20: Der Große Tag

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Als Sam am nächsten Morgen vor dem Schulgebäude steht, hält sie Coles Hand in der linken und Olivias Hand in der rechten Hand. Allesamt starren auf das Schulgebäude und denken an dieselbe Sache: Mission Klopapier.

Heute war ihr großer Tag. Der Tag an dem sie in Graysons Haus einbrechen und ihm sein geliebtes Sammlerstück stehlen würde. Wieso genau sie sich so viel Mühe dabei gaben, stand als offene Frage im Raum, doch es lenkte Olivia von ihrem Liebeskummer ab und damit war es ihnen wert. Keiner von den Dreien sagte etwas, sie standen einfach nur nebeneinander, verbunden durch ihre Hände. Sie brauchten keine Worte, um sich gegenseitig zu unterstützen. Sie standen einfach da und gaben sich gegenseitig Halt.

Die Drei waren sogar so konzentriert auf sich selbst, dass sie zusammen zuckten, als die Schulglocke läutete. Sam drückte beide Hände noch ein letztes Mal, dann ließ sie sie los und sie machten sich auf den Weg zum Unterricht. In Sams Fall bestand er aus dem Sportkurs, den beide ihrer Freunde in den letzten Jahren abgewählt hatten. Zehn Minuten später lief sie also alleine durch die große Halle, um sich für den Unterricht warm zu machen.

Ihre aktuelle Unterrichtseinheit war Handball- wenn man ihren Lehrer fragte die tollste Sportart der Welt- in Sams Augen, grenzte der Sport an Quälerei. Sie verstand die Regeln nicht, schaffte es nicht die Spieler, oder zumindest einen von ihnen, zu decken und vergaß andauernd wie viele Schritte sie machen durfte.

Sie genoss also jeden einzigen Schritt beim Warmlaufen und konzentrierte sich nur auf den Rhythmus ihrer Schritte. Andernfalls wäre sie vermutlich wahnsinnig geworden, weil so viele Gedanken durch ihren Kopf kreisten. Sie war gestresst, wegen dem Einbruch und nervös, dass etwas schief gehen würde. Sie hatte Angst davor, erwischt zu werden und im Knast zu laden. So wäre sie kein sonderlich gutes Vorbild für ihre Brüder- nicht das sie sonst eins wäre. Und dann war da noch der Koreaner, der ihr einfach nicht aus dem Kopf gehen wollte. Sam war sich nicht sicher, ob sie ihn jetzt mochte oder nicht. Sie wusste nicht was sie von ihm halten oder wie sie sich ihm gegenüber verhalten sollte.

„Du läufst, als würdest du vor irgendetwas weglaufen", vernahm Sam während des Laufens plötzlich eine Stimme neben sich. Sie rang erschrocken nach Luft, als sie feststellte, dass es Letitia war. Um ehrlich zu sein, konnte Sam sich nicht an ein einziges Mal erinnern, an dem das Mädchen von sich selbst auf sie zugekommen wäre.

„Vielleicht tue ich das ja auch", erwiderte Sam wage und versuchte abzuschätzen, was die sonst so fiese Rothaarige von ihr wollte.

„Lauf einfach ein Stück mit mir, dann sehe ich nicht so aus, als wäre ich ein Loser, der alleine laufen muss", erwiderte Letitia und die altbekannte Eitelkeit in ihrer Stimme war wieder da. Das Mädchen schnaufte angestrengt, weil sie mit Sams lockerem Tempo nicht mithalten konnte.

„Da kannst du lange drauf warten", setzte Sam an und holte aus um noch etwas schneller weiter zu laufen.

„Nein, warte", hielt Letitia sie jedoch zurück. Der Schweiß glänzte an ihrer Stirn und Sam konnte sie dazu abringen ein paar Schritte langsamer zu laufen, damit die Rothaarige wieder zu Wort kommen konnte. „Ich wollte bloß fragen, ob du vielleicht dafür sorgen könntest, dass Olivia morgen nicht zum Ball kommt."

Auf diese Anforderung hin hob Sam skeptisch eine Augenbraue. So eine Art der Ehrlichkeit war man nicht von Letitia gewohnt. Normalerweise holte sie sich einfach das, was sie wollte. Ohne sonderlich viel über die Konsequenzen nachzudenken.

„Okay, hör zu", fuhr die Rothaarige fort, als Sam ihr nicht antwortete. Allerdings ließ sie zwischen jedem Wort eine Pause, um Luft in ihre Lungen zu pumpen. „Ich mag Grayson, wirklich. Und ich würde gerne heute Abend zusammen mit ihm Tanzen, ohne dass er Olivia sabbern hinterher gafft. Verstehst du? Sag mir einfach nur, was ich dafür machen soll. Ich mache alles."

Kleiner TeufelWo Geschichten leben. Entdecke jetzt