Tag 17, Eine Reise

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Ich stehe auf den Kai, warte bis niemand hinsieht. Vor mir erhebt sich ein kolossales Containerschiff. Hoch ragt die Bordwand neben mir auf und darüber die vielen hundert Container. Geduckt laufe ich über den schmalen Steg. Er bewegt sich unter meinen Füßen und die Metallplatten stoßen klackernd aneinander.

Die Spraydosen in meinen Rucksack stoßen scheppernd zusammen und ich kann gerade noch hinter eine Ecke springen bevor ich gesehen werde. Das Schiff ist riesig, auch wenn es das kleinste ist, welches ich gefunden habe. Auf der Suche nach einem geeigneten Ort für meine Kunst. Während der gesamten Zeit sehe ich niemanden,ich bin völlig allein. Am Bug finde ich die gewünschte Stelle, Container in verblassendem gelb und rot.

Ich hole meine Cans aus dem abgewetzten Rucksack und auf dem alten Stahl mit der abgeblätterten Farbe entsteht das Bild einer Frau. Sie sieht in die Ferne, zur untergehenden Sonne. 

Ein lautes Dröhnen reißt mich aus meiner Trance, der Motor wurde gestartet. Ich spüre, wie sich der Koloss in Bewegung setzt. Nun gibt es keinen Weg mehr zurück. Ich hatte nicht vorgehabt, wegzufahren, ich wollte nur etwas sprayen. Jetzt bin ich auf dem Weg in die Ferne und habe keine Ahnung wohin die Reise geht.

Ich versuche über die Bordwand zu spähen und sehe den Hafen von Lissabon, er entfernt sich immer weiter. Noch sehe ich viele andere Schiffe aber mit der Zeit werden es immer weniger und am nächsten morgen erstreckt sich das Meer so weit ich sehen kann leer und spiegelglatt vor dem Frachter.

Zur Sicherheit habe ich einiges Essen und auch Wasser mit aber das reicht nicht lange. Jedes der zwei Mal, die ich stimmen gehört habe habe ich mich versteckt. Ich vermute, dass das Schiff nach Amerika fahrt, denn in den bisher vergangenen drei Tagen haben wir uns stetig nach Westen bewegt. Vielleicht ist aber auch der Kompass kaputt, schließlich habe ich ihn schon seit meiner Schulzeit und er hat definitiv bessere Zeiten gesehen. Die kleine Metalldose ist verbeult und das Glas, oder eher Plastik ist so zerkratzt und mit Farbe beschmiert, dass man kaum noch etwas sehen kann.

Mir fehlen die Geräusche der Großstadt, der Lärm, die vielen Läute nur die Schreie der Möwen und das der Wellen sind geblieben. In der endlosen Weite des Meeres fühle ich mich einsam. Auch wenn ich nicht besonderst kommunikativ bin vermisse ich es, mit dem Mann von Kiosk zu reden, das eine oder andere Wort zu einem Touristen währe mir lieber als diese Stille.

Mein Essen ist schon nach wenige Tagen alle und ich warte bis das nächste Crewmitglied vorbeikommt. Es ist ein junger Inder. Ich frage, ob er mir einige Reste geben kann und drücke ihm einige Dollar in die Hand, welche mir in Portugal gegeben wurden als ich Streetart gemacht habe. Er nickt und verschwindet. Er versichert mir, sich zu beeilen.

Nach einigen Stunden, es ist früher Nachmittag, kommt er wieder. Er gibt mir eine Plastiktüte mit trockenen Brotscheiben, geschnittenem Gemüse und Wasserflaschen. Er erklärt, dass es sonst im Müll gelandet wäre und versichert nach einigen Tagen noch einmal zu kommen.

Nach fast zwei Wochen kommt wieder Festland in Sicht. Der nette Inder, sein Name ist Tarun, hat mir schon zum dritten Mal Essen gebracht, so dass ich auch noch etwas übrig habe, wenn wir in Mexiko ankommen. Wenn ich spare reicht es noch für ein oder zwei Tage, so dass ich mich erst einmal zurechtfinden kann.

Es dauert noch etwa eine Stunde bis wir anlegen und Tarun hat mich mit den nötigen Zetteln ausgestattet. Er wird mir ein Zeichen geben, wenn ich ungesehen von Bord kann. Danach soll ich einfach den Schildern zur Hafenbehörde folgen. Sie werden mir ein Visum ausstellen und mich dank den Papieren für einen Helfer des Schiffes halten und keine Fragen stellen.

Von der Behörde aus wandere ich zum Strand, genieße dass der Boden nicht mehr schwankt. Der Strand ist einige Kilometer vom Frachthafen entfernt. Die Luft hier riecht anders, nicht so salzig wie auf dem Atlantik und auch anders als in den vielen Städten in denen ich schon war. 

Graffitisprayer, Containerschiff und Einsamkeit

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