11: Brieftaschendieb

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Seit dem Abend in dem Casino war nun eine Woche vergangen- was bedeutete: nur noch eine Woche bis Mission Klopapier beginnen würde- und der Asiate hatte sich an das Versprechen gehalten. Sam hatte ihn kaum gesehen- mal abgesehen von den Unterrichtsstunden in der Schule, in denen er immer noch einen Tisch weiter von ihr saß, oder in den Mittagspausen, wo sie ihn meistens von ihrem und Olivias Stammtisch aus beobachten konnte.

Nicht, dass sie es je getan hätte.

Mission Klopapier verlief soweit ganz gut. True und Olivia bastelten gelegentlich an irgendwelchem Technikkram herum und Letztere sammelte nach wie vor zusätzlich Informationen über das Haus. Sam hingegen tat nicht sonderlich viel, außer zu trainieren und hin und wieder ein paar Rätsel aus dem Internet zu lesen, unter dem Vorwand, dass es ihnen vielleicht helfen würde. Doch hin und wieder studierte sie auch mit Cole zusammen die Daten, die Olivia zusammengesucht hatten, einfach um vorbereitet zu sein. Außerdem hatte Cole darauf bestanden, schwarze und superheiße Outfits für die Stunde zu gestalten, die sie in dem Haus höchstens verbringen würden- auch wenn es das einzige Mal sein wird, dass sie die Outfits tragen.

„Falls das ganze schief geht und wir im Knast landen, möchte ich wenigstens heiß aussehen", hatte Cole immer wieder gesagt und tat es auch nun wieder, wo die Drei mit zwei Freundinnen von Olivia und einem weiteren Freund von Cole an ihrem Stammplatz in der Cafeteria saßen.

Der Freund- dessen Name mit S oder L anfing- war ganz in seine Videospiele vertieft und die beiden Mädchen darin, sich mit noch mehr Makeup zu bepinseln, als sie ohnehin schon im Gesicht kleben hatten- diese Art von Mädchen erkannte man niemals ungeschminkt auf der Straße wieder. Und Sam nahm sich vor, das nächste Mal an die beiden zu denken, wenn sie jemand irgendwo ansprach, den sie nicht wieder erkannte.

Jedenfalls war der springende Punkt, dass die drei Nichtwissenden so vertieft in ihre eigenen Probleme waren, dass sie gar nicht merkten, dass die übrigen Drei ein wahrhaftiges Verbrechen planten.

Ohne es tatsächlich wahrzunehmen schwankte Sams Blick zu Kyung Seok hinüber, welcher auf der anderen Seite der Cafeteria saß, so dass sie ihn sehen, aber nicht hören konnte. Er saß zwischen Letitia Hendrickson und Grayson Shoemaker. Die so ziemlich schlimmste Kombination an Freunden, die man sich aussuchen konnte. Letitia war einfach eine hochnäsige Zicke und Grayson ein Arschloch. Dennoch schien der Asiate sich gut mit den beiden- und den anderen am Tisch, dessen Namen Sam nicht kannte- zu verstehen. Denn gerade lachte er über etwas, dass der Typ neben Letitia gesagt hatte und hielt sich die Hand vor den Mund, um das Wasser nicht auszuspucken, welches er soeben getrunken hatte.

Olivia schaubte und Sam merkte, dass sie gerade Zeuge derselben Situation geworden waren. Nur dass Olivias Blick stur auf Grayson gerichtet war, welcher gerade ebenso lachend wie Kyung Seok, bei dem Kerl- welcher der Grund für ihr Lachen war- und bei Letitia einschlug. Zumindest glaubte Sam, dass es das war, was Olivia wütend machte, da dies bei einer so weiten Entfernung schwer zu erkennen war.

„So ein Mistkerl. Kaum sind wir nicht mehr zusammen, benimmt er sich, als wäre er sein Leben lang auf einem Jungeninternat gewesen und hätte nun einiges aufzuholen", sagte Olivia dann und lehnte sich aufgebracht in ihrem Stuhl zurück. Darauf drehte sich Cole auf seinem Stuhl um, um ebenfalls einen Blick auf den Tisch des Verbrechens zu richten.

„Der Kerl ist ein Arschloch. Aber denk daran, dass du deine Rache noch kriegen wirst. Wir könnten ja auch eine abgetippte Nachricht an ihn hinterlassen, wenn wir in weniger als einer Woche sowieso da sind. Ich meine, eine wo er sich denken kann, dass sie von dir ist, aber ohne jegliche Beweise", schlug Cole vor und drehte sich wieder zu Olivia und Sam.

Die beiden anderen Mädchen verabschiedeten sich und liefen mit erhobenen Handtaschen aus der Cafeteria heraus- natürlich nicht, ohne noch einmal vor dem Plakat des Winterballs stehen zu bleiben und darüber zu tratschen, was sie davon erwarteten. In Sams Augen absolut kindisch.

Kleiner TeufelWhere stories live. Discover now