke an der Wand ist ein kleiner Korb. Ohne den Welpen richtig gesehen zu haben, weiß ich, dass es der richtige ist. Fast automatisch nehme ich ihn hoch und haste zu einer dieser großen Glastüren, sie schwingt auf, noch bevor ich sie berührt habe.

Hinter mir werden Rufe laut und diese klingen richtig wütend. Ich Bemerke voll schrecken, dass ich mir überhaupt kleine Gedanken über einen Rückweg gemacht habe. Ich nehme den Hund in die eine Hand und durchsuche im Laufschritt die Manteltaschen nach der Kreide, doch ich muss sie verloren haben. 

Vor mir erstreckt sich weit der Flur und er scheint kein Ende nehmen zu wollen. Fieberhaft suche ich nach einer Lösung, aber mir fällt nichts ein und ich weiß nicht was ich tun werden, wenn der Flur zu ende ist. Ich murmele einige Zaubersprüche, aber sie verhallen, noch bevor ich sie ausgesprochen habe. Meine Magie ist weg, einfach verpufft!

Der Hund in meinen Armen zappelt, er ist unruhig. Ich versuche, ihn festzuhalten, aber ich habe nicht die Kraft dazu. Er springt mir aus dem Arm und noch während er davon läuft, breche ich zusammen. Ich stolpere, und falle unsanft auf den Boden. Das Tier verschwindet in einer Tür und als mich die wütende Menschengruppe erreicht hat, kommt ein hochgewachsener Mann aus dem Raum. Ich sehe ihn verschwommen, kann ihn nicht erkennen. Sein Kopf ist mit leuchtend rotem Haar umrahmt und er trägt dunkle Kleidung. Seine Stimme ist das letzte, was ich höre, bevor ich auf dem Boden aufschlage. Ich bin mir jedoch sicher, dass er nach mir gerufen hat und ich haben ihn verstanden, er sprach in meiner Sprache.


Der Nebel in meinem Kopf lichtet sich und ich weiß, dass alles nur ein Traum war. Ich schlage meine Augen auf und spüre die Schmerzen. Mein Körper fühlt sich an, als hätte mich ein Fels unter sich begraben, nicht dass ich das schon erlebt hätte.

Aber es kann kein Traum gewesen sein, ich fühle die blauen Flecken und Drinian kommt auf das Bett zugelaufen! Er blickt mich aus seinen ruhigen braunen Augen an und lächelt. 

Es kann kein Traum gewesen sein, denn ich habe zum ersten mal seit vielen Jahren keine Visionen im Schlaf gehabt.

Bürobauklotz, Verzweifelung und Hexe/Hexer/Zauberer/Magiebegabter/Schrägstrich

Für die heutige Geschichte haben wir erst die Wörter festgelegt und dann gemeinsam die Handlung gemacht.

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